# taz.de -- Max Dax über Corporate Publishing: „Wie eine gute Spaghetti Bolognese“
       
       > Erstmals erscheint das Telekom-Musikmagazin „Electronic Beats“ in
       > deutscher Sprache am Kiosk. Ein Gespräch mit dem Chefredakteur Max Dax.
       
 (IMG) Bild: Musikerin Alison Goldfrapp. Gleichzeitig Headliner des Festivals und auf dem Cover des Magazins.
       
       taz: Herr Dax, Ihr Magazin Electronic Beats ist von heute an auch mit einer
       deutschen Ausgabe an den Kiosken. Zunächst mal: Warum muss man für ein von
       der Telekom gesponsertes Magazin nun auch noch 4,50 Euro zahlen? 
       
       Max Dax: Ich finde, es ist sein Geld wert. Aber unabhängig davon: Das
       Magazin wird nicht gesponsert, es gehört der Telekom, und das steht auch
       auf dem Cover - das ist ein riesiger Unterschied. Mit der englischen
       Ausgabe gab es zuvor probeweise einen Kioskgang. Wir gaben 4.000 Hefte in
       den Vertrieb und verkauften tatsächlich mehr als die Hälfte – ohne Werbung
       oder so.
       
       Warum gibt es nun die deutsche Ausgabe? 
       
       Die Telekom ist ein deutsches Unternehmen und die Redaktion sitzt in
       Berlin. Der Hauptgrund aber war: Es kamen immer wieder Leute, die
       bedauerten, dass sie nicht alles so einfach verstehen.
       
       Sie haben mal gesagt, Sie seien redaktionell unabhängiger und freier denn
       je, seit sie Chef eines Telekom-Magazins sind. Wie kommen Sie zu dieser
       Aussage? 
       
       Als freier Journalist habe ich für manche Aufträge mehr ausgegeben als ich
       reingekriegt habe. Und als prekär bezahlter Chefredakteur hat man mich in
       der Vergangenheit mit meinen Visionen oft ausgebremst. Ich hatte stets eine
       Marketingabteilung im Nacken, die in die inhaltliche Autonomie
       hineinzureden versucht hat. Es war ein permanenter Kampf um Hoheit. Bei
       Electronic Beats gibt es diesen Kampf nicht.
       
       Bands werden von Jack Daniels oder in Norwegen von Ölunternehmen
       gesponsert, Popdiskurshefte von Modelabels oder
       Telekommunikationsunternehmen. Was bedeutet das für Popkultur als
       subversive Kultur oder Gegenkultur? 
       
       Wir thematisieren im Heft Künstler, die auf den Electronic-Beats-Festivals
       auftreten. Aber in der deutschen Erstausgabe finden sich auch Namen wie
       Christoph Schlingensief, Sun Ra und eine Reportage über die Tarantellen der
       Mafia — die alle nicht von der Telekom gesponsert werden.
       
       Früher, zur Zeit von Joseph Beuys, gab es Kultursponsoring noch nicht, wie
       wir es heute kennen. Heute muss auch fast jedes Museum eine Art von Handel
       eingehen. Und wie bei jedem Handel gilt: Wenn man den erfolgreich
       bestreitet, kann dies einer Kuration den entscheidenden Spin geben. Es ist
       eine Frage, wie man’s macht. Im Idealfall werden wir international zu einem
       Vorbild, das zeigt, was man im Corporate Publishing eigentlich alles
       verwirklichen kann.
       
       Ist Corporate Publishing die Zukunft? 
       
       Corporate Publishing ist auf alle Fälle nicht der Teufel. Keines der
       Modelle, wie Zeitschriften sich refinanzieren, ist per se gut oder
       schlecht. Bei uns thematisieren wir den Umstand des Corporate Publishing
       offensiv, es wird teilweise in den Texten darüber gesprochen.
       
       Sie kriegen einige Themen von der Telekom gesetzt, richtig? 
       
       Ja, das stimmt. Unser Titelinterview mit Alison Goldfrapp zum Beispiel gibt
       es, weil sie in Köln auf einem unserer Festivals Headliner ist.
       
