# taz.de -- Studie zur Keystone-Pipeline: Das Öl kommt, so oder so
       
       > In den USA ist eine Studie über die Umweltauswirkungen der umstrittenen
       > Öl-Pipeline „Keystone XL“ vorgelegt worden. Sie liefert Kritikern wie
       > Befürwortern Argumente.
       
 (IMG) Bild: Ob das Schild hilft? Auch durch dieses Feld in Nebraska soll die Pipeline führen.
       
       WASHINGTON taz | Die Umweltverträglichkeitsstudie des US-Außenministeriums
       über potenzielle Auswirkungen der Öl-Pipeline „Keystone XL“ ist
       uneindeutig. Einerseits bestätigt die am Freitag [1][vorgelegte Studie],
       wovor Klimaforscher seit langem warnen: Bei der Ölgewinnung aus den
       Teersanden im kanadischen Alberta werden 17 Prozent mehr Treibhausgase
       freigesetzt als bei der konventionellen Ölförderung.
       
       Andererseits nennt die Studie die Klimabelastung durch die Pipeline
       vernachlässigbar. Begründung: Das Öl in Alberta werde auf jeden Fall aus
       dem Boden geholt werden. Ob mit oder ohne „Keystone XL“. Falls die Pipeline
       in die USA nicht gebaut werde, komme das Öl eben auf anderen
       –möglicherweise umweltschädlicheren – Wegen auf die Weltmärkte.
       
       Die Studie ist der fünfte Bericht der US-Regierung seit „TransCanada“ im
       Jahr 2008 die Pipeline-Pläne begonnen hat, wird eine neue Welle von
       Lobbying auslösen. Denn sie ist ein Meilenstein auf dem Weg zu Genehmigung
       oder Ablehnung des grenzüberschreitenden nördlichen Abschnitts der
       Pipeline. Beide Seiten werden sich durch die Studie bestätigt sehen.
       
       Im nächsten Schritt müssen sich mehrere Regierungsbehörden zu der Pipeline
       äußern. Anschließend wird Außenminister John Kerry entscheiden, ob der Bau
       der Pipeline im „nationalen Interesse“ der USA liegt. Dann kann der
       US-Präsident sein Machtwort sprechen.
       
       Barack Obama hat im vergangenen Jahr versprochen, – und vergangene Woche
       bei seiner Rede zur Lage der Nation wiederholt – dass Klimapolitik für ihn
       Priorität hat. Und er hat erklärt, er werde die Pipeline nur genehmigen,
       wenn sie die Klimaveränderung „nicht bedeutend verschlimmern“ werde. Doch
       setzt er sich in seiner Energiepolitik auch für den Ausbau des
       Mineralölsektors ein – Fracking, extreme Ölförderung und Pipelines
       inklusive. Derzeit zeigt er mehr Neigung, den Ausbau von Kohlekraftwerken
       zu stoppen, als die Pipeline zu verhindern.
       
       ## Verlässliche oder instablie Quellen
       
       „Herr Präsident, keine Verzögerungen und keine Entschuldigungen mehr“,
       reagierte Mitch McConnell, der Chef der Republikaner im US-Senat, auf die
       Umweltverträglichkeitsstudie: „Unterschreiben Sie die Genehmigung jetzt.“
       In Kanada, wo die Regierung seit Monaten in Washington Druck für den
       Ölkonzern „TransCanada“ macht, erklärte der Minister für Bodenschätze, Joe
       Oliver: „Die USA haben jetzt eine klare Wahl zwischen einer verlässlichen
       Öl-Versorgung von einem umweltverantwortlichen Freund und Nachbarn oder aus
       instabilen Quellen mit ähnlichen oder höheren Treibhausgas-Effekten und
       niedrigeren Umweltstandards.“
       
       Die Argumentation, nach der die Verarbeitung von Öl aus den Teersanden in
       Kanada in US-Raffinerieen „besser“ sei als etwa Öl aus Venezuela, ist in
       der Kampagne der Pipeline-Befürworter zum zentralen Argument geworden. Und
       ihr zweites starkes Argument: Arbeitsplätzen. In der Bauphase fänden
       tatsächlich mehrere Tausend Menschen befristete Jobs entlang der Pipeline.
       Doch langfristig würde die Pipeline in den USA nur 35 bis 50 Arbeitsplätze
       schaffen, so Schätzungen.
       
       Pipeline-Gegner haben schon vor Veröffentlichung der Studie
       Interessenkonflikte kritisiert. Mehrere Autoren der Studie haben vor ihrer
       Tätigkeit im Außenministerium in den Diensten von „TransCanada“ und anderen
       Ölkonzernen gestanden. In der US-Behörde läuft eine interne Untersuchung.
       
       Tom Steyer, einer der Geldgeber der Anti-Pipeline-Bewegung, kritisiert
       auch, dass der Inhalt der Studie in Kanada bekannt war, bevor die
       US-Regierung ihn vorgestellt hatte. „Dass ein ausländisches Öl-Unternehmen
       und eine ausländische Regierung vor allen anderen informiert werden zeigt,
       wie nutzlos diese Studie ist“, sagt er.
       
       ## Drei Monate oder ein Jahr bis zur Entscheidung
       
       Die großen Umweltgruppen in den USA wollen die Studie dennoch nutzen, um
       Druck auf Obama zu machen. Trotz „bedeutender Probleme“ zeige die Studie,
       dass die Kohlendioxid-Verschmutzung die durch die Keystone XL entstehe,
       ebenso groß sei, wie die von 5,7 Millionen zusätzlichen Autos auf den
       Straßen der USA, erklärt der Direktor des „Sierra Clubs“, Michael Brune. Er
       fordert seine Mitglieder dazu auf, Briefe zu schreiben und zu
       demonstrieren.
       
       Bis zu einer Entscheidung in Washington können drei Monate oder ein ganzes
       Jahr vergehen. Dabei wird der Druck zu einer Genehmigung nicht nur von
       Kanada, von Öl-Konzernen und von der republikanischen Partei kommen,
       sondern auch von Obamas eigener Partei. Demokratischen Politiker aus
       Ölstaaten wie Louisiana und Alaska stehen bei den Kongresswahlen im
       November vor einem unsicherem Ausgang.
       
       In Kanadas Teersanden sind Ölkonzerne aus aller Welt involviert, besonders
       große neue Investitionen kommen aus China. Doch vorerst gehen 97 Prozent
       von Kanadas Energieexporten in die USA. Wie viel Öl aus den Teersanden
       Kanada letztlich abbauen wird, hängt von den Rohölpreisen am Weltmarkt ab.
       Erst ab 100 Dollar pro Barrel lohnt sich die extrem teure Ölgewinnung in
       den Teersanden.
       
       In den USA, wo die Pipeline-Kritik zu der größten Umweltbewegung der
       letzten Jahre geworden ist, sagt Bill McKibbe, Gründer von [2][350.org]:
       „Wir werden herausfinden, ob Kerry und Obama bereit sind, gegen die
       Öl-Industrie aufzustehen, oder nicht.“
       
       1 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://keystonepipeline-xl.state.gov/finalseis/index.htm
 (DIR) [2] http://350.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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