# taz.de -- Prozessauftakt gegen Uli Hoeneß: Sein schwerstes Spiel
       
       > Die Anwälte von Hoeneß verkünden, dass er der Steuer mindestens 18,55
       > Millionen Euro schuldet. Damit wird eine höhere Haftstrafe
       > wahrscheinlich.
       
 (IMG) Bild: Wie tief wird er stürzen? Bayern-Präsident Uli Hoeneß beim Prozessbeginn am Montag in München.
       
       MÜNCHEN taz | Auf die Bayern-Biggi kann sich Uli Hoeneß verlassen. Seit
       Jahrzehnten ist die Münchnerin Mitglied im Verein. Kein Heimspiel lässt sie
       aus und auch am Trainingsgelände an der Säbener Straße steht sie so oft wie
       möglich. Nur am Montagvormittag, als sich die Mannschaft auf das
       Europapokal-Spiel gegen Arsenal London vorbereitet, hat sie Wichtigeres zu
       erledigen. Ihr Präsident steht vor Gericht, im Münchner Justizpalast
       beginnt sein Verfahren wegen Steuerhinterziehung, also sitzt sie
       ausnahmsweise im Gerichtssaal. „Uli Hoeneß – Legend“ steht weiß auf rot auf
       ihrem Pullover.
       
       Acht Reihen vor ihr wiederholt der Mann, dessen Legendenstatus gehörig
       wackelt, sein Geständnis. Uli Hoeneß gibt sich gefasst, komplett kann er
       seine Nervosität aber nicht verbergen. Man erkennt das ja immer an seiner
       Gesichtsfarbe. „Ich habe Steuern hinterzogen“, sagt er. Mit seiner
       Selbstanzeige im Januar 2013 habe er die Angelegenheit bereinigen wollen.
       Das ging bekanntlich schief. „Ich will die Sache hinter mich bringen und
       reinen Tisch machen“, sagt der Angeklagte Hoeneß jetzt.
       
       Kurz zuvor haben seine Anwälte bekannt gegeben, wie viel Geld der
       Fußballfunktionär zwischen den Jahren 2003 und 2009 wirklich hinterzog.
       Ihnen zufolge beträgt die Steuerschuld ihres Mandanten mindestens 18,55
       Millionen Euro, deutlich mehr als bisher bekannt.
       
       Erst in der vergangenen Woche übergaben Hoeneß’ Verteidiger der
       Staatsanwaltschaft neue Unterlagen der Schweizer Bank Vontobel, aus denen
       der höhere Betrag hervorgeht. In die Anklageschrift hat es die neue Summe
       noch nicht geschafft, dort ist nach wie vor die Rede von 3,55 Millionen
       Euro.
       
       ## Druck auf FC Bayern wächst
       
       Sollte Hoeneß verurteilt werden, fällt die Neuigkeit natürlich trotzdem ins
       Gewicht. Der Druck auf den Fußballmanager wächst, denn die höhere Summe
       macht eine Haftstrafe wahrscheinlicher. Gemäß dem Fall natürlich, dass ihn
       das Gericht überhaupt schuldig spricht, weil es seine Selbstanzeige nicht
       anerkennt. Wer sich als Steuerhinterzieher bekennt, geht nur dann straffrei
       aus, wenn die Tat noch nicht entdeckt war.
       
       Im Fall Hoeneß ist die Frage umstritten: Er machte seine Selbstanzeige
       erst, nachdem er von Recherchen eines Stern-Reporters erfahren hatte. Der
       Journalist des Magazins wusste, dass eine deutsche Sportgröße über ein
       geheimes Konto in der Schweiz verfügt. Hoeneß war also gewarnt, sagt die
       Staatsanwaltschaft.
       
       Dass es sich um Hoeneß handelt, war dem Stern-Reporter aber offenbar nicht
       bekannt. Die Selbstanzeige zählt, sagen deshalb seine Verteidiger. Hoeneß
       steht nicht im Strafjustizzentrum vor Gericht, einem asbestverseuchten
       Betongebäude aus den Siebzigern, in dem sich Steuerhinterzieher
       normalerweise verantworten müssen. Sein Prozess findet im Justizpalast
       statt, einem Prachtbau mit Glaskuppel und hohen Fenstern.
       
