# taz.de -- Katrin Göring-Eckardt über Edathy-Affäre: „Das wird keine Talkshow“
       
       > BKA-Chef Jörg Ziercke lügt, sagt Katrin Göring-Eckardt. Was sich die
       > Fraktionsvorsitzende der Grünen jetzt von einem Untersuchungsausschuss
       > erhofft.
       
 (IMG) Bild: Die Grüne Katrin Göring-Eckardt möchte, dass der Untersuchungsausschuss schon im April eingesetzt wird.
       
       taz: Frau Göring-Eckardt, die Opposition hat in der Edathy-Affäre lange
       gezögert, einen Untersuchungsausschuss zu fordern. Warum tun Sie es
       plötzlich doch? 
       
       Katrin Göring-Eckardt: Wir haben der Großen Koalition die Chance gegeben,
       die Affäre über andere parlamentarische Instrumente aufzuklären, nämlich
       über Befragungen im Innenausschuss. Es ist nicht unser Stil, reflexhaft
       nach einem Untersuchungsausschuss zu rufen. Aber über das Wochenende hat
       sich die Lage relevant verändert.
       
       Ein Spitzenbeamter des Bundeskriminalamtes hat illegale Bilder bei dem
       kanadischen Anbieter gekauft, bei dem auch der SPDler Edathy bestellte. 
       
       Richtig. Diese Information war für uns der Grund, einen U-Ausschuss zu
       fordern. Das Bundeskriminalamt hat offensichtlich versagt, als es von der
       kanadischen Polizei Datensätze über deutsche Kunden bekam. Daten wurden zu
       spät ausgewertet. Und BKA-Präsident Ziercke hat dem Innenausschuss den Fall
       aus den eigenen Reihen vorenthalten und offensichtlich die Unwahrheit
       gesagt.
       
       Wo hat das BKA versagt? 
       
       Beim BKA lag seit November 2011 eine Liste mit 800 Namen von Kunden einer
       Firma, die mit dem Missbrauch von Kindern geschäftsmäßig Geld verdient. Die
       Liste werteten die Ermittler laut Herrn Ziercke erst ein gutes halbes Jahr
       später aus. Wenn das stimmt, stellt sich die Frage: Warum konnten diese
       Leute ein halbes Jahr lang weiter ihr Unwesen treiben, ohne dass Ermittler
       tätig werden?
       
       Das BKA sei mit der Flut der Fälle überlastet gewesen und habe ein anderes
       Massenverfahren bearbeitet, sagt Ziercke. Glauben Sie ihm das nicht? 
       
       Das mag sein. Ich kenne und bewerte die Arbeitsbelastung des BKA nicht.
       Aber wenn die Ermittler in Sachen Kinderpornografie heillos überlastet
       sind, erwarte ich von einem verantwortungsvollen Behördenleiter, dass er
       das seinem Dienstherren sagt. Und um Unterstützung bittet.
       
       Sie werfen Ziercke vor, gelogen zu haben. Warum? 
       
       Er hat vor dem Innenausschuss erklärt, dass seine Behörde erst im Juni 2012
       mit der Aufarbeitung der Datensätze zu deutschen Kunden begonnen habe. Das
       widerspricht den BKA-Angaben vom vergangenen Freitag, wonach der eigene
       Mann viel früher auf der Liste entdeckt wurde, nämlich schon im Januar. Wir
       wollen wissen: Warum konnte der Name Edathy durchrutschen? Wie werden
       solche Listen beim BKA geprüft? Es gibt einfach zu viele offene
       Widersprüche.
       
       Sollte Ziercke zurücktreten? 
       
       Ja, der BKA-Präsident sollte den Weg für eine transparente Aufklärung
       freimachen. Er bestreitet die Fakten ja nicht. Mein Vertrauen ist
       jedenfalls irreparabel beschädigt.
       
       Der Fall Edathy war bisher eine politische Affäre, in der es um Verrat
       vertraulicher Informationen ging. Ist diese Deutung falsch? 
       
       Das BKA steht im Zentrum des Skandals. Wir haben es mit einem Fall von
       eklatantem Behördenversagen bei einem sehr ernsten Thema zu tun. Nach
       Bekanntwerden der Morde der rechtsextremen Terrorgruppe NSU fanden die
       Grünen, die Ermittlungsbehörden müssten grundsätzlich reformiert werden.
       Durch den aktuellen Fall sehen wir uns bestätigt.
       
       Wollen Sie in dem U-Ausschuss auch politische Fehler der Koalition
       thematisieren? 
       
       Natürlich. Wir werden zum Beispiel noch einmal den
       SPD-Fraktionsvorsitzenden Oppermann zu seinem Anruf bei Herrn Ziercke
       befragen. Ich finde seine offizielle Version, man habe sich am Telefon
       angeschwiegen, unglaubwürdig. Wer vor einem Untersuchungsausschuss aussagt,
       ist zur Wahrheit verpflichtet – anders als etwa im Innenausschuss. Ein
       U-Ausschuss ist keine Talkshow.
       
       Was soll dabei herauskommen? Es war ein Vier-Augen-Gespräch, beide haben
       sich längst auf eine Version geeinigt. 
       
       Ohne Untersuchungsausschuss keine Akteneinsicht und keine Wahrheitspflicht.
       
       Glauben Sie ernsthaft, dass Sie Oppermann noch überführen können? 
       
       Ich bin gespannt, ob er und Ziercke auch unter Eid bei ihrer Version
       bleiben. Darum allein geht es aber ja nicht.
       
       Der Ertrag wird auch bei anderen Punkten dürftig sein. Es ist ja gerade das
       Problem, dass es beim Verrat von Interna keine Aktenlage gibt. 
       
       Um es klar zu sagen: Unser Fokus wird auf den Fehlern des BKA liegen. Wir
       setzen auf einen eng formulierten Untersuchungsauftrag. Es geht darum, mit
       einer belastbaren Untersuchung wieder Vertrauen in den Rechtsstaat
       herzustellen. Das Stille-Post-Spiel in Union und SPD zu Edathy wird nur ein
       Nebenstrang sein.
       
       Aber ist dies nicht der eigentlich brisante Kern der Affäre? 
       
       Man muss unterscheiden. Manches kann man nur bedingt in einem solchen
       Gremium thematisieren. Auch wenn es hier offene Fragen gibt. Zum Beispiel,
       ob das Kanzleramt wirklich nicht über den Fall Edathy informiert war.
       Schließlich ist der frühere Innenstaatssekretär Fritsche, der vom BKA über
       die Namensliste aus Kanada informiert wurde, heute bei Merkel für die
       Geheimdienste zuständig. Wissen Sie, es ist schon öfter passiert, dass
       plötzlich doch eine Notiz auftauchte, mit der niemand rechnete.
       
       Wie sieht Ihr Zeitplan für den U-Ausschuss aus? 
       
       Wir wollen den Untersuchungsausschuss schon im nächsten Monat einsetzen, er
       würde drei bis vier Monate tagen. Dann läge schnell ein Ergebnisbericht
       vor.
       
       4 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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