# taz.de -- China rächt sich: Uigurischer Ökonom angeklagt
       
       > Ilham Tothi gilt als der promintenteste uigurische Wissenschaftler. Nun
       > wird er wegen „Separatismus“ angeklagt. Ihm droht lebenlange Haft.
       
 (IMG) Bild: Der uigurische Ökonom Ilham Tohti im Juli 2013 in seiner Pekinger Wohnung.
       
       PEKING taz/dpa | Ilham Tohti versteht sich nicht als Dissident. Der
       44-Jährige ist Wirtschaftswissenschaftler an der Nationalen Minderheiten
       Universität in Peking und hatte die soziale Situation der Uiguren in seiner
       Heimatprovinz Xinjiang untersucht.
       
       Die Ergebnisse waren ernüchternd: Obwohl sich die chinesische Führung damit
       rühmt, die Rechte der Minderheiten zu schützen, ergaben Tohtis
       Untersuchungen, dass Uiguren systematisch von den Behörden benachteiligt
       werden. Es gebe für sie kaum Jobs. Und wenn sie eingestellt würden,
       verdienten sie sehr viel weniger als zugezogene Han-Chinesen.
       
       Diese Missstände hat Tohti mehrfach thematisiert. Das passte den
       chinesischen Sicherheitsbehörden offensichtlich nicht. Vor einem Monat
       haben sie ihn in seiner Pekinger Wohnung festgenommen. Nun wird er
       angeklagt.
       
       Die Staatsanwaltschaft von Urumqi, der Hauptstadt von Xinjiang, hat am
       Mittwoch Anklage gegen den 44-Jährigen erhoben. Wie sein Anwalt berichtet
       wird ihm „Separatismus“ vorgeworfen. „Wenn sie glauben, dass er
       separatistische Aktivitäten organisiert hat, dann drohen ihm zwischen zehn
       Jahre und lebenslange Haft“, so sein Anwalt. Bislang wurde dem Verteidiger
       der Kontakt zu dem Wissenschaftler verweigert.
       
       Tohti und seine Familie kommen aus Xinjiang und gehören der ethnischen
       Minderheit der Uiguren an. Vor der Annektierung durch die Volksrepublik war
       die Gegend viele Jahrhunderte überwiegend bewohnt von muslimischen Uiguren.
       Sie machen heute knapp die Hälfte der Einwohner aus.
       
       ## Immer wieder Hausarrest
       
       Doch sie fühlen sich politisch, kulturell und religiös von der chinesischen
       Staatsmacht unterdrückt und von den zuziehenden Han-Chinesen an den Rand
       gedrängt. Immer wieder ist es in den vergangenen Jahren zu blutigen
       Auseinandersetzungen gekommen.
       
       Tohti lebt zwar seit vielen Jahren nicht mehr in Xinjiang. 2006 gründete er
       eine Webseite mit dem Ziel, zu einem besseren Verhältnis zwischen Uiguren
       und Han-Chinesen beizutragen. Die chinesischen Behörden warfen ihm
       daraufhin vor, er würde mit dem Portal den „Separatismus“ fördern. 2008
       wurde er bereits einmal verhaftet.
       
       Nachdem es Anfang Juli 2009 in der Provinzhauptstadt Urumqi zu schweren
       Unruhen mit mehr als 150 Toten kam, warf der Provinzgouverneur von Xinjiang
       Tohti vor, mit der Webseite den Unmut geschürt zu haben.
       
       Auf Druck unter anderem der US-Regierung kam er wenige Wochen später wieder
       frei, steht seitdem aber immer wieder unter Hausarrest. Ob seine Festnahme
       im Zusammenhang mit dem Anschlag von Ende Oktober auf dem Platz des
       Himmlischen Friedens steht – dazu wollten die chinesischen Behörden keine
       Angaben machen. Direkt unter dem symbolträchtigen Bild von Mao Zedong am
       Eingang zum Kaiserpalast war am 28. Oktober ein Auto in eine Menschengruppe
       gerast.
       
       Bei den Wageninsassen handelte es sich nach Polizeiangaben um drei Uiguren.
       Zwei Touristen rissen sie mit in den Tod und verletzten 40 weitere. Die
       Behörden sprachen wenige Tage später von einem "Terroranschlag" radikaler
       Islamisten.
       
       26 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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