# taz.de -- Konflikt zwischen Russland und Ukraine: Bewaffnete vertreiben UN-Gesandten
       
       > Sergej Lawrow verlässt das Außenminister-Treffen, ohne mit seinem
       > ukrainischen Kollegen zu sprechen. Die Nato will die Zusammenarbeit mit
       > Russland komplett prüfen.
       
 (IMG) Bild: Wie geht es weiter mit Russland? Rätselraten rund ums Nato-Hauptquartier in Brüssel.
       
       BRÜSSEL/DONEZK/MOSKAU/SIMFEROPOL dpa/rtr/ap/afp | Trotz hektischer
       Krisen-Diplomatie hat der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch
       das Außenministerium in Paris verlassen, ohne seinen ukrainischen
       Amtskollegen getroffen zu haben. Das verlautete am Abend aus diplomatischen
       Kreisen in der französischen Hauptstadt. Die Außenminister der USA,
       Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und weiterer Länder hatten über
       Stunden versucht, Lawrow in Paris zu einem direkten Gespräch mit dem
       ukrainischen Interims-Außenminister Andrej Deschtschyzja zu bewegen.
       
       Lawrow hatte zuvor in Paris den Druck des Westens auf Moskau als
       kontraproduktiv bezeichnet. „Die Schritte, die unsere Partner über die
       OSZE, den Nato-Russland-Rat oder andere Organisationen unternehmen, helfen
       nicht beim Aufbau einer Atmosphäre des Dialogs“, kritisierte Lawrow nach
       einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry.
       
       Er sei sich mit Kerry einig, dass alle Seiten in der Ukraine ein Abkommen
       vom 21. Februar befolgen müssten, sagte Lawrow am Mittwoch dem
       Fernsehsender Rossija-24. Das damals von den Anführern der Opposition und
       Präsident Viktor Janukowitsch geschlossene Abkommen sollte einem Kompromiss
       zwischen den erbitterten Gegnern dienen.
       
       Die Nato will aufgrund der Ereignisse in der Ukraine ihre Zusammenarbeit
       mit Russland grundsätzlich auf den Prüfstand stellen. Das teilte
       Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch mit. Geplante Treffen mit
       Vertretern Moskaus würden vorerst ausgesetzt.
       
       Rasmussen äußerte sich nach einem Treffen der 28 Mitgliedstaaten der Nato
       mit ihrem russischen Kollegen. Danach sei entschieden worden, die Pläne für
       eine gemeinsame Mission auszusetzen, ebenso alle zivilen und militärischen
       Treffen. Der Nato-Generalsekretär stellte klar, dass man sich weiter mit
       Vertretern Moskaus auf politischer Ebene unterhalten werde. Doch sei die
       Aussetzung der übrigen Treffen „eine sehr deutliche Botschaft an Russland“.
       
       ## Serry fliegt ab
       
       Währenddessen will der UN-Sondergesandte Robert Serry noch am Mittwoch die
       Krim verlassen. Serry wolle noch am Abend von Simferopol nach Kiew fliegen,
       teilten die Vereinten Nationen am Mittwoch in New York mit. Dort wolle er
       seine Arbeit fortsetzen. Serry war am Nachmittag in Simferopol von 10 bis
       15 zunächst nicht identifizierten Männern bedroht worden. Sie hatten ihn
       UN-Angaben zufolge aufgefordert, zum Flughafen zu fahren und die Krim zu
       verlassen. Serry hatte das zunächst abgelehnt.
       
       Berichte aus Kiew, wonach Serry von Bewaffneten verschleppt worden sei,
       dementierte der stellvertretende UN-Generalsekretär Jan Eliasson am
       Mittwoch. Serry sei nichts zugestoßen, obwohl er sich geweigert habe, den
       Forderungen der bewaffneten Männer nachzukommen. Er sei zu Fuß in sein
       Hotel zurückgegangen und bei guter Gesundheit, sagte Eliasson, der sich
       derzeit in Kiew aufhält, in einem Telefonat mit Journalisten.
       
       Der Niederländer Serry hätte bereits am Wochenende auf Anweisung von
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf die Krim reisen sollen. Aus
       Sicherheitsgründen wurde der Besuch zunächst abgesagt, am Dienstag meldeten
       die Vereinten Nationen schließlich die Ankunft Serrys auf der Halbinsel.
       
       Bei Protesten in der ostukrainischen Stadt Donezk haben prorussische
       Demonstranten die Regionalverwaltung teilweise besetzt. Nach einer
       Kundgebung gegen die neue Führung in Kiew hätten zahlreiche der mehr als
       2.000 Teilnehmer das Gebäude gestürmt, berichteten lokale Fernsehsender am
       Mittwoch.
       
       Die Demonstranten schwenkten russische Flaggen. Medien in Kiew äußerten
       Zweifel, ob es sich um Einheimische oder nicht doch um russische
       Provokateure handelt. Donezk gilt als Hochburg des entmachteten Präsidenten
       Viktor Janukowitsch. In der Ukraine kommt es im russischsprachigen Osten
       seit Tagen zu Protesten gegen die prowestliche Führung in Kiew.
       
       ## Internationale Krisendiplomatie
       
       US-Außenminister John Kerry fordert seinen russischen Kollegen Sergej
       Lawrow während eines kurzen Treffens in Paris auf, direkten Kontakt zu der
       ukrainischen Regierung aufzunehmen. Dies teilte ein Sprecher Kerrys mit.
       Frankreichs Präsident Francois Hollande schaltet sich in die diplomatischen
       Bemühungen zur Beilegung des Konflikts ein. In Paris trifft er sich mit den
       Außenministern der USA, Frankreichs, Russlands, Deutschlands und
       Großbritanniens.
       
