# taz.de -- „Affirmative action“ in den USA: Gleich und gleicher
       
       > Der Supreme Court kippt die „Minderheitenförderung“ an öffentlichen
       > Universitäten in den USA. Ein weiterer Erfolg für die Konservativen.
       
 (IMG) Bild: Die meisten Richter am Obersten US-Gericht sind von konservativen Präsidenten ernannt
       
       In einer idealen Welt wären Quoten überflüssig. Da hätten schwarze und
       lateinamerikanische StudentInnen dieselben Chancen auf Zugang zu
       akademischen Institutionen wie Weiße. Allein die Person und die persönliche
       Leistung würden ausreichen. Niemand bräuchte eine spezielle Förderung.
       
       Aber das Oberste Gericht befindet sich in den realen USA, wo die
       Segregation auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der
       Bürgerrechtsbewegung fortlebt. Am Dienstag haben die RichterInnen mit sechs
       zu zwei Stimmen entschieden, dass der Bundesstaat Michigan das Recht hat,
       die Förderprogramme für „Minderheiten“ an seinen öffentlichen Universitäten
       zu verbieten.
       
       Eine der beiden Frauen, die dagegen stimmten, begründete anschließend in
       einem leidenschaftlichen 58 Seiten langen Text ihre Gegenmeinung. „Sie
       versuchen, die offensichtliche ethnische Ungleichheit wegzuwünschen“,
       schreibt Sonia Sotomayor über ihre Richter-Kollegen. Sie weiß, wovon sie
       spricht: Sie ist die erste „Latina“ im Obersten Gericht. Sie ist in der
       Bronx aufgewachsen. Und sie stammt aus einer Familie aus Puerto Rico. Sie
       sagt, dass sie den Zugang zu der Eliteuniversität Princeton dank der
       „affirmative action“ geschafft hat.
       
       „Affirmative actions“ sind Fördermaßnahmen – oder positive
       Diskriminierungen –, die gezielt Angehörige von benachteiligten
       Minderheiten unterstützen. Dazu gehören unter anderem Quoten für
       Universitäten und für die Arbeitssuche sowie Subventionen auf dem
       Wohnungsmarkt. Die „affirmative actions“ sind seit den 60er Jahren
       entstanden. Die getrennten Schulbusse, die getrennten Bars und die Verbote
       von ethnisch gemischten Ehen wurde per Gesetz aufgehoben. Die „affirmative
       actions“ sollten den Angehörigen der „Minderheiten“ auch den Zugang zu den
       Bildungsinstitutionen und Arbeitsplätzen öffnen. Es war ein Versuch, ein
       wenig Gerechtigkeit nach Jahrhunderten der Sklaverei und anderer
       Misshandlungen zu schaffen.
       
       ## Andere Staaten werden folgen
       
       In den vergangenen Jahren haben konservative PolitikerInnen quer durch die
       USA versucht, diese in der Aufbruchszeit nach der Bürgerrechtsbewegung
       entstandenen Regeln und Gesetze zu kippen. Dabei haben sie bereits
       zahlreiche Erfolge erzielt. Unter anderem kippte das Oberste Gericht vor
       mehreren Monaten die Regel, wonach die Wahlgesetze einiger Südstaaten vom
       Bundesjustizministerium abgesegnet werden müssen. Seither arbeiten noch
       mehr republikanische Bundesstaaten als zuvor daran, das Wahlrecht für
       „Minderheiten“, die in der Regel eher demokratisch wählen, mit neuen
       bürokratischen Schikanen zu erschweren. Unter anderem führen sie
       zusätzliche Ausweispflichten ein, bei denen WählerInnen Papiere vorlegen
       müssen – wie einen Führerschein –, die die Ärmsten im Lande oft nicht
       haben.
       
       Michigan ist einer von mehrere Bundesstaaten, die die „affirmative action“
       an ihren Universitäten eingeschränkt haben. Seither beobachten
       BürgerrechtsaktivistInnen, dass an den betroffenen Universitäten die Zahl
       der StudentInnen aus „Minderheiten“ zurückgehen. Nach dem Entscheid des
       Obersten Gerichts von dieser Woche ist zu erwarten, dass weitere
       Bundesstaaten dem Vorbild von Michigan folgen werden.
       
       Die Mehrheit der RichterInnen im Obersten Gericht ist von republikanischen
       Präsidenten ernannt worden. Sotomayor ihrerseits ist vor viereinhalb Jahren
       von Barack Obama in das Gericht geschickt worden. Doch die Meinungen zu den
       „affirmative actions“ verlaufen nicht unbedingt parallel zu den
       traditionellen Lagern. Sie werden an vielen Stellen kontrovers diskutiert.
       
       Der Begriff „Minderheiten“ allerdings wird schon in wenigen Jahren seine
       Hautfarbe ändern. Irgendwann nach dem Jahr 2030 wird die weiße Bevölkerung
       der USA die neue Minderheit sein.
       
       23 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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