# taz.de -- Kolumne Halleluja: Er schaut hin, wenns schlüpfrig wird
       
       > Augen zu und durch: In dieser Kolumne geht es um Katholiken und Sex.
       
 (IMG) Bild: Hört, hört! Auch Berlins Kardinal Woelki hat sich zum Thema Sex geäußert
       
       Ab und zu muss man die katholische Kirche in Schutz nehmen. Nicht vor sich
       selbst, das wäre weder machbar noch wünschenswert. Aber vor allzu unfairer
       Polemik.
       
       Denn was kürzlich für Fremdscham und Schadenfreude in der
       spanischsprachigen Facebook-Community sorgte, stimmt so ganz sicher nicht:
       Francisco Javier Martínez, Erzbischof von Granada, habe Frauen versichert,
       sie könnten ihre Ehemänner ohne moralische Bedenken oral befriedigen –
       solange sie dabei an Jesus dächten.
       
       Dass das nur ein böser Witz ist, zeigt schon die unwahre Behauptung, der
       fromme Mann habe dies in seinem Ratgeber „Heirate und unterwerfe dich“
       geäußert. Wobei sich da doch der wahre Kern herausschält. Denn dieses
       „Cásate y sé sumisa“ gibt es wirklich. Martínez’ Diözesanverlag hat das
       Buch veröffentlicht.
       
       Das Werk, das spanischen und italienischen Buchhändlern angeblich aus den
       Händen gerissen wird, stammt von der italienischen Journalistin Costanza
       Miriano (im Original „Sposati e sii sottomessa“) und beinhaltet zwar keine
       Fellatio am Herrn, aber jede Menge sexistischer Kackscheiße, um es mal in
       zeitgemäßer Diktion auszudrücken.
       
       ## Kranke Fantasien
       
       Die 43-jährige vierfache Mutter, die angeblich nicht dem Opus Dei angehört
       („aber viele meiner Freunde“, schreibt sie in ihrem Blog), rät Frauen, ihre
       kranken Selbstbestimmungsfantasien über Bord zu werfen und sich freudig für
       ihren Mann aufzuopfern. Schon weil es in der Bibel steht: „Ihr Frauen“,
       schreibt Paulus den Ephesern, „ordnet euch euren Männern unter wie dem
       Herrn, denn der Mann ist das Haupt der Frau wie auch Christus das Haupt der
       Kirche.“
       
       Bei Miriano wird es etwas konkreter: „Du bist keine erfahrene Köchin und
       keine perfekte Hausfrau. Wo ist das Problem, wenn er es dir sagt? Sag du
       ihm, dass er recht hat – und dass du lernen wirst.“ Oder: „Ein Mann kann
       einer Frau nicht widerstehen, die seine Autorität anerkennt und sich lieber
       auf die Zunge beißt, als ihm zu widersprechen.“
       
       Natürlich gibt’s auch Wissenswertes über das Untenrum: „Der Bruch der
       Verbindung zwischen geschlechtlicher Liebe und Kindergebären hat den Sex zu
       einer traurigen und feigen Angelegenheit gemacht“, schreibt die Autorin.
       Und wir schlagen mal den Bogen zu Rainer Maria Woelki.
       
       Denn auch Berlins Kardinal hat über Sex gesprochen. In einem Interview mit
       der FAS über den berühmten vatikanischen Fragebogen erklärt er, nicht
       wegzusehen, wenn’s schlüpfrig wird im Kino (Aber: „Man kann auch gute Filme
       machen ohne Sexszenen“), sucht gleichwohl das Unaussprechliche wortreich zu
       bemänteln („Das gegenseitige Sichschenken als Dimension menschlicher
       Sexualität gehört unserer Glaubensüberzeugung nach im Letzten in die
       sakramentale Ehe hinein“) und instrumentalisiert gar den Feminismus („Es
       kann doch für eine Frau nicht gut sein, durch die ’Pille‘ immer und zu
       jeder Zeit für den Mann ’verfügbar‘ zu sein, da gibt es ja sogar Zustimmung
       aus der Frauenbewegung“).
       
       Der Abkehr heutiger Lehrpläne von alten Normen – Stichwort
       Baden-Württemberg – will Woelki in der Schule selbst entgegenarbeiten. „Und
       wenn es nicht im Religionsunterricht geschieht, müssen wir eben andere Orte
       finden.“ Letzteres geht ja in Ordnung – dies ist ein freies Land. Aber als
       Berliner muss man sich immer wieder von neuem glücklich schätzen, dass „Pro
       Reli“ seinerzeit so grandios vor die Wand gefahren ist.
       
       Denn auch wenn sich heute niemand im Ernst vorstellen kann, dass das
       Erzbistum Berlin ein Buch wie „Heirate und unterwerfe dich“ herausbringt:
       Es ist ein und derselbe Verein. Das sollte man nicht vergessen.
       
       16 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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