# taz.de -- Umstrittener Service: Zum Amt wie zum Arzt
       
       > Ohne Termin können Bürger neuerdings in Ortsämtern weggeschickt werden.
       > Die Terminregel soll Wartezeit ersparen. Die FDP kritisiert den
       > Mehraufwand für die Kunden.
       
 (IMG) Bild: In einigen Ortsämtern stillgelegt: Automat für Wartenummern.
       
       Diese Neuerung kommt für viele Bürger Hamburgs überraschend. Wer beim
       Ortsamt Papiere beantragen will, braucht dafür einen zuvor im Internet oder
       per Telefon reservierten Termin. Wer dies nicht weiß, geht mindestens
       einmal umsonst zu einem der 20 bezirklichen Kundenzentren, wie die
       Ortsämter seit einigen Jahren heißen.
       
       Im Kundenzentrum Rahlstedt zum Beispiel klebten am Donnerstag folgende
       Zettel neben dem Schild mit den Öffnungszeiten: „Sehr geehrte Kundin, sehr
       geehrter Kunde, wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass wegen des
       hohen Terminaufkommens keine Gewährleistung gegeben werden kann, Ihr
       Anliegen außerhalb der vergebenen Termine bearbeiten zu können.“ Und direkt
       darunter heißt es kurz und deutlich: „Geöffnet nur für Terminkunden!“
       
       Das sei jetzt seit März in ganz Hamburg so, sagt die Frau im
       Kassenhäuschen, die den Frust einiger Rentner abfangen muss. Eine ähnliche
       Szene Anfang April im Ortsamt St. Pauli. Der Automat, aus dem man früher
       die Wartenummern zog, ist überklebt mit Zetteln, die auf die Terminpraxis
       hinweisen. Eine junge Frau bettelt den Mann am Infotresen an und kommt noch
       dran, um ihre Meldeangelegenheit zu regeln. Die zwei Kunden hinter ihr
       werden mit einem Termin wieder weggeschickt.
       
       Diese Neuerung wurde am 18. Februar von Thomas Völsch (SPD) vorgestellt,
       Chef des Bezirkes Harburg, der in dieser Sache die Federführung hat.
       Allerdings sprach Völsch davon, dass Bürger die „Chance“ hätten, einen
       Termin zu vereinbaren, um Wartezeiten zu vermeiden. Begleitet wurde die
       Umstellung von einer 11.000 Euro teuren Plakat-Werbekampagne mit dem
       flotten Spruch „Tschüss Wartezeit“. Terminkunden würden „vorrangig
       bedient“, heißt es in der Pressemeldung, Bürger ohne Termin würden „so
       zeitnah wie möglich mit einem Termin versorgt“.
       
       Dass aus dem Angebot der Terminbuchung ab dem 17. März die Regel werden
       sollte, berichtete ein paar Tage später das Abendblatt. „Das wird wie beim
       Arzt sein, wenn man keinen Termin hat“, so eine Bezirkssprecherin. Man
       komme dran, aber mit entsprechender Wartezeit.
       
       Doch das passt nicht zu dem Schild aus Rahlstedt. Was nun gilt, dazu sind
       die Aussagen etwas vage. Gegenüber der taz erklärte Harburgs Sprecherin
       Beatrice Göhring, komme jemand ohne Termin, „kann man sehen, ob es möglich
       ist, dass er dazwischen geschoben wird“. Und im Bezirk Wandsbek, zu dem
       Rahlstedt gehört, versichert eine Sprecherin verbindlich, es kämen weiter
       Kunden ohne Termin dran. „Das soll parallel laufen.“
       
       Der FPD-Abgeordnete Kurt Duwe hat eine schriftliche Anfrage gestellt, in
       der er wissen will, ob die Terminreservierung eine Sparmaßnahme ist.
       Außerdem fragt er nach, wie die Bevölkerung aufgeklärt wurde und ob es denn
       „Handlungsanweisungen“ gäbe. Es sei hier paradoxerweise etwas als
       freundliche Empfehlung verkauft worden, was in Wirklichkeit für den Bürger
       eine „nicht ausgesprochene Terminpflicht“ und damit auch einen
       „Mehraufwand“ bedeute, so der Freidemokrat.
       
       Bei ihm hätten sich Bürger beschwert, die über eine Woche auf den im
       Internet gebuchten Termin warten mussten. Auch würden die Terminanfragen
       auf Kundenzentren in der ganzen Stadt verteilt. De facto müsse sich nun
       „der Bürger an den Bedürfnissen der Kundenzentren orientieren“.
       
       21 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bezirke
 (DIR) Verwaltung
 (DIR) St. Pauli
 (DIR) Verdi
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kolumne Fremd und befremdlich: Im Nirwana
       
       Mein Besuch in einem Kundenzentrum der Stadt Hamburg wurde zu einer
       verdichteten Erfahrung von Ruhe und Stillstand.
       
 (DIR) Kundenzentrum zieht um: St. Pauli macht dicht
       
       Das Kundenzentrum St. Pauli wird voraussichtlich in einem Jahr geschlossen.
       Es soll dann mit ins zukünftige Bezirksamt im ehemaligen
       Axel-Springer-Gebäude
       
 (DIR) Warten auf dem Amt: Kundenzentren sind überfordert
       
       Seit die Stadt Termine online vergibt, muss man auf dem Ortsamt noch länger
       warten. Jetzt sollen es 20 neue Stellen richten –gebraucht würden laut
       Ver.di 100.