# taz.de -- Kreuzberger Flüchtlingscamp: Der Oranienplatz ist Geschichte
       
       > Am Tag eins nach dem Abbau des Camps ist klar: Eine Neubesetzung werden
       > Polizei und Bezirk nicht zulassen. Drei Flüchtlinge setzen den Protest
       > auf einem Baum fort.
       
 (IMG) Bild: Polizisten beobachten eine Pressekonferenz am Mittwochvormittag.
       
       „Wir bleiben hier, bis unsere Forderungen erfüllt sind.“ Patras Bwansi
       steht am Mittwochvormittag mit sechs weiteren Flüchtlingen bei einer
       improvisierten Pressekonferenz auf dem Oranienplatz. Nicht dort, wo
       eineinhalb Jahre lang das Camp stand – der Platz ist mit Bauzäunen
       abgesperrt. Räumfahrzeuge fahren den letzten Schutt ein. Auch das breite
       Mittelstreifen-Grün darf niemand betreten: Polizeibusse und rund 100
       -beamte sichern den ganzen Bereich ab. Die Flüchtlinge und ihre
       Unterstützer versammeln sich einen Tag nach Abriss des Zeltlagers an der
       gegenüberliegenden Bushaltestelle und auf den nahen Bänken im Grünstreifen.
       
       Patras Bwansi gehört zu jener Gruppe von Flüchtlingen, die vor eineinhalb
       Jahren aus Protest gegen die deutsche Flüchtlingspolitik von Würzburg nach
       Berlin gelaufen sind. „Keine Abschiebungen, keine Lager, keine
       Residenzpflicht, das waren unsere Forderungen, und die sind nicht erfüllt“,
       beklagt er. „Die Gruppe, die am Dienstag in ein Hostel gezogen ist, besteht
       aus Lampedusa-Flüchtlingen. Sie kamen später als wir und haben sich von den
       Deutschen mit 100 Euro kaufen lassen“, kritisiert Bwansi. „Wir sind nicht
       käuflich.“
       
       Gegen Mittag hat sich an der Bushaltestelle am Oranienplatz eine Traube von
       rund 30 Menschen versammelt. Flüchtlinge und Unterstützer diskutieren mit
       Polizisten: Warum man nicht wie vereinbart in den Infocontainer dürfe? „Ihr
       habt uns unser Zuhause genommen, gebt uns ein anderes“, sagt ein junger
       Mann. Die Polizisten sind freundlich, auch wenn einige Flüchtlinge
       ausfallend werden und die Beamten – sichtlich verzweifelt – anbrüllen. In
       der Sache allerdings gibt es kein Zurückweichen: Sie hätten Order,
       niemanden auf den Platz zu lassen, erklärt ein Pressesprecher. Wann der
       Infopoint eröffnet werde, entscheide allein der Bezirk.
       
       Mitten auf dem Platz befinden sich nur noch drei Flüchtlinge. Sie harren
       seit Dienstagmittag ohne Wasser, Nahrung und Decken auf einer Platane aus.
       Unter ihnen ist auch Napuli Langa, eine der Sprecherinnen der Bewegung.
       „Sie ist dort aus Protest, weil sie das Versammlungszelt abgerissen haben“,
       erklärt die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram, die die halbe Nacht vor Ort
       war. Langa war Teil der Delegation, die mit Senatorin Dilek Kolat
       verhandelt hat. Dabei war auch vereinbart worden, dass Info- und
       Versammlungszelt stehen bleiben dürfen, um den Protest sichtbar fortführen
       zu können. „Napuli will mit Kolat reden, vorher kommt sie nicht runter“,
       sagt Bayram.
       
       Die anderen Flüchtlinge würden die Baumbesetzer gerne mit Lebensmitteln
       versorgen. Das lässt die Polizei nicht zu. Die Protestierer könnten gerne
       herunterkommen. „Darin hindern wir sie nicht.“ Aber zu ihnen dürfe niemand.
       
       Wann der Infocontainer wiedereröffnet werden kann, kann auch
       Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) noch nicht sagen. Erst
       müssten Fachleute vom Grünflächenamt kommen und die Schäden begutachten und
       die Schädlingsbekämpfung angehen. Das könne gut und gerne vier Wochen
       dauern – aber auch ganz schnell gehen.
       
       Ob die sieben Protestler um Bwansi mit ihrem „Wir bleiben hier“ eine
       erneute Besetzung des Oranienplatzes meinen, ist nicht ganz klar. Sicher
       ist: Eine Wiederbesetzung wird die Polizei nicht zulassen. Diese Erkenntnis
       macht sich gegen Nachmittag auch unter den Aktivisten breit: Laut Bayram
       beruhigt sich nach und nach die Stimmung, die Versammlung an der
       Bushaltestelle verläuft sich. Einige Menschen hätten ein Platzverbot
       bekommen, aber die Polizei habe auch ihr Aufgebot reduziert, so Bayram zur
       taz.
       
       Am heutigen Donnerstag ist die Flüchtlingspolitik Thema im
       Abgeordnetenhaus. Klaus Wowereit (SPD) hat dazu eine Regierungserklärung
       angekündigt – eine seltene Sache, die bislang letzte gab es im September
       2012.
       
       ## Berichte SEITE 22, Porträt SEITE 2
       
       9 Apr 2014
       
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