# taz.de -- Die Wahrheit: Pillen für die Kanzlerin
       
       > Unterwegs mit dem Bär zu den Fundamenten der Demokratie werden Pillen
       > ausgegeben, falsche Passwörter hingegen eingegeben.
       
 (IMG) Bild: Auch Gabriel wird des Bären Pillen schlucken müssen.
       
       Es ist Abend. Bär und ich sitzen wie so oft auf dem Sofa und schauen fern.
       Vor unseren Augen spricht Kanzlerin Merkel von einem wichtigen Schritt für
       die Nation. Neben ihr steht Steinmeier und nickt.
       
       „Der Grand Canyon der deutschen Außenpolitik neben dem Tal des Todes der
       Kanzlerschaft“, sagt Bär. Merkel verkündet – nichts. Dann sagt sie, dass in
       den kommenden Jahren gespart werden muss und dass es auch die Armen treffen
       wird. Jeder habe schließlich sein Päckchen zu tragen. „Sogar die, die keins
       haben“, denke ich. Ich gucke Bär an, Bär guckt mich an. Gemeinsam
       beschließen wir die Kanzlerin zu entführen. Und Steinmeier gleich mit.
       
       Sechs Stunden später. Wir passieren in Papas Opel Corsa die Ortseinfahrt
       von Berlin. Ich frage Bär, ob ihm schon aufgefallen ist, dass Bär und
       Berlin gut zueinander passen. „Wir passen auch gut zueinander“, sagt Bär
       und lächelt. Eigentlich lächelt er immer, anatomisch bedingt. Da kann er
       nichts dran machen. Auf der Rückbank des Wagens steht Bärs Pilleneimer. Die
       Pillen will er den Politikern schenken, damit die mal locker werden. Die
       haben sonst immer nur bittere Pillen, die das Volk schlucken muss. Bärs
       Pillen sind nicht bitter. Ich will wissen, was wir mit Merkel machen, wenn
       wir sie entführt haben. „Einbetonieren, für ein gesundes Fundament der
       deutschen Demokratie“, sagt Bär.
       
       30 Minuten später. Die Sicherheitsbeamten an der Zufahrt zum Kanzleramt
       wollen uns nicht durchlassen. Nachdem Bär sie durchgelassen hat, fahren wir
       weiter und stellen den Wagen vorm Haupteingang ab. Auch dort beäugt uns das
       Personal kritisch. Aber Bär winkt den Beamten freundlich. Die Beamten
       winken erstaunlicherweise freundlich zurück. Wahrscheinlich denken sie,
       dass wir auf dem Weg zu von der Leyen sind. Oder sie verwechseln Bär mit
       Kurt Beck, was auch immer der gerade in Berlin verloren hat.
       
       Wir betreten das Kanzleramt. Ich mutmaße, dass in einer Behörde wie dieser
       bestimmt ein unglaublicher Papierkrieg herrscht. Bär schüttelt den Kopf und
       sagt, dass Deutschland nicht in den Behörden sondern im Ausland Krieg
       führt. Stimmt, denke ich und erreiche gemeinsam mit Bär das Büro der
       Kanzlerin. Wir klopfen an. Niemand antwortet.
       
       „Schade“, sagt Bär und tritt die Tür ein. „Krass“, denke ich und betrete
       Merkels geräumiges Büro. Auf dem Schreibtisch steht eine Dose
       Spreewaldgurken. Als Bär sich auf Merkels Schreibtischstuhl hockt, weise
       ich ihn darauf hin, dass die Kanzlerin genau von diesem Tisch aus ihre
       Ansprachen an das Volk hält. Bär sagt, dass wir das jetzt auch machen.
       „Also Putsch statt Entführung?“ frage ich. Bär nickt. Zunächst müssen wir
       jedoch den Server hacken, der zusammen mit einer Kamera gegenüber des
       Schreibtischs aufgebaut ist. Klappt aber nicht sofort. Nachdem wir drei Mal
       das falsche Passwort eingegeben haben, erscheint eine Erinnerungsfrage: „In
       wen ist Sigmar Gabriel verliebt?“
       
       Ich gucke Bär fragend an. Bär sagt, dass ich „Sigmar Gabriel“ eintippen
       soll. Mache ich auch. Sekunden später sind wir „on air“. ARD, ZDF und die
       dritten Programme schalten sich automatisch zu. „Das ist Macht“, denke ich,
       gehe zu Bär und winke in die Kamera. Bär sagt, dass er der neue Führer der
       Nation ist. Ich sage nichts, bin sprachlos und winke einfach weiter.
       Solange, bis ein gutes Dutzend vermummter Elitesoldaten ins Büro stürmt und
       uns überwältigt.
       
       Eine Nacht und etliche Kaltwasserduschen später. Wir liegen erschöpft auf
       einer Holzpritsche im Keller des Kanzleramts. Bär sagt, dass er Folter ab
       jetzt nicht mehr befürwortet. Im selben Moment öffnet sich vor unseren
       Augen die Zellentür. Die Kanzlerin betritt den Raum und lächelt. Mit ihr
       kommt Joachim Gauck und überreicht uns das Bundesverdienstkreuz. Wir
       mutigen Deutschen hätten das Kanzleramt und die Freiheit durch unseren
       unangekündigten Sicherheitscheck vor einem möglichen, verheerenden Anschlag
       bewahrt, sagt Gauck. Bär zwinkert mir zu. „Lügen haben tatsächlich kurze
       Beine“, denke ich und drücke Bär fest an mich. „Macht macht einsam“,
       grummelt die Kanzlerin. Dann wirft sie Bär und mir noch einen finsteren
       Blick zu.
       
       11 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Stickling
       
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