# taz.de -- Chinas KP- und Staatschef in Berlin: 

Frieden und Glückskekse
       
       > Xi Jinping besucht Angela Merkel: China und Deutschland vereinbaren eine
       > „umfassende strategische Partnerschaft“ mit künftigem Sicherheitsdialog.
       
 (IMG) Bild: Xi Jinping und Angela Merkel im Kanzleramt.
       
       BERLIN taz | Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat am Freitag Nachmittag in
       Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart, die strategische
       Partnerschaft beider Länder zu einer „umfassenden strategischen
       Partnerschaft“ auszubauen. Diese soll neben den jährlichen
       Regierungskonsultationen regelmäßige Gespräche „zu regionalen und globalen
       politischen und sicherheitspolitischen Fragen“ beinhalten, heißt es in
       einer gemeinsamen Erklärung.
       
       Beide Regierungen wollen sich international stärker abstimmen. Die
       Außenminister sollen bis zum Herbst Vorschläge für einen Aktionsplan
       ausarbeiten. Bis dahin bleibt die Vereinbarung wolkig. China hatte sich im
       UN-Sicherheitsrat beim Votum über Russlands Vorgehen in der Krim enthalten
       und so Moskau sein Missfallen ausgedrückt. Westliche Strategen begannen
       schon zu frohlocken, Chinas Außenpolitik würde sich jetzt von Moskau weg
       und zum Westen hin orientieren.
       
       Xi, dessen wichtigere Ämter die des KP-Chefs und des Vorsitzenden der
       zentralen Militärkommission sind, hielt sich bei der Pressekonferenz mit
       Merkel trotz Nachfrage bedeckt. Er betonte nur Chinas Prinzipien der
       Wahrung staatlicher Souveränität und der Nichteinmischung in innere
       Angelegenheiten. Wie Peking damit umgeht, wenn die Prinzipien kollidieren,
       sagte er so wenig wie er Russland kritisieren wollte. Die Kanzlerin kam von
       sich aus zügig auf die Menschenrechte zu sprechen. „Wir sind auch in der
       Lage, unterschiedliche Meinungen auszutauschen,“ sagte sie und betonte
       gegenüber Xi die Wichtigkeit der freien Meinungsäußerung.
       
       Schon am Mittag hatte Bundespräsident Joachim Gauck gegenüber Xi
       rechtsstaatliche Reformen angemahnt und die Universalität der
       Menschenrechte betont. Ob Gauck und Merkel damit etwas bewirkten, blieb
       offen. Xi schien das Thema Menschenrechte lächelnd an sich abperlen zu
       lassen. Schon vorher hatte er in einem Artikel klargemacht, dass die
       Bedingungen in einem Land nicht mit denen in einem anderen vergleichbar
       seien. Unterschiedliche Bedingungen und Herangehensweisen seien zu
       akzeptieren. 
       
       Xi betonte immer wieder, wie gut die bilateralen Beziehungen seien. Doch
       durch intensivere Zusammenarbeit zum Nutzen aller könnten sie noch besser
       werden. „Wer einzeln arbeitet addiert, wer zusammen arbeitet
       multipliziert,“ lautete einer seiner Sprüche. In einem als außenpolitischer
       Grundsatzrede angekündigten Auftritt vor der Körber-Stiftung betonte Xi am
       Abend Chinas friedliche Absichten: „Chinas 5.000 Jahre alte Kultur ist
       schon immer eine friedliche Kultur.“ Dies gehört in der Volksrepublik zum
       nationalen Narrativ, stößt bei Nachbarn wie Vietnam aber auf Widerspruch.
       
       ## Betonung des Glücksgefühls
       
       „China strebt nach Frieden, Eintracht und Harmonie,“ war ein anderer Satz
       Xis. Ebenso fehlte nicht seine Losung vom „chinesischen Traum“, den er als
       „Chinas Renaissance“ definiert. Noch nicht so abgenutzt war in seiner Rede
       die Betonung des Glücksgefühls und damit die Erkenntnis, dass Wohlstand
       allein nicht ausreiche. Vor der Reise hatte Xi ursprünglich den Wunsch
       geäußert, das Holocaust-Denkmal zu besuchen. Das wurde in Berlin als
       Versuch der Instrumentalisierung gewertet, um anhand deutscher
       Vergangenheitsbewältigung Japan zu beschuldigen, dabei versagt zu haben.
       