       Trotz dieser Einflussnahme sind Sie inhaltlich sehr weit vom Mainstream weg
       mit Electronic Beats. 
       
       Die englische Ausgabe ist mit diesem mainstreamfernen Inhalt sehr
       erfolgreich. Wir werden weltweit auf das Heft angesprochen - eine schöne
       Anerkennung.
       
       Was ist das Neue an den Formaten? 
       
       Neu ist nichts. Ich wollte immer schon ein sehr gutes Interviewmagazin
       herausgeben. Es wird gesprochen – und sonst nichts. Wir reisen um die Welt
       um diese Interviews möglich zu machen und fotografieren selbst. Ich suche
       immer die Klarheit, vielleicht analog zur sogenannten „reinen“ Küche, die
       auf nicht zu diskutierenden Traditionslinien und erstklassigen Zutaten
       fußt. Wie eine gute Spaghetti Bolognese. Die Basis jedes Texts ist bei uns
       ebenso einfach: Zwei Leute reden miteinander. Das ist die Urform jeder
       Kommunikation.
       
       Bei den „Empfehlungen“ – den Reviews – gibt es oft einen sehr persönlichen
       Zugang. Könnte man das Neuen Subjektivismus nennen? 
       
       Nein, da wehre ich mich gegen. Denn die Autoren, die bei uns zu Wort
       kommen, haben alle einen Namen, sind teilweise weltberühmt und haben somit
       einen gewichtigen Resonanzkörper. Die Empfehlungen sind übrigens nie
       geschrieben, immer basieren sie auf mündlichen Erzählungen, die von einem
       Moderatoren zu Protokollen editiert werden.
       
       Sie haben ziemlich viele alte Protagonisten in Ihrer Ausgabe. 
       
       Ja, wir umarmen jeden Menschen, der die Welt gesehen hat. Wir haben eine
       hohe Dichte an Pionieren im Blatt. Wir interviewen auch viele junge
       Künstler, aber wir sträuben uns gegen den Jugendwahn.
       
       Nostalgie also? 
       
       Nein, wir fordern diese Gesprächspartner ja heraus. Es zählt deren
       Lebenswerk und deren Erfahrung.
       
       Für wen machen Sie das Heft? Haben Sie eine Klientel vor Augen? 
       
       Ich glaube nicht an Zielgruppen. Ich glaube, dass jede Klientel sich ihr
       Medium sucht und nicht umgekehrt. Ich will so überzeugende Arbeit zu
       leisten, dass das Magazin wahrgenommen wird.
       
       Sie werden mit Ihrem Heft nun zum Konkurrenten der „Spex".
       
       Erst durch Konkurrenz kann man besser, kann man mutiger werden und Neues
       ausprobieren. Wir konkurrieren hoffentlich fruchtbar in Auffassungen von
       Layout oder Fotografie.
       
       Obwohl Sie in der Fotografie ja noch am Konventionellsten sind. 
       
       Finden Sie? Nennen Sie mir ein Heft, das so dokumentaristische Porträts
       druckt wie wir.
       
       Naja, dokumentarische Bildstrecken auf den ersten Seiten eines Magazins
       sind jetzt nicht so neu. 
       
       Okay, das stimmt. Aber das sind auch keine Porträts.
       
       Dass Ihr Kioskstart mit dem Ende von „De:Bug" einhergeht, ist reiner
       Zufall? 
       
       Ehrlich gesagt: Ein trauriger Zufall. Ich habe Sascha Kösch auch sofort
       angerufen und ihm gesagt, dass jedem Ende auch ein Anfang innewohnt. Ich
       habe ihm angeboten, Online eine Rubrik einzuführen, die man Re:Bug nennen
       könnte, um einige Autoren aufzufangen und den Gang der De:Bug ins Digitale
       zu begleiten. Mal sehen, was daraus wird.
       
       Lesen Sie noch klassische Musikzeitschriften? 
       
       Keine einzige.
       
       20 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Uthoff
       
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