# taz.de -- 1. Mai in Istanbul: Kampf um Taksim
       
       > Gewerkschaften und linke Gruppen wollen am zentralen Platz Istanbuls
       > demonstrieren. Die Regierung will dies mit 40.000 Polizisten verhindern.
       
 (IMG) Bild: Erwartbares Szenario für den 1. Mai: Polizei schießt um sich.
       
       ISTANBUL taz | Die Menschen in Istanbul stellen sich auf einen schlimmen 1.
       Mai ein. Sowohl die Gewerkschaften, als auch diverse linke Gruppen, die
       allesamt zu einem „Marsch zum Taksim-Platz“ aufrufen, gehen davon aus, dass
       es beim morgigen 1. Mai zu heftigen Auseinandersetzungen kommen wird. Der
       Grund ist das generelle Demonstrationsverbot auf dem Platz seit dem
       Gezi-Aufstand im vergangenen Sommer.
       
       Die Regierung will trotz massiven Drängens der Gewerkschaften auch für die
       Feiern zum 1. Mai keine Ausnahme vom Demonstrationsverbot machen.
       Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat erst vor wenigen Tagen bekräftigt,
       dass eine Versammlung auf dem Taksim nicht in Frage kommt und sein
       Innenminister Efkan Ala hat bereits 40.000 Polizisten aus der gesamten
       Türkei zusammengezogen, die das Demonstrationsverbot durchsetzen sollen.
       
       Doch ein großer Teil der Gewerkschaften und viele linke Gruppen haben
       wiederholt bekräftigt, dass sie sich mit dem Demonstrationsverbot nicht
       abspeisen lassen werden. Wer am Vorabend des 1. Mai durch die am Taksim
       angrenzende Fußgängezone Istiklal lief, bekam an etlichen Ständen Infos
       über die diversen Sammelplätze für die Demonstrationen in die Hand gedrückt
       und auf etlichen Transparanten fordern die Gewerkschaften zur Teilnahme
       auf.
       
       Gegenüber der Presse bekräftigten Vertreter der linken
       Gewerkschaftsdachorganisation DISK am Mittwoch, dass sie sich eine
       Maikundgebung auf dem Taksim-Platz nicht verbieten lassen wollen. Die
       Bauarbeiten am Rande des Platzes, die letztes Jahr als Grund für eine
       Demonstrationssperre herhalten mussten sind abgeschlossen, jetzt gäbe es
       keinen Grund mehr, erneut den Platz für die Gewerkschaften zu sperren.
       
       Abgesehen von den Auseinandersetzungen um den Gezi-Park, ist der Taksim für
       die Gewerkschaften auch historisch aufgeladen. Während der Maikundgebung
       1977 hatten bis heute unbekannte Täter von den umliegenden Dächern auf die
       Demonstranten geschossen und 39 Menschen dabei getötet. Schon deshalb
       bestehen die Gewerkschaften auf einem Gedenken auf dem Platz.
       
       ## Die Polizei ist vorbereitet
       
       Die Polizei bereitet unterdessen eine weiträumige Absperrung vor. Rund um
       den Platz sind bereits stapelweise Absperrgitter gelagert. Doch die meisten
       Demonstranten werden vermutlich gar nicht soweit kommen. Nach den
       Erfahrungen von vor einem Jahr, wird Istanbul einen Ausnahmezustand
       erleben.
       
       Wenn die Polizeiführung sich an ihrer letztjährigen Taktik orientiert, wird
       der gesamte Verkehr im Zentrum der Stadt lahmgelegt. Die Brücken über den
       Bosporus werden gesperrt, die Fähren bleiben im Hafen und auch die U-Bahn
       wird dichtgemacht. Dadurch werden viele der potentiellen Demonstranten
       daran gehindert, auch nur in die Näge des Zentrums zu gelangen. Für alle
       anderen werden die Zufahrtswege, die direkt auf den Taksim-Platz führen,
       dicht gemacht.
       
       Die Wasserwerfer stehen in Besiktas und anderen angrenzenden Bezirken
       bereit und die Tränengasvorräte der Polizei sind aufgefüllt. Der
       Gouverneuer von Istanbul, Avni Mutlu, hat deshalb alle Mai-Demonstranten
       aufgefordert, sich auf einem extra vorbereiteten Demo-Parcour vor den Toren
       der Stadt in Zeytinburnu einzufinden.
       
       Dort hat die AKP-Regierung ins Marmara-Meer hinein einen gigantischen Platz
       aufschütten lassen, auf dem nach dem Willen von Erdogan zukünftig alle
       Demos in Istanbul stattfinden sollen. Doch darauf wollen sich noch nicht
       einmal die regierungsnahen, konservativen Gewerkschaften einlassen. Sie
       haben angekündigt in Kadiköy, dem Zentrum der asiatischen Seite Istanbuls,
       ihre Kundgebung abzuhalten.
       
       30 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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