       Die Bundesregierung ließ das Denkmal deshalb nicht in das offizielle
       Besuchsprogramm aufnehmen. Stattdessen erwähnte Xi jetzt in seiner Rede
       John Rabe. Der Deutsche hatte im Dezember 1937 in der Stadt Nanking einer
       Schutzzone vorgestanden und so tausende Chinesen vor der Ermordung durch
       Japans Militär gerettet. Auch war er Chinas Kronzeuge japanischer
       Kriegsgräuel. Xi nannte auch die Opiumkriege vom 19. Jahrhundert, weshalb
       China heute „selbstverständlich sein Interesse der Souveränität und
       Sicherheit entschlossen wahrnehmen“ werde.
       
       Sorgen der Nachbarländer vor Chinas Aufrüstung wischte er mit der Bemerkung
       zur Seite: „Das ist ganz normal für ein so großes Land so einen
       Verteidigungshaushalt zu haben. Das entspricht Chinas Bedarf.“ China
       entwickele sich keinesfalls auf Kosten anderer. „Wir werden unser Süppchen
       nicht am Feuer anderer kochen,“ lautete ein anderer Spruch, der fast von
       einem chinesischen Glückskeks hätte stammen können. „Leider hat Xi in
       seiner Rede nichts neues gesagt,“ kommentierte Professor Eberhard
       Sandschneider, China-Experte und Forschungsdirektor der Deutschen
       Gesellschaft für Auswärtige Politik, gegenüber der taz.
       
       ## Mehr Strategien, weniger Sprichwörter
       
       „Er hat keine neue Idee oder neuen Ansatz vertreten. Ich hätte gern mehr
       über chinesische Strategien erfahren und weniger deutsche Sprichwörter
       gehört.“ Das Besondere an Xis Auftritt war vor allem, dass er sich
       überhaupt darauf eingelassen hatte, zu mehreren hundert Deutschen
       öffentlich zu reden und noch zwei Fragen des Moderators zu beantworten. Auf
       so einen Auftritt hätte sich sein steifer Vorgänger Hu Jintao nie
       eingelassen. Xi war dagegen die ganz Zeit souverän. 
       
       Im Kanzleramt hatte er zuvor mit Merkel der Unterzeichnung von 18 Verträgen
       beigewohnt, darunter mehrere der Autoindustrie. Auch soll die Frankfurter
       Börse künftig eine wichtige Rolle im internationalen Yuan-Handel spielen.
       In Shanghai wird ein weiteres Goethe-Institut aufmachen und in Düsseldorf
       ein chinesisches Konsulat. Am Samstag reist Xi nach Düsseldorf weiter und
       am Nachmittag nach Duisburg. Dort wird er symbolisch den Güterzug in
       Empfang nehmen, der seit 2011 bis zu dreimal die Woche die gut 10.000
       Kilometer vom zentralchinesischen Chongqing zurücklegt.
       
       29 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) China
 (DIR) Deutschland
 (DIR) Xi Jinping
 (DIR) Ai Weiwei
 (DIR) Ai Weiwei
 (DIR) China
 (DIR) Russland
 (DIR) Friedensforschung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kunst in China: „Widerstand überm Sofa“
       
       Der Name Ai Weiwei ist hierzulande Synonym für chinesische Gegenwartskunst.
       Doch die Szene des Landes ist wesentlich vielfältiger.
       
 (DIR) Ai Weiwei im Gespräch: „Ich will meinen Pass!“
       
       Er darf nicht aus dem Land, also öffnete er sein Studio. Ai Weiwei erklärt,
       warum er sich nicht für politisch hält. Als Geschenk gestaltete er den
       Titel der taz.
       
 (DIR) Debatte Deutschlands China-Politik: Ewig grüßt die Doppelmoral
       
       Solange die Deutschen weiter Panzer nach Saudi-Arabien liefern, wird
       Merkels Kritik an Chinas Menschenrechtspolitik ins Leere laufen.
       
 (DIR) Militärpolitik in Russland: Die Erben der Roten Armee
       
       Putin beendet die Ära der Massenmobilisierung und setzt auf eine
       Kombination aus Atomwaffen und Eliteeinheiten: Eine Schlankheitskur für die
       Armee.
       
 (DIR) Friedensforscher über Sanktionen: „Prestige kommt gleich nach Gold“
       
       Für den Friedensforscher Wolfgang Zellner sind Sanktionen der Weg in eine
       Eskalationsspirale. Einige Signale sollte die Regierung damit aber trotzdem
       an Russland senden.