# taz.de -- US-Gesundheitsministerin tritt zurück: 1808 Tage durchgehalten
       
       > Die US-Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius ist zurückgetreten – weil
       > die Gesundheitsreform ihres Chefs Panne an Panne reiht.
       
 (IMG) Bild: Sebelius war wegen des Chaos um die Gesundheitsreform „Obamacare“ bereits 2013 im Herbst heftig in die Kritik geraten
       
       NEW YORK taz | 1808 Tage lang hat Kathleen Sebelius den Kopf hingegehalten,
       um die umstrittenste Reform der letzten Jahrzehnte in den USA durch Stürme
       und Pannen zu begleiten. Am Donnerstag hat die Gesundheitsministerin ihren
       Rücktritt erklärt.
       
       Wenige Tage zuvor konnte Barack Obama einen Erfolg aus dem Kernstück seiner
       Politik vermelden: Mehr als 7,5 Millionen Menschen haben bis 31. März eine
       neue Krankenversicherung abgeschlossen – das sind mehr, als ursprünglich
       erwartet. Als der Präsident das Ereignis vom Rosengarten des Weißen Hauses
       aus verkündete, stand die silberhaarige Gesundheitsministerin schon nicht
       mehr neben ihm.
       
       Sebelius Rücktritt erfolgt sechs Monate nachdem die Webseite für die
       Gesundheitsreform wegen hausgemachter elektronischer Fehler wochenlang
       nicht funktionierte. [1][Healthcare.gov] war blockiert, schmiss
       BewerberInnen für eine neue Krankenversicherung heraus, oder baute sich
       erst gar nicht auf den Bildschirmen von InteressentInnen auf. „Kathleen
       Sebelius ist nicht die Internet-Expertin dieser Regierung“, sagte Obama
       damals. Öffentlich hat er seine Gesundheitsministerin nicht kritisiert.
       
       Sebelius, einst Gouverneurin von Kansas, war im Wahlkampf 2008 eine von
       Obamas ersten starken UnterstützerInnen gegen Hillary Clinton. Aber hinter
       den Kulissen soll Obama wütend über die Pannenserie bei der Einführung der
       Webseite gewesen sein. Bei Hearings im US-Kongress und in Interviews
       übernahm die Gesundheitsministerin tapfer die die volle Verantwortung. „Ich
       bin rechenschaftspflichtig“, sagte sie.
       
       „Erschwingliche Gesundheitsversorung“ heißt die Reform, für deren
       Einführung und Umsetzung sie zuständig war, offiziell. Sie soll zig
       Millionen von NiedrigverdienerInnen und Nichtversicherten Zugang zu
       Versicherung und medizinischer Versorgung verschaffen.
       
       ## Sozialismus und Diktat
       
       Sie schafft eine Versicherungspflicht für die Mehrheit der US-BürgerInnen.
       Sie beendet die Ausschlussregelungen, mit denen Versicherungen es zuvor
       ablehnen konten, RisikopatientInnen zu akzeptieren. Und sie verpflichtet
       Versicherungen, junge Leute, die noch in der Ausbildung sind, bis zum Alter
       von 26 zu behalten.
       
       Republikanische Oppositionelle liefen von Anfang an Sturm gegen die Reform.
       Sie nannten sie: „Diktat“, und: „Sozialismus“ und „Obamacare“. Suchten
       immer neue Wege, sie juristisch anzufechten - unter anderem, weil es gegen
       die Meinungsfreiheit von religiösen ArbeitgeberInnen verstoße, wenn sie
       ihren Beschäftigten Versicherungen zahlen müssen, die auch für Verhütung
       sorgen. Und sie bestritten mehrere Wahlkämpfe mit der Verteidigung des
       "freien Amerikas" gegen "Obamacare".
       
       Vor den im November anstehenden Kongresswahlen, den sogenannten
       Halbzeitwahlen, schwingen die RepublikanerInnen erneut die Keule
       „Obamacare“. Gegenwärtig argumentieren sie, dass Versicherte ihre alten
       Ärzte verlieren und dass sie höhere Beiträge zahlen müssen.
       
       Von dem Rücktritt der Gesundheitsministerin wollen sie sich nicht
       beeindrucken lassen. „Egal, wer das Ministierum führt, Obamacare bleibt
       eine Katastrophe“, erklärt Reince Priebus, Chef des Republican National
       Committee.
       
       Als Nachfolgerin von Sebelius, die es trotz der Anfechtungen 500 Tage
       länger als die meisten GesundheitsministerInnen im Amt ausgehalten hat,
       nominierte Präsident Obama seine gegenwärtige Haushaltschefin im Weißen
       Haus, Sylvia Mathews Burwell. Bevor die 48-jährige Burwell übernehmen kann,
       muss jedoch noch der Senat zustimmen.
       
       11 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.healthcare.gov
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Obamacare
 (DIR) USA
 (DIR) USA
 (DIR) USA
 (DIR) USA
 (DIR) New Jersey
 (DIR) Shutdown
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) US-Gerichtshof zur Gesundheitsreform: Ein Urteil alter Herren
       
       Die Richter höhlen Obamacare aus: „Religiöse Gefühle" von Firmenchefs
       wiegen künftig schwerer als das Recht von Frauen auf Familienplanung.
       
 (DIR) Haushaltsentwurf in den USA: Auf einmal geht es doch
       
       Das US-Repräsentantenhaus hat den Kompromiss für einen Haushalt angenommen.
       Nun bricht der Streit innerhalb der Republikaner offen aus.
       
 (DIR) Gesundheitsreform in den USA: Obama macht Zugeständnisse
       
       Nachdem sich viele US-Amerikaner nicht bei „Obamacare“ anmelden konnten,
       wird jetzt nachgebessert. Die Regierung reagiert damit auf Kritik von allen
       Seiten.
       
 (DIR) Gesundheitsreform in den USA: Fehlstart für Obamacare
       
       Nur rund 100.000 US-Amerikaner haben sich bisher für die neue
       Krankenversicherung eingeschrieben. Bis März 2014 sollen es sieben
       Millionen sein.
       
 (DIR) Wahlen in den USA: Vielerlei Veränderungen
       
       Nach 20 Jahren bekommt New York City wieder einen demokratischen
       Bürgermeister. Auch in anderen Städten und Staaten wurde für den Wechsel
       gestimmt.
       
 (DIR) US-Zahlungsunfähigkeit abgewendet: Vorläufiges Ende einer Zitterpartie
       
       Der US-Shutdown ist beendet. Die Tea Party stimmt gegen den Kompromiss –
       und kündigt an, Obamacare weiter zu bekämpfen.