# taz.de -- Rechtsextreme in Schweden: Neonazis feiern „Rassenkrieg“
       
       > Die neonazistische Bewegung fühlt sich stärker als je zuvor. Gewaltsame
       > Überfälle auf Andersdenkende und politische Gegner haben deutlich
       > zugenommen
       
 (IMG) Bild: Eingang zu einer Moschee in Stockholm.
       
       STOCKHOLM taz | „Ich bat sie, mich in Ruhe zu lassen, zu respektieren, dass
       ich einen gebrochenen Fuß hatte und mich schwer bewegen kann“, erzählt
       Daniel. Wegen seiner Krücken konnte sich der 14-Jährige nicht schnell genug
       vor der heranstürmenden Horde der Neonazis in Sicherheit bringen. „Sie
       sagten, ich sei ein Schwarzschädel und solle deshalb Prügel bekommen.“ Der
       Junge mit den Krücken musste anschließend ins Krankenhaus.
       
       Ähnlich erging es einer Frau im Stockholmer Vorort Rinkeby, die von
       Rechtsradikalen zusammengeschlagen wurde. Naguib, ein IT-Techniker aus
       Ägypten, sagt: „Seit drei Jahren wohne ich in Stockholm und habe gemerkt,
       wie sich das Klima hier verändert.“
       
       In ihren Internetforen feiern die Neonazis solche Überfälle als Beginn des
       „Rassenkriegs“. Und in den Medien tauchen immer öfter Berichte über die
       Aktivitäten der ultrarechten Szene auf. Ein gewaltsamer Überfall auf eine
       friedliche Demonstration in Stockholm, Anfang März in Malmö eine Attacke
       auf eine feministische Frauentagsaktion mit vier Verletzten. Meldungen über
       Hakenkreuzschmierereien an Schulen, Synagogen oder Moscheen liest man
       nahezu wöchentlich.
       
       Die antirassistische Stiftung „Expo“ registriert seit Jahren systematisch
       alle Entwicklungen innerhalb des „organisierten Rassismus“. In ihrem
       jährlichen „Intoleranz-Bericht“ gibt sie eine dramatische Einschätzung der
       Entwicklung: „Insgesamt sehen wir jetzt die umfassendste Mobilisierung der
       nazistischen Bewegung seit Ende des Zweiten Weltkriegs.“
       
       ## Lektionen im „Messerkampf“
       
       Am aktivsten sei derzeit die „Svenskarnas parti“ (Partei der Schweden).
       Laut Parteiprogramm will sie aus Schweden einen „ethnisch homogenen
       Lebensraum“ machen, „unerwünschten Bevölkerungsaustausch“ stoppen und als
       Erstes die Medien von „ethnisch Fremden säubern“. Bei den Parlaments- und
       Kommunalwahlen im September tritt sie in Dutzenden Kommunen an. Drei ihrer
       Mitglieder sitzen derzeit wegen des Messerüberfalls in Malmö unter dem
       Verdacht des Mordversuchs in Untersuchungshaft.
       
       Einer von ihnen war kurz zuvor aus der Ukraine zurückgekehrt. Die Partei
       brüstet sich, mit „Ukrainefreiwilligen“ an der Seite von „Swoboda“ zu
       kämpfen, von der man auch Lektionen im „Messerkampf“ bekommen habe. Auf
       Twitter berichtet einer der „Ukrainefreiwilligen“, wie man derzeit nachts
       in Kiew „militante Antifaschisten“ jage, die „mit Blut zahlen müssen“.
       
       Die noch radikalere „Svensk Motståndsrörelse“ (Schwedische
       Widerstandsbewegung, SMR) will die „nationale Revolution“ und verhöhnt
       „Svenskarnas Parti“ als viel zu lasch. Deren ukrainischen Bündnispartner
       „Swoboda“ kritisiert sie wegen „Inkonsequenz in der Judenfrage“.
       
       ## „Doppeltes“ Wahljahr in Schweden
       
       Ausgerechnet am 9. November letzten Jahres erlaubte die Polizei der SMR
       eine Veranstaltung aus Solidarität mit der faschistischen griechischen
       „Goldenen Morgenröte“. Knapp hundert Personen zogen am 75. Jahrestag der
       Reichspogromnacht „Adolf Hitler“ skandierend durch Stockholms Innenstadt.
       In ihren Foren berichten sie von „Wehrsportübungen“ mit russischen und
       ungarischen Faschisten. Das Gewaltpotenzial der SMR ist hoch: Zwei
       Mitglieder sind schon 1999 wegen der Ermordung eines Gewerkschafters
       verurteilt worden.
       
       Als Gründe für die wachsenden Neonaziaktivitäten nennt Anna-Sofia Quensel
       von „Expo“ das „doppelte“ Wahljahr in Schweden – EU- und Parlamentswahlen
       –, den allgemeinen Rechtstrend in Europa und den Einzug der rassistischen
       Partei „Schwedendemokraten“ in den Reichstag 2010: „Es ist leichter
       geworden, rassistische Botschaften zu verbreiten, die Grenzen dessen, was
       man ’sagen darf‘, haben sich verschoben.“
       
       Und „Expo“-Vorsitzender Daniel Poohl spricht von einer „Extremismustreppe“:
       „Für die, denen die ’Schwedendemokraten‘ nicht radikal genug sind, gibt es
       die ’Partei der Schweden‘, und für die, die gar nicht an Wahlen glauben,
       die SMR. Diese Gruppen servieren ein appetitliches Buffet und es gibt
       offenbar Hunger.“
       
       26 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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