# taz.de -- Nationalisten in der Ukraine: Der „Rechte Sektor“ will Macht
       
       > An den Kämpfen auf dem Maidan war der „Rechte Sektor“ maßgeblich
       > beteiligt. Jetzt greifen seine Anführer nach der Macht. Aber die Menschen
       > sind misstrauisch.
       
 (IMG) Bild: Dmitrij Jarosch, Chef des Rechten Sektors, auf dem Maidan.
       
       KIEW taz | Aufgeregt diskutieren Besucher des Maidan über die jüngsten
       Ereignisse. Plötzlich zwängen sich zwei Männer mit Armeestahlhelm und den
       Insignien der „Selbstverteidigung des Maidan“ zwischen die Diskutierenden
       und ziehen einen Gesprächsteilnehmer aus der Gruppe. Der als „Provokateur“
       Enttarnte wird von den wie Guerillas gekleideten Männern in den Stab
       mitgenommen. Sein Versuch, über das Handy eine SMS abzusetzen, wird von den
       Maidan-Polizisten unsanft unterbunden.
       
       Die Umstehenden billigen die Aktion. Man dürfe jetzt keine Schwäche
       gegenüber den Vertretern des alten Regimes zeigen, meint ein Mann mit
       Stahlhelm vom „Rechten Sektor“. „Ihr könnt ihn doch nicht einfach
       festnehmen, nur weil er seine Meinung gesagt hat“, ruft ein anderer Mann
       den Maidan-Polizisten zu. Doch diese lassen sich nicht beirren. „Keine
       Sorge, wir werden ihn verhören, und wenn sich zeigen sollte, dass er nichts
       auf dem Kerbholz hat, kann er sofort wieder gehen“, antworten sie ihm.
       
       Sie wissen, dass die Menschen auf dem Maidan hinter dieser Aktion stehen.
       „Wir dürfen jetzt nicht in unserer Wachsamkeit nachlassen. Unser Handeln
       muss entschlossen sein, und damit es keine Missverständnisse gibt, müssen
       wir auch durchgreifen. Das Einzige, was die verstehen, ist Gewalt“, erklärt
       der junge Mann vom „Rechten Sektor“. Als sich ein weiterer Mann vom
       „Rechten Sektor“ der Gruppe nähert, bricht der Gesprächspartner die
       Unterhaltung abrupt ab. Er dürfe ja eigentlich keine politischen
       Erklärungen abgeben, sagt er achselzuckend.
       
       Geliebt werden die Kämpfer des „Rechten Sektors“ von den Maidan-Bewohnern
       allerdings nicht. „Das sind doch Nationalisten. Wir dürfen nicht zulassen,
       dass die an die Macht kommen“, erklärt ein Aktivist aus Saporosche
       gegenüber der taz, der von den ersten Stunden an auf dem Maidan ist. Seine
       schwarzen Hände lassen ihn glaubwürdig erscheinen.
       
       Er spricht aus, was wohl die meisten Aktivisten denken und fühlen. „Wir
       werden gar nicht gefragt. Die da oben, Julia Timoschenko und die Leute vom
       „Rechten Sektor“, meinen, sie können die Macht untereinander aufteilen.
       Doch sie haben die Rechnung ohne uns gemacht. Wir bleiben hier. Wenn auch
       unsere Führer sich jetzt schöne Schlösser bauen und Ministerposten ohne uns
       aushandeln, werden wir auch gegen sie kämpfen.“
       
       ## „Revolutionärer ukrainischer Nationalismus“
       
       Dmitrij Jarosch, Chef des „Rechten Sektors“, weiß, dass bald der Augenblick
       gekommen ist, sich und seiner Bewegung eine Machtbeteiligung zu sichern.
       „Die nationale Idee ist derzeit so wichtig für die Ukraine, weil gerade sie
       die Menschen angesichts der immensen Probleme zusammenhalten kann“,
       erklärte Jarosch gegenüber der taz die Botschaft seiner Bewegung. Seine
       Bewegung habe jedoch ein „gemäßigtes Programm“. Der „revolutionäre
       ukrainische Nationalismus“ sei keine Ideologie des Hasses gegen das
       russische Volk. „Unser Feind ist der russische Imperialismus. Wir sind
       keine Faschisten, keine Nazis und auch keine Russenhasser.“
       
       Jarosch will ein ganz großes Stück vom Kuchen. „Wer auch immer an die
       Regierung kommt, darf nicht vergessen, wessen kräftigen Händen er seine
       Macht über das Volk zu verdanken hat. Der „Rechte Sektor“ wird jede
       Entwicklung im Land unter Kontrolle haben. Und wenn die neuen Politiker
       meinen, sie könnten es ihren Vorgängern gleichtun, sie könnten stehlen,
       bestechlich sein und die Bürokratie ausufern lassen, wird auch sie
       Janukowitschs Schicksal ereilen.“
       
       Jaroschs Griff nach der Macht wird von den neuen Machthabern sehr ernst
       genommen. Die führenden Personen des „Rechten Sektors“, so der neue
       Innenminister der Ukraine, Arsen Awakow, könnten mit einflussreichen Posten
       in den Machtministerien rechnen. Niemand bezweifelt, dass Jaroschs Leute
       rücksichtslos gegen alle vorgehen werden, denen sie eine Zusammenarbeit mit
       früheren Machthabern nachweisen können.
       
       24 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrej Nesterko
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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