       Keine Vorzugsbehandlung, mit dem Prominentenstatus des Angeklagten hat es
       trotzdem zu tun: Im Strafjustizzentrum verhandelt das Oberlandesgericht
       schon über die NSU-Morde und für zwei Riesenprozesse auf einmal ist dort
       kein Platz. So lange wie der wird sich das Hoeneß-Verfahren nicht
       hinziehen.
       
       Vier Prozesstage hat das Gericht angesetzt, schon am Donnerstag dieser
       Woche soll das Urteil fallen. Am Montag verlasen die Richter unter anderem
       die Aussage eines pensionierten Finanzbeamten, der Hoeneß bei seiner
       Selbstanzeige unterstützte. Ein Bekannter des Fußball-Managers, der am
       Abend des 15. Januar 2013 in dessen Haus am Tegernsee gebeten wurde.
       
       ## News am Nachmittag
       
       Am Nachmittag hatte Hoeneß von den Stern-Recherchen erfahren. Laut dem
       Bekannten besaß der Bayern-Präsident auch schon einen Vorabdruck des
       Stern-Artikels, in dem Teile seiner Kontonummer genannt wurden. Vor Gericht
       gab am Vormittag auch Hoeneß zu: „Die Recherchen haben eine Rolle
       gespielt.“
       
       Eine gewisse Tragik hat dieser Prozess. Ausgerechnet jetzt sitzt Hoeneß auf
       der Anklagebank, zu einem Zeitpunkt, an dem seine Bayern so erfolgreich
       spielen wie nie zuvor. Die Meisterfeier konnten sie schon im Januar planen,
       da hatten sie gerade den Weltpokal gewonnen. Und wenn es ein Gegner
       ausnahmsweise doch mal wagt, ein Tor zu schießen, schenken ihm die Bayern
       im Gegenzug ein halbes Dutzend ein.
       
       Wenn es überhaupt einen Ort gibt, an dem die Bayern noch verlieren können,
       dann ist es Saal 134 des Münchner Justizpalasts. Wie wäre das schön, werden
       sich die Fans der anderen Vereine denken: Hoeneß in den Knast, vielleicht
       noch Schwarzgeld beim Verein, Zwangsabstieg in die Bayernliga! Ist der
       Richter eigentlich Fußballfan?
       
       ## Strenger Richter
       
       „Nationalspieler bis 1976?“, fragt Rupert Heindl, als Hoeneß Angaben zur
       Person macht. 1976, das Jahr, in dem Hoeneß im Belgrader EM-Finale den
       entscheidenden Elfmeter vergab. Für den Prozess wird das aber keine Rolle
       spielen.
       
       Richter Heindl ist zuständig für alle Fälle von Betrug und
       Steuerhinterziehung außerhalb von München. Sehr gewissenhaft soll er
       arbeiten und sich stets streng an die Paragrafen halten. Die Urteile des
       Richters fallen für gewöhnlich streng aus, auf Deals mit den Angeklagten
       lässt er sich aus Prinzip nicht ein.
       
       Gewissenhaft nahm er am Montag auch Hoeneß ins Verhör. Immer wieder fragt
       er den Fußballfunktionär nach Details seiner Devisengeschäfte in der
       Schweiz. „Das kann ich nicht beantworten, darum hat sich die Bank
       gekümmert“, antwortete Hoeneß einmal. „Es ging hier doch nicht um
       Peanuts!“, erwiderte der Richter. „Kontoauszüge habe ich nie eingesehen“,
       sagte der Manager, sichtlich in die Ecke getrieben. Dann ließ der Richter
       von ihm ab, aber Hoeneß dürfte klar sein: Die vier Tage im Justizpalast
       werden für ihn kein Vergnügen.
       
       10 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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