# taz.de -- Neuer Roman von Toni Morrison: Lächelnde Krieger und ihre Dämonen
       
       > In Toni Morrisons „Heimkehr“ steckt der Feind überall. Im Ku-Klux-Klan,
       > in der eigenen Familie und in der Duldsamkeit gegenüber den Tätern.
       
 (IMG) Bild: Toni Morrison schreibt über die Täter und über das Schweigen der Opfer des Ku-Klux-Klan.
       
       „Auf dem Foto, das er in die Heimat geschickt hatte, ein lächelnder Krieger
       in Uniform mit einem Gewehr in der Hand, sah er aus, als sei er Teil von
       etwas anderem, das über Georgia hinausreichte und nichts mehr damit gemein
       hatte.“ Cee, Empfängerin des Fotos, sehnt sich nach diesem anderen und
       vermisst den „lächelnder Krieger“, ihren Bruder Frank.
       
       Er hat sich zum Koreakrieg gemeldet, und für einen Moment scheint es, als
       wäre die Armee ein Ausweg aus einem rassistischen Gefüge, das für die
       Geschwister keine Möglichkeiten bot, irgendwas zu werden oder irgendwas zu
       tun. Der Krieg aber hält seine eigenen Dämonen bereit.
       
       Es ist ein langer Weg von Frank zurück zu seiner Schwester Cee, von dem
       Toni Morrison in „Heimkehr“ erzählt. Cee, in der Kindheit ein Schützling
       ihres großen Bruders, ist auf der Flucht geboren, während eines Pogroms in
       den 30er Jahren, vertrieben vom Land, das die kleine Familie ernährte.
       
       Die Großmutter, bei der sie Zuflucht finden im Dorf Lotus, wird zum ärgsten
       Feind der Kinder, vermiest die arme Verwandtschaft der alten Frau doch das
       bisschen, was von ihrem früheren sozialen Aufstieg übrig blieb. Hart und
       kalt ist sie. Ihre Lieblosigkeit steht für die Kinder bald für die ganze
       Erwachsenenwelt des Dorfes, aus dem sie deshalb nur wegwollen.
       
       ## Gutes Erzählen allein reicht Morrison nicht
       
       „Heimkehr“ ist ein spannend erzähltes Buch, in der Sprache zugänglicher und
       einfacher als frühere Romane der inzwischen 83-jährigen Autorin, auch wenn
       die Sätze wieder sehr nah am Denken, Empfinden und Wahrnehmen von Frank und
       Cee entlang geführt werden.
       
       Gutes Erzählen allein aber hat dieser Autorin noch nie gereicht, es geht
       ihr immer auch um ein Kapitel afroamerikanischer und damit bislang noch
       immer viel zu selten erzählter Geschichte. Das ist ein Auftrag, den ihr im
       fiktionalen Rahmen dieses Romans von Frank erteilt wird, „erzähl davon“,
       zugleich zweifelnd, dass sich seine Geschichte erzählen lässt. Weil sie
       nicht nur von unterdrückten Wahrheiten handelt, von rassistischen Morden
       und dem Ku-Klux-Klan, sondern auch von der Scham und dem Schweigen der
       Gedemütigten.
       
       Die Feindschaft im Mikrokosmos der Familie legt den Samen für die
       Minderwertigkeitsgefühle, gegen die Frank und Cee fast den ganzen Roman
       lang immer wieder kämpfen. Beim Versuch, sich rauszustrampeln, Anerkennung
       zu finden, laufen sie in bösartige Fallen. Cee kostet das fast das Leben.
       Ein Arzt, der sie als Hilfe anstellt, missbraucht sie in Experimenten.
       
       Der Rassismus der Weißen ist ein historisches Dispositiv in diesem Roman,
       ein Vorzeichen der sozialen Gefüge und doch nie direkter Gegenstand der
       Erzählung. Denn weder die Romanautorin noch ihre Protagonisten verschwenden
       Zeit und Energie damit, zu erkunden, was im Kopf des Arztes vorging oder in
       den Köpfen von Polizisten, die Frank und einen Freund in Chicago
       durchsuchen, ohne Anlass. Wie diese Überlebensstrategie der Duldsamkeit
       aber mit beiträgt zu den Verwüstungen im Selbstbild, gehört zu den
       schmerzhaften Erkenntnissen des Buches.
       
       Nach alldem, man glaubt es kaum, findet der Roman ein gutes Ende.
       „Heimkehr“ erzählt tatsächlich von der Ankunft in einer Gemeinschaft, die
       Frank und Cee jetzt endlich die Teilhabe ermöglichen, die ihnen als Kindern
       verweigert wurde. Das verändert den Blick auf ihre Herkunft und öffnet die
       Möglichkeiten, sich selbst annehmen zu können. Ihre Dämonen werden kleiner.
       
       11 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Bettina Müller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ku-Klux-Klan
 (DIR) Afroamerikaner
 (DIR) US-Sklaverei-Geschichte
 (DIR) Krimiserie
 (DIR) Schwerpunkt Neonazis
 (DIR) Fasching
 (DIR) 12 Years a Slave
 (DIR) Schwerpunkt Neonazis
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Spielfilm über einen Sklavenaufstand: Mit Gott gegen alle
       
       Vom Prediger zum heiligen Krieger: Nate Parker erzählt in „The Birth of a
       Nation“ die Geschichte des Sklavenführers Nat Turner.
       
 (DIR) Neue Krimiserie bei ZDF Neo: Mieses Wetter, miese Stimmung
       
       Die Ermittlerin säuft, sie ist ruppig, einfühlsam, impulsiv und
       tollpatschig. Sonst ist an „Vera – Ein ganz spezieller Fall“ aber leider
       nichts speziell.
       
 (DIR) Rechte Propaganda trotz Verbot: Gräber auf Schulhöfen
       
       In Brandenburg ist ein längst verbotenes Neonazi-Netzwerk immer noch aktiv.
       Mit Kostümen und Schaufeln tauchen die Nazis an Schulen auf.
       
 (DIR) Rassistische Klischees im Karneval: Afro-Tucken und Zigeuner-Huren
       
       Cowboys, Prinzessinnen und Clowns sind die Klassiker der Karnevals-Kostüme.
       Einige Verkleidungen überschreiten aber die Geschmacksgrenze.
       
 (DIR) Golden Globe für „12 Years a Slave“: Die Wiederkehr der R-Frage
       
       „12 Years a Slave“ hat viel mehr erreicht, als einen Golden Globe zu
       gewinnen. Endlich wird in den USA wieder über Rassismus diskutiert.
       
 (DIR) Neonazis in Brandenburg: Hinter weißen Masken
       
       Sie marschierten wie der Ku-Klux-Klan, dann wurden sie verboten: Die
       „Spreelichter“. Jetzt wird über das Verbot verhandelt.