# taz.de -- Netzaktivist über den Datenklau: „Emails an sich sind schon Quatsch“
       
       > Die 18 Millionen geklauten Passwörter sind das geringste Problem, meint
       > Carlo von Lynx. Seine These: In zehn Jahren will niemand mehr Mails
       > schreiben.
       
 (IMG) Bild: Ist hübsch, braucht aber auch keiner mehr: Telefon mit Wählscheibe
       
       taz: Herr von Lynx, 18 Millionen geklaute Datensätze – ist das eine neue
       Dimension der Unsicherheit im Netz? 
       
       Carlo von Lynx: Nein. Neu ist nur, dass der Umfang des Datenklaus öfter
       bekannt wird. Den Datenschwarzmarkt gab es schon, ehe es das Internet gab.
       Das fing in den 80er Jahren charmant an. Damals wurden über dunkle Wege
       Zugänge zum sogenannten Datex P-Netzwerk angeeignet und ausgetauscht.
       Datex-P war ein Vorläufer des Internets, wer es nutzen wollte, brauchte
       einen kostenpflichtigen Zugang. In Hackerkreisen verschaffte man sich den
       illegal. Das hatte die Konnotation, sich die Freiheit des Netzes zu
       erkämpfen. Heute sehen wir, dass kriminelle Banden sich Zugangsdaten für
       kommerzielle Zwecke aneignen. 
       
       Also alles kalter Kaffee. Sind die Nutzer zu doof, um auf ihre Daten
       aufzupassen? 
       
       Nein. Sobald Sicherheitsmaßnahmen aufwendig sind, hat der Mensch die
       Tendenz, sie nicht zu ergreifen. Es wäre kleinlich, ihm das übel zu nehmen.
       Die Systeme müssen so gebaut sein, dass man bestimmte Fehler nicht machen
       kann. Es ist also an den Entwicklern, die Sicherheitsaspekte ebenso wie die
       Psychologie der Nutzung zu erkennen und zu berücksichtigen. Bei der
       Entwicklung des Email-Systems wurde das unterlassen. Es ist ein veraltetes
       System, das gerade dabei ist, sich abzuschaffen. 
       
       Wie meinen Sie das? 
       
       Das Email-System, das wir nutzen, ist grundlegend falsch konzipiert. Das
       ist an sich schon Quatsch. Es ist einfach, Emails abzufangen, zu
       manipulieren und umzuleiten. Aber es ist schwer, dieses System jemals
       sicher zu bekommen. Derzeit werden alle Emails, die wir veschicken, in
       einer großen Datenbank gespeichert. Sie nennt sich XKeyscore und gehört der
       NSA. Man sollte also Emails nicht benutzen, um damit private oder
       geschäftliche Dinge zu klären. Das kann nicht die Technologie der Zukunft
       sein.
       
       Sondern? 
       
       Die Mailsysteme der Zukunft werden so etwas wie Facebook nachbauen müssen –
       aber ohne den zentralisierten, kommerziellen Überwachungsaspekt. In allen
       sicheren Formen von elektronischer Kommunikation erzeugt sich der Nutzer
       eine kryptografische Identität, also einen Schlüssel. Der Schlüssel ist die
       Grundlage, um überhaupt zu kommunizieren. Ein solches System muss
       ermöglichen, dass Nutzer die Hoheit über ihre Daten behalten und dennoch
       die Vorteile genießen, die etwa Facebook bietet. Daran arbeiten wir
       derzeit. 
       
       Klingt gut. Macht auch jemand mit? 
       
       Die Schwierigkeit, die wir überwinden müssen, ist, dass sich kaum
       Unternehmen daran beteiligen, solch offene Software zu entwickeln. Dafür
       steigen seit der NSA-Affäre allerdings die Fördermittel aus den
       öffentlichen Töpfen und das Interesse an solchen sicheren
       Alternativtechnologie wächst exponentiell. Ich prognostiziere: In zwei
       Jahren haben wir gute Produkte in der Hand, in zehn Jahren braucht niemand
       mehr Mails oder Facebook.
       
       7 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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