# taz.de -- Biathlon-Olympiasieger Martin Fourcade: Der wahre Sportsmann
       
       > Martin Fourcade ist einer der besten Biathleten der Welt. Er gilt als
       > arrogant, ehrgeizig und respektlos. Dabei ist der Franzose nur ein
       > emotionaler Champion.
       
 (IMG) Bild: Sicher am Schießstand: Biathlon-Olympiasieger Martin Fourcade.
       
       Es war ein Moment, in dem sich die ganze Widersprüchlichkeit des Martin
       Fourcade manifestierte. Bei einem Anstieg im 12,5-km-Verfolgungsrennen beim
       Weltcup im französischen Annecy stieg ihm der Schwede Fredrik Lindström
       versehentlich auf die Skier. Der Führende im Biathlon-Weltcup reagierte
       wutentbrannt, schlug nach hinten aus und haute Lindström dabei den Stock
       aus der Hand.
       
       So ist er, Fourcade, das Scheusal, der krankhaft Ehrgeizige und
       Respektlose, werden sich all jene gedacht haben, die den besten Biathleten
       dieser Tage schon zuvor mit Argwohn beäugten. Doch auch all die Bewunderer
       bekamen ihre Bestätigung unmittelbar. Denn nur einen Meter später blieb
       Fourcade stehen, entschuldigte sich bei dem Schweden und gab ihm seinen
       Stock.
       
       Martin Fourcade lief zunächst mit nur einem Stock weiter und belegte am
       Ende Rang 17, seine schlechteste Weltcup-Platzierung der Saison. So ist er
       also, Fourcade, der Champion, der wahre Sportsmann, der positiv Emotionale.
       Auch in Sotschi hat Fourcade die Zuschauer polarisiert.
       
       Nachdem im Auftaktrennen, dem Sprint über 10 km, das vorher beschworene
       Duell der Giganten zwischen ihm und dem Norweger Emil Hegle Svendsen
       ausfiel – die beiden belegten die Plätze sechs und neun –, lief Fourcade
       ein nahezu perfektes Verfolgerrennen. Mit bis dato nur einem Fehlschuss
       erreichte er als Führender das letzte Schießen und blieb auch dort
       fehlerfrei.
       
       Neben ihm verfehlte sein hartnäckigster Verfolger, der Österreicher Dominik
       Landertinger, sein Ziel. Fourcade hatte Gold gewonnen. Dessen war er sich
       sicher, noch vor der letzten Schleife durch den Wald von Krasnaja Poljana,
       drehte er sich um zum Publikum und ballte siegessicher die Faust.
       
       ## Leistungssportler sind keine Maschinen
       
       Wer sich Athleten wünscht ohne Reibungsfläche, mausgraue Sportler, die sich
       durch den weißen Schnee bewegen, ohne ihre Spuren zu hinterlassen, und die
       Contenance bewahren, gleich ob sie Olympiasieger werden oder das Fiasko
       ihrer Karriere erleben, wird die Szene möglicherweise als Provokation und
       Ausdruck von Arroganz gedeutet haben.
       
       Doch wer den Leistungssportlern zugesteht, dass sie keine Maschinen sind,
       sondern Menschen, die für ihren Sport leben, wird nachvollzogen haben, was
       in Fourcade in diesem Moment vor sich ging. Als großer Favorit nach Sotschi
       gereist, mit dem unbedingten Ehrgeiz, den Erwartungen standzuhalten, hatte
       er sich behauptet und den größten Erfolg seiner Karriere errungen.
       
       Weil Fourcade drei Tage später dem Druck erneut standhielt und auch das
       Einzelrennen über 20 km für sich entschied, sind es schon jetzt seine
       Spiele, noch vor den Teamwettbewerben und der letzten Einzelentscheidung,
       dem 15-km-Massenstart (Dienstag, 11.30 Uhr, ZDF).
       
       Es ist dieser Tage geradezu selbstverständlich, dass Fourcade, der
       Gesamtweltcupsieger der vergangen zwei Jahre und zwölffache
       Medaillengewinner bei Weltmeisterschaften, erneut zu den Topfavoriten
       gehört. Denn der Massenstart ist wie gemacht für den erst 25-jährigen
       Athleten Fourcade, der nicht nur für seinen Ehrgeiz bekannt ist, sondern
       von sich selbst behauptet, er sei „ein großer Wettkämpfer“.
       
       ## Läuferische Überlegenheit
       
       Im direkten Duell gegen seine Konkurrenten spielt Fourcade seine Stärken
       aus, seine läuferische Überlegenheit und seine Fähigkeit, die Nerven am
       Schießstand zu behalten, auch wenn neben ihm die versammelte Weltelite
       ebenfalls die schwarzen Scheiben anpeilt.
       
       Vielleicht kommt es dann auch zum ersehnten Duell mit Emil Hegle Svendsen,
       dem Einzigen, der dem Franzosen in den vergangenen beiden Jahren auf
       Augenhöhe begegnen konnte. Und zwar nicht nur in sportlicher Hinsicht. Auch
       Svendsen gilt vielen als arrogant und geradezu verbissen. Seinen Zweikampf
       mit Fourcade bezeichnet er gern schon mal als „Krieg“. Fourcade wird sich
       nicht davor fürchten.
       
       18 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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