# taz.de -- TV-Duelle vor der Europawahl: Nationale Sonderwege
       
       > ARD und ZDF planen im Hauptprogramm nur TV-Duelle mit den
       > Spitzenkandidaten der großen Parteien. Dagegen regt sich Widerstand. Die
       > Sender winken ab.
       
 (IMG) Bild: Reichen für das deutsche Massenpublikum: Jean-Claude Juncker und Martin Schulz (rechts).
       
       Europa hat es schwer. Ständig muss es mit Vorurteilen kämpfen („Die in
       Brüssel legen doch nur die Gurkenkrümmung fest!“), und nur wenige verstehen
       das Konstrukt EU (EU-Parlament, Kommission, Europarat, Ministerrat)
       wirklich. Medien sind deshalb beim Thema Europa besonders gefordert. Doch
       ihrem Auftrag, die politische Willensbildung vor der Europawahl am 25. Mai
       mitzugestalten, kommen ARD und ZDF nicht ausreichend nach.
       
       Zum ersten Mal haben die Parteien gesamteuropäische Spitzenkandidaten
       aufgestellt. Jean-Claude Juncker (Christdemokraten), Martin Schulz
       (Sozialdemokraten), Guy Verhofstadt (Liberale), José Bové und Ska Keller
       (Grüne) sowie Alexis Tsipras (Linke) konkurrieren um das Amt des
       EU-Kommissionspräsidenten. Erstmals können die BürgerInnen also auch über
       eine der wichtigsten Positionen mitentscheiden.
       
       Doch im Hauptprogramm von ARD und ZDF wird diese Vielfalt nur ungenügend
       abgebildet. Das [1][TV-Duell aller europäischen Spitzenkandidaten am 15.
       Mai] verbannen die Sender in den Spartenkanal Phoenix. Stattdessen senden
       sie selbst Fußball (ARD) und die Wiederholung eines Fernsehfilms (ZDF).
       Dagegen regt sich Protest.
       
       [2][Eine Petition], die vom Jugend-Netzwerk [3][Junge Europäische
       Föderalisten (JEF)] am Donnerstag gestartet wurde, erreichte bis
       Dienstagmittag fast 19.000 Unterstützer. Auch die meisten anderen
       europäischen Sendeanstalten werden das Duell der Spitzenkandidaten wohl
       nicht im Hauptprogramm senden, weshalb etwa [4][in Frankreich und
       Großbritannien] ähnliche Petitionen gestartet wurden.
       
       ## Eigene deutschsprachige Duelle
       
       Statt sich dem von der [5][European Broadcasting Union] organisierten
       TV-Duell in englischer Sprache anzuschließen, gehen ARD und ZDF nationale
       Sonderwege. Sie planen eigene Duelle mit den deutschsprachigen
       Spitzenkandidaten Juncker und Schulz. „Dieses Vorgehen steht dem Anspruch
       eines europäischen, transnationalen Wahlkampfs diametral entgegen“,
       [6][kritisiert die JEF]. Zwar würden ARD und ZDF der Europawahl im
       Vergleich zu vorherigen Wahlen mehr Aufmerksamkeit schenken, doch dies
       geschehe fast ausschließlich mit einer nationalen Perspektive. Mit der
       Entscheidung von ARD und ZDF werde „ein echter europäischer Wahlkampf
       verhindert“.
       
       Auch die vermeintlich benachteiligten Parteien äußern Kritik. „Ich finde es
       problematisch, dass nur zwei KandidatInnen die Chance bekommen, sich in
       einem TV-Duell der Öffentlichkeit zu präsentieren“, sagt etwa Ska Keller
       der taz. Das Parteienspektrum sei wie auch die WählerInnenschaft divers.
       Keller unterstützt die Petition der JEF und fordert, dass das TV-Duell im
       öffentlich-rechtlichen Hauptprogramm gezeigt wird.
       
       Linkspartei-Chef Bernd Riexinger sieht in dem Plan ebenfalls eine
       Benachteiligung der kleineren Parteien. „Bei einem Duell zwischen Schulz
       und Juncker schaltet die Hälfte nach zehn Minuten aus Langeweile ab. So
       kann man Europa auch kleinsenden“, sagte er der taz. Er fordert die
       Verantwortlichen in ARD und ZDF auf, ihr Vorgehen noch einmal zu
       überdenken.
       
       ## ARD und ZDF wehren sich
       
       ARD und ZDF wehren sich gegen die Kritik. Beide verweisen auf ihr
       umfangreiches Programm zur Europawahl – und auf die Bedeutung von Phoenix,
       die „etablierte bundesweite Plattform für besondere Ereignisübertragungen“,
       wie es ZDF-Chefredakteur Peter Frey gegenüber der taz formuliert. Dort
       hätten alle interessierten Zuschauer die Möglichkeit, das TV-Duell am 15.
       Mai zu verfolgen. Frey hofft, dass das ZDF das Interesse der BürgerInnen
       wecken könne. Am Ende werde für den Wähler Ausschlag geben, ob er glaubt,
       mit seiner Stimme in Europa wirklich etwas ändern zu können.
       
       ARD-Chefredakteur Thomas Baumann erklärt, das eigene TV-Duell mit Juncker
       und Schulz „reflektiert redaktionell das Kopf-an-Kopf-Rennen der großen
       europäischen Parteienfamilien EVP und SPE“. Die ARD konzentriere sich in
       der „Wahlarena“ am 20. Mai also auf die aussichtsreichsten Kandidaten. Die
       Petition habe die ARD „zur Kenntnis genommen“.
       
       Wie ernst sie die Kritik nimmt, zeigt die Reaktion der ARD-Pressestelle
       Anfang der Woche bei Twitter. Angesprochen auf die Forderung, das
       gesamteuropäische TV-Duell ins Hauptprogramm zu heben, [7][schreibt sie
       lapidar]: „Wie kann es ein Duell zwischen 5 Kandidaten geben?“
       
       29 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.eurovisiondebate.tv/
 (DIR) [2] http://www.change.org/de/Petitionen/ard-zdf-das-wichtigste-tv-duell-aller-spitzenkandidaten-der-europawahl-soll-ins-hauptprogramm-statt-sparte
 (DIR) [3] http://www.jef.de/
 (DIR) [4] http://www.jef.de/jef/news/europaeer-ueberall-moechten-ihre-kandidaten-sehen/
 (DIR) [5] http://www.ebu.ch/home
 (DIR) [6] http://www.jef.de/jef/news/offener-brief-an-ard-und-zdf-jef-will-tv-duell-zur-europawahl-im-hauptprogramm/
 (DIR) [7] http://twitter.com/ARD_Presse/status/460710595017572352
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paul Wrusch
       
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