       Die USA erhöhen ihre militärische Unterstützung für Polen und die
       baltischen Staaten. Das kündigte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel am
       Mittwoch bei einer Anhörung im Kongress an. Konkret nannte Hagel eine
       Ausweitung der gemeinsamen Übungen mit der polnischen Luftwaffe und eine
       größere Rolle des US-Militärs bei der Überwachung des baltischen Luftraums
       durch die Nato.
       
       „Das Verteidigungsministerium unternimmt Maßnahmen, um unsere Verbündeten
       zu unterstützen“, sagte Hagel vor dem Streitkräfteausschuss des Senats in
       Washington. Die US-Luftwaffe hat aktuell eine kleine Einheit von zehn
       Soldaten in Polen stationiert. Kampfflugzeuge der Nato patrouillieren
       routinemäßig über Estland, Lettland und Litauen, die über keine
       schlagkräftige Luftwaffe verfügen.
       
       ## Zweifelhafter Vergleich Clintons
       
       Kerrys Vorgängerin, die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton, soll
       zuvor einem Medienbericht zufolge die Politik von Kremlchef Wladimir Putin
       im Konflikt um die Ukraine mit dem Verhalten von Adolf Hitler verglichen
       haben. „Wenn einem das bekannt vorkommt, es ist das, was Hitler damals in
       den 30er Jahren tat“, soll Clinton laut einem Bericht der Lokalzeitung Long
       Beach Press-Telegram am Dienstag bei einem Auftritt in Kalifornien gesagt
       haben.
       
       Das Büro der Demokratin nahm zunächst keine Stellung zu dem Bericht.
       „Hitler sagte stets, die ethnischen Deutschen, die Deutschen per
       Abstammung, die in Gebieten wie der Tschechoslowakei oder Rumänien waren,
       werden nicht richtig behandelt. Ich muss mein Volk beschützen“, zitiert die
       Zeitung Clinton, die als mögliche Präsidentschaftskandidatin für die Wahl
       2016 gehandelt wird.
       
       Clinton habe aber später klargestellt, dass es keinen Hinweis darauf gebe,
       dass Putin „so irrational wie der Anstifter des Zweiten Weltkriegs“ sei,
       zitierte die Webseite Buzzfeed den Chefredakteur des „Long Beach
       Press-Telegram“, Harry Saltzgaver.
       
       ## Russland kann keine russischen Soldaten erkennen
       
       Nach Präsident Wladimir Putin hat auch der russische Verteidigungsminister
       Sergej Schoigu Berichte zurückgewiesen, wonach russische Soldaten bereits
       seit Tagen strategisch wichtige Punkte auf der ukrainischen Halbinsel Krim
       kontrollieren. In den Medien veröffentlichte Fotos von Panzerfahrzeugen mit
       russischen Kennzeichen bezeichnete Schoigu am Mittwoch als „Provokation“.
       Ein Video, in dem sich ein Bewaffneter im Kampfanzug selbst als Russe
       bezeichnete, nannte der Minister laut der russischen Nachrichtenagentur
       Itar-Tass „völligen Unsinn“.
       
       Auf zahlreichen Fotos von der Krim ist zu sehen, wie Lastwagen und
       Panzerfahrzeuge mit russischen Kennzeichen auf den Straßen der Krim fahren.
       Und auch die russische Internetseite gazeta.ru berichtete in einer
       Reportage von 30 russischen Panzerfahrzeugen in einem Dorf in der Nähe der
       Krim-Hauptstadt Simferopol.
       
       5 Mar 2014
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Krim
 (DIR) Hillary Clinton
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Proteste in der Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) OSZE
 (DIR) Russland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Debatte Russisch-ukrainischer Konflikt: Krim oder Frieden?
       
       Europa bemüht sich um Frieden in der Ukraine. Sollten Grenzveränderungen
       Teil der diplomatischen Verhandlungen sein – oder nicht?
       
 (DIR) Konflikt um die Krim: US-Sanktionen gegen Russland
       
       Die USA verhängen Einreiseverbote gegen Russland und Krim-Bewohner. Die
       Halbinsel will per Referendum über ihre künftige Zugehörigkeit entscheiden.
       
 (DIR) Rechtsextremismusexpertin über Ukraine: „Bedrohung ist russische Propaganda“
       
       Wladimir Putin behauptet, er wolle die in der Ukraine lebenden Russen
       schützen. Die brauchen seinen Schutz nicht, erklärt Alina Polyakova.
       
 (DIR) EU-Finanzhilfen für die Ukraine: „Gefahr für Stabilität und Frieden“
       
       Zu einem geplanten Treffen der Außenminister in Paris ist Russland nicht
       erschienen. Derweil bietet die Europäische Union der Ukraine finanzielle
       Unterstützung an.
       
 (DIR) Internationale Diplomatie und Ukraine: Hoffen auf die OSZE
       
       Nato, EU-Staats- und Regierungschefs, OSZE. Sie alle wollen im
       Krim-Konflikt vermitteln. Die angedrohten Sanktionen stoßen auf
       unterschiedliche Reaktionen.
       
 (DIR) Konflikt um die ukrainische Halbinsel: Sehnsucht nach der Krim
       
       Warum ist die Krim so beliebt? Fürsten, Zaren und Künstler entdeckten dort
       einst einen Hauch von Orient. Geblieben ist nur der Mythos.