# taz.de -- Nach dem Massaker im Südsudan: Leichenberg und Sonnenschein
       
       > Pünktlich zur Eskalation im Südsudan kommt US-Außenminister Kerry zum
       > Friedensverhandlungsort Äthiopien.
       
 (IMG) Bild: Bentiu, Südsudan, Ostersonntag.
       
       BERLIN taz | Wenn US-Außenminister John Kerry heute nach Afrika reist,
       steht seine Tour ganz im Zeichen der erneuten Eskalation des Bürgerkrieges
       im Südsudan. Der jüngste Staat der Welt, der seine Existenz maßgeblich der
       US-Unterstützung des zur Unabhängigkeit im Jahr 2011 führenden
       Friedensprozesses verdankt, steht nach den Massakern an Hunderten Menschen
       in der Stadt Bentiu durch mutmaßliche Kämpfer des Rebellenführers Riek
       Machar vor Ostern offenbar endgültig vor dem Abgleiten in einen
       generalisierten Bürgerkrieg – der auch über die Grenzen schwappen könnte.
       
       Denn wie inzwischen klar ist, trafen die von der UN-Mission im Südsudan
       (Unmiss) bestätigten Massaker an Hunderten Zivilisten in Bentiu nach der
       Einnahme der Stadt durch Rebellen am 15. April nicht in erster Linie
       Südsudanesen, sondern Sudanesen. Die Rebellen vom Volk der Nuer zielten
       nicht wie sonst bloß auf die Dinka von Südsudans Präsident Salva Kiir,
       sondern auf Ausländer, vor allem aus Sudans Unruheregion Darfur.
       
       Nach anfänglichen Dementis erklärten die Rebellen am Freitag, die meisten
       Toten seien, sofern nicht „im Kreuzfeuer“ gestorben, Kämpfer der
       Darfur-Rebellenbewegung JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit)
       gewesen. Die habe Truppen nach Südsudan zur Unterstützung der Regierung
       entsandt.
       
       JEM-Kämpfer hätten in Zivilkleidung gekämpft und „nachts die Leichen ihrer
       toten Kameraden aufgehäuft, um sie als massakrierte ausländische Zivilisten
       auszugeben“, so die Erklärung weiter. Die Gesellschaft für bedrohte Völker
       spricht von 1.370 Händlern aus Darfur, die sich in Bentiu aufgehalten
       hätten.
       
       ## Sudan wird in den Konflikt hineingezogen
       
       Offenbar sucht Südsudans Rebellenführer Riek Machar wieder die Nähe zum
       Regime in Sudan, das ihn schon vor zwanzig Jahren unterstützte, als er zum
       ersten Mal mit den Nuer in den Aufstand gegen Südsudans Dinka-dominierte
       Guerilla und heutige Regierungspartei SPLM (Sudanesische
       Volksbefreiungsbewegung) getreten war.
       
       Damit aber verschränken sich die Konflikte im Südsudan und im Sudan erneut
       in beunruhigender Weise. Nachdem sich Sudans Regierung im Südsudan bisher
       eher zurückgehalten hatte, wirft Südsudans Regierung jetzt regierungstreuen
       sudanesischen Milizen vor, Machars Rebellen zu helfen.
       
       Und nachdem die SPLM jahrelang den Rebellen in Darfur geholfen hatte,
       fordert sie jetzt von diesen umgekehrt Hilfe ein. In grenznahen Gebieten
       Sudans, vor allem in den Nuba-Bergen, tobt ein von der Weltöffentlichkeit
       völlig unbeachteter Krieg zwischen Regierung und lokalen Rebellen, die sich
       mit Südsudans Regierung solidarisch fühlen. Zu den Verbündeten der
       südsudanesischen Regierung zählt auch Uganda, das Spezialkräfte und
       Luftwaffe entsandt hat – zum zunehmenden Missfallen Sudans.
       
       ## 1,2 Millionen auf der Flucht
       
       Die Zeichen stehen also auf regionale Eskalation. Seit den Massakern von
       Bentiu wird auch aus bisher friedlichen Teilen Südsudans Mobilmachung und
       Rekrutierung für den Krieg gemeldet. Die Zahl der Kriegsvertriebenen
       innerhalb des Landes erreichte bis Ende letzter Woche nach UN-Angaben
       923.000, dazu kommen rund 300.000 Flüchtlinge in Nachbarländern.
       
