# taz.de -- HSV im Abstiegskampf: Der Abgesang muss warten
       
       > Der HSV stemmt sich gegen den drohenden Abstieg und geht trotz
       > 1:4-Niederlage gegen den FC Bayern München mit einem psychologischen
       > Vorteil ins Saisonfinale.
       
 (IMG) Bild: Trotz Niederlage nicht unzufrieden: Hamburgs Hakan Calhanoglu (l.) und Ivo Ilicevic bedanken sich nach Spielende bei den Fans
       
       HAMBURG taz | Dass Vorfälle auf den Rängen und in der Kurve auch einen
       beeindruckenden Fansupport bremsen können, haben die HSV-Spieler schon
       erlebt. Vor ein paar Wochen zum Beispiel, beim 100. Nordderby in Bremen. Da
       allerdings profitierten die Hamburger davon, dass Werder-Ultras Minuten
       lang ein Bengalo-Feuerwerk veranstalteten – und das Spiel unterbrochen
       wurde.
       
       Im Spiel gegen den FC Bayern München mussten sie beim Anpfiff zur
       2.Halbzeit nun registrieren, dass sie selbst längst nicht mehr so
       angefeuert wurden wie noch in den ersten 45 Minuten. Als Stimmungskiller
       betätigte sich diesmal die Polizei: Die setzte beim Versuch, ein Banner mit
       der Aufschrift ACAB – Abkürzung für „All cops are bastards“– zu entfernen,
       Pfefferspray und Schlagstöcke ein und wurde daraufhin aus dem Block im
       Oberrang mit Bierbechern und Fahnenstangen beworfen.
       
       Vielleicht also wunderten sich einige HSV-Spieler unbewusst noch über die
       veränderte Atmosphäre, als sie in der 55. Minute eine Bayern-Ecke komplett
       verschliefen, wodurch Mario Götze so viel Platz für Ballannahme und
       Abschluss hatte wie im Training. Thomas Müller fälschte den Ball noch ab,
       es stand 0:2 – und das Spiel war entschieden. Wer nun die üblichen
       Reaktionen erwartete – Selbstaufgabe der Hamburger Mannschaft und Pfiffe
       auf den Rängen – sah sich getäuscht: Trotzig nahm die Nordtribüne ihre
       Unterstützung wieder auf und die HSV-Spieler boten den Bayern bis zum
       Schluss einen Kampf, aussichtslos zwar, aber würdig. Und wurden in der 72.
       Minute sogar noch belohnt: mit einem sehenswerten Ehrentreffer von Hakan
       Cahlanoglu. Aus der starken Hamburger Mannschaftsleistung ragte diesmal der
       heftig kritisierte Kapitän Raffael van der Vaart heraus. Nicht nur durch
       den artistischen Drehschuss, der kurz vor der Pause fast zum Ausgleich
       geführt hätte.
       
       Dabei hatte im Vorfeld alles wie ein einziger Abgesang geklungen: Selbst
       wohlmeinende Experten schätzen die Chancen für einen Klassenerhalt der
       Hamburger auf unter zehn Prozent. Und obwohl der HSV auch vor diesem
       Spieltag auf Platz 16 lag, der zu zwei Entscheidungsspielen gegen den
       Tabellendritten der 2. Bundesliga berechtigt, waren die Gespräche vom
       Bäcker- bis zum Kneipentresen voll von Untergangsszenarien.
       
       Und das soll jetzt alles anders sein – nach einer 1:4-Niederlage? Trainer
       Mirko Slomka wollte nicht davon sprechen, dass der HSV der Sieger des
       Spieltags war, aber er wirkte nach Spielschluss so zuversichtlich wie alle
       anderen. Als Begründung sagte er die drei Worte, die zum Mantra des
       Klassenerhaltes werden könnten. „Aus eigener Kraft“, sagt er: „Wir können
       es aus eigener Kraft schaffen.“
       
       Auch wenn während des Spiels keine Zwischenstände von den anderen Plätzen
       verkündet wurden, waren im Stadion natürlich viele frühzeitig darüber
       informiert, dass der 1. FC Nürnberg gegen Hannover 96 auf der
       Verliererstraße war. Und als nach dem Abpfiff der Siegtreffer des FC
       Augsburg beim Schlusslicht Eintracht Braunschweig bekannt wurde, war klar:
       Jetzt genügt im Schneckenrennen um den Klassenerhalt am letzten Spieltag
       wahrscheinlich schon ein Unentschieden bei Mainz 05.
       
       Schwer genug, denn die starken Mainzer benötigen selbst noch einen Sieg, um
       sicher für die Europa-League qualifiziert zu sein. Aber da kommt der
       Hoffnungsschimmer ins Spiel, den sich der HSV am Samstag aus eigener Kraft
       erarbeitet hat und den Sportvorstand Oliver Kreuzer so auf den Punkt
       bringt: „Wenn wir in Mainz genauso auftreten wie heute, dann bin ich sehr
       zuversichtlich, dass es auch klappt.“ Das hörte sich das erste Mal seit
       Langem nicht wie eine Durchhalteparole an.
       
       Endlich also ist es da, das lange vermisste Lebenszeichen im Abstiegskampf.
       Spät, aber vielleicht nicht zu spät. Braunschweig hat im letzten Heimspiel
       der Saison mit der TSG Hoffenheim zwar einen Gegner, für den es um nichts
       mehr geht, psychologisch aber ist der HSV nun im Vorteil. Daran konnte auch
       der Polizeieinsatz nichts ändern, den Fanprojekt und Supporters als
       „vollkommen inakzeptabel“ verurteilen.
       
       4 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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