# taz.de -- Durchsuchungen in mehreren Ländern: Hitlers uralte Vollstrecker
       
       > Eine neue Bewertung der Beihilfe zum Mord hat zu neuen Ermittlungen gegen
       > frühere SS-Angehörige in Auschwitz geführt. Jetzt gab es Durchsuchungen
       > und Festnahmen.
       
 (IMG) Bild: Das Vernichtungslager in Auschwitz-Birkenau.
       
       DÜSSELDORF dpa | Im Zuge von Ermittlungen gegen ehemalige SS-Angehörige des
       Konzentrationslagers Auschwitz hat das nordrhein-westfälische
       Landeskriminalamt die Wohnung eines 92-Jährigen in Ostwestfalen durchsucht.
       In Baden-Württemberg wurden drei Verdächtige verhaftet.
       
       Belastendes Material sei im Fall des 92-Jährigen aus dem Kreis Lippe nicht
       gefunden worden, teilten LKA und Staatsanwaltschaft Dortmund am Donnerstag
       mit. Der Beschuldigte habe aber eingeräumt, in Auschwitz eingesetzt gewesen
       zu sein. Die konkrete Beteiligung an Tötungshandlungen habe er bestritten.
       Der Mann steht im Verdacht, der Wachmannschaft in Auschwitz angehört zu
       haben. In NRW wird auch noch gegen zwei weitere Männer aus Ostwestfalen und
       vom Niederrhein ermittelt.
       
       Zeitgleich zu der Durchsuchung im Kreis Lippe fanden Aktionen in Hessen und
       Baden-Württemberg statt. In Baden-Württemberg verhaftete das LKA drei
       mutmaßliche ehemalige SS-Wachmänner. Die Männer sind heute zwischen 88 und
       94 Jahren alt. In Hessen galten die Aktionen zwei Verdächtigen.
       
       Bisher blieben viele mutmaßliche Täter straffrei, weil der
       Bundesgerichtshof 1969 im Fall Auschwitz festgelegt hatte, dass für eine
       Verurteilung der Wächter wegen Beihilfe zum Mord die individuelle Schuld
       nachgewiesen werden muss. Dies war vielfach nicht möglich.
       
       ## Voruntersuchungen in 30 Fällen
       
       In Vorermittlungen für den Prozess gegen den Aufseher im Vernichtungslager
       Sobibor, John Demjanjuk, hat aber die NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg die
       Beihilfe zum Mord im KZ neu definiert. Dem widersprach das Landgericht
       München nicht. Nach Auffassung der Zentralstelle ist somit jeder belangbar,
       der in einem KZ dazu beigetragen hat, dass die Tötungsmaschinerie
       funktionierte – egal ob direkt als Aufseher bei den Gaskammern oder
       indirekt etwa als Koch. 2011 hatte das Landgericht München Demjanjuk wegen
       Beihilfe zum Mord an mehr als 28.000 Menschen schuldig gesprochen.
       
       Die NS-Fahndungsstelle hatte im vergangenen Jahr nach Voruntersuchungen 30
       Fälle an Staatsanwaltschaften in Deutschland weitergeleitet, fünf davon
       nach NRW. Sieben weitere Ermittlungen betrafen Verdächtige im Ausland,
       unter anderem in Isreal.
       
       Der Leiter der Dortmunder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für NS-Verbrechen,
       Andreas Brendel, betonte, dass nicht in jedem Fall die Verdächtigen an der
       Tötungsmaschinerie beteiligt gewesen sein mussten. In einigen Fällen seien
       beispielsweise verletzte Frontsoldaten nur kurz zur Einkleidung in
       Auschwitz gewesen. Die Zahl 30 sei bereits deutlich kleiner geworden.
       
       Für eine Anklage müsse einerseits eine Tatbeteiligung nachgewiesen werden.
       Außerdem müssten die Männer auch noch verhandlungsfähig sein. Von den fünf
       NRW-Fällen sind drei noch aktuell. Zwei Verdächtige, darunter eine Frau,
       sind inzwischen gestorben. Der Mann starb nach dem Wegzug nach
       Niedersachsen.
       
       In Auschwitz sind während des Zweiten Weltkrieges mindestens 1,1 Millionen
       Menschen, meist jüdische Häftlinge, ermordet worden.
       
       20 Feb 2014
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Auschwitz
 (DIR) Brasilien
 (DIR) Universität
 (DIR) Holocaust-Gedenktag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Strafverfolgung von Altnazis: Fahnder suchen in Brasilien
       
       Mitarbeier der Zentralen Stelle recherchieren jetzt in Brasilien. Weitere
       Ermittlungen gegen Wachmänner in NS-Vernichtungslagern dauern an.
       
 (DIR) Mengeles Wirken an der Uni Frankfurt: Beinahe vergessen
       
       Ein dunkles Kapitel der Uni-Geschichte wird wieder aufgeschlagen. KZ-Arzt
       Mengele führte hier die Vorarbeiten für seine Versuche in Auschwitz durch.
       
 (DIR) Kommentar Holocaust-Gedenktag: Niemals vergessen
       
       Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist kein sehr altes
       Ritual. Erinnern heißt auch, alle Verbrechen der Nazis genau zu betrachten.