       Für sowohl Sudan als auch Südsudan laufen derzeit in Äthiopiens Hauptstadt
       Addis Abeba neue Friedensgespräche an, nicht ganz zufällig passend zum
       Kerry-Besuch. Frisch vom Desaster seiner Nahost-Friedensbemühungen kommend,
       findet der US-Außenminister jetzt eine ähnlich vertrackte Lage vor.
       
       Nach Äthiopien will Kerry in die Demokratische Republik Kongo und nach
       Angola reisen. In allen drei Reisezielen, die zu den autoritärsten Ländern
       Afrikas gehören, will er Menschenrechte und Demokratie stärken.
       
       29 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) John Kerry
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Dinka
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) Südsudan
 (DIR) SPLA
 (DIR) Südsudan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bürgerkrieg in Südsudan: In der nassen Hölle
       
       Seit einem Dreivierteljahr tobt der Bürgerkrieg im Südsudan. Millionen
       Menschen sind auf der Flucht – und Frieden ist nicht in Sicht.
       
 (DIR) Vertriebenenlager im Südsudan: Im stinkenden Sumpf
       
       Im UN-Lager im Südsudan versinken 45.000 Menschen im Schlamm. Trinkwasser
       ist knapp, die Holzsuche gefährlich und Krankheiten sind verbreitet.
       
 (DIR) Waffenstillstand im Südsudan: Ein erster Schritt zum Frieden
       
       Nach fünf Monaten Bürgerkrieg unterzeichnen Präsident Kiir und Rebellenchef
       Machar eine erste Friedensvereinbarung. Doch es bleiben viele
       Stolpersteine.
       
 (DIR) Ende der Kämpfe im Südsudan: Waffenstillstand vereinbart
       
       Präsident Kiir und Rebellenführer Machar haben ein Abkommen unterzeichnet,
       das die Kämpfe im Südsudan vorerst beendet. Zudem sollen Neuwahlen
       stattfinden.
       
 (DIR) Bericht von Amnesty International: „Unvorstellbares Leid“ im Südsudan
       
       Es ist ein schockierendes Zeugnis: Mord, Gewalt gegen Kinder und sogar die
       Vergewaltigung von Schwangeren seien im Südsudan an der Tagesordnung.
       
 (DIR) Krise im Südsudan: US-Außenminster droht Kämpfern
       
       Die Krise im Südsudan spitzt sich zu. US-Außenminister John Kerry warnt vor
       einem Völkermord. Die UNO sieht Parallelen zum Genozid in Ruanda 1994.
       
 (DIR) Kämpfe im Südsudan: Wo Aggression nötig ist
       
       Die USA haben ostafrikanische Staaten dazu aufgerufen, schnell
       Friedenstruppen zu entsenden. Äthiopien, Kenia und Uganda sind zum
       militärischen Eingreifen bereit.
       
 (DIR) Kommentar Gewalt im Südsudan: Gespräche werden nicht helfen
       
       Die Gewalt im Südsudan eskaliert, Opfer sind meist Zivilisten. Doch die UN
       sieht weiter zu, dabei kommt jetzt noch eine Hungersnot hinzu.
       
 (DIR) Gewaltexzesse im Südsudan: Massaker in Moschee
       
       200 Menschen sollen in der vergangenen Woche im Südsudan getötet und
       weitere 400 verletzt worden sein. Übers Radio liefen Aufrufe zu
       Vergewaltigungen.
       
 (DIR) Flüchtlinge im Südsudan: Opfer des ethnischen Hasses
       
       Der Präsident ein Dinka, sein Vize ein Nuer. Weil sie streiten, töten sich
       die Volksgruppen nun gegenseitig. Besuch in einem gespaltenen Land.
       
 (DIR) Krieg im Südsudan: Regierungsarmee erobert Bor
       
       Mit Hilfe ugandischer Verbände machen die Truppen von Präsident Kiir
       Geländegewinne. Möglicherweise gab es Hunderte Tote bei der Schlacht um
       Bor.
       
 (DIR) Bürgerkrieg im Südsudan: Leichengeruch in der Polizeiwache
       
       Das Ausmaß der Massaker lässt sich kaum überblicken. Die Situation im
       Südsudan wird immer unübersichtlicher. Eine britische Reporterin musste
       fliehen.