# taz.de -- Gestärkter Verbraucherschutz: BGH urteilt gegen Allianz
       
       > Eine Lebensversicherung kann auch nach Jahren noch rückabgewickelt
       > werden. Allerdings nur, wenn der Kunde keine richtige Belehrung erhalten
       > hat.
       
 (IMG) Bild: Der Bundesgerichtshof hat Kunden gestärkt, statt sie im Regen stehen zu lassen.
       
       KARLSRUHE taz | Wer früher eine Lebens- oder Rentenversicherung
       abgeschlossen hat und dabei nicht richtig über seine Rechte aufgeklärt
       wurde, kann den Vertrag heute noch rückabwickeln. Das entschied jetzt der
       Bundesgerichtshof (BGH). Es ist damit zu rechnen, dass Zehntausende von
       dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Tausende Verfahren sind bei den
       Gerichten bereits anhängig.
       
       Im konkreten Fall hatte der Schwabe Walter Endress 1998 bei der Allianz
       eine Rentenversicherung abgeschlossen. Insgesamt rund 51.100 Euro Prämien
       hatte er schon eingezahlt, als er den Vertrag 2007 kündigte. Die Allianz
       zahlte ihm daraufhin 52.700 Euro Rückkaufswert aus.
       
       Ein Jahr später monierte Endress jedoch, dass er bei Vertragsschluss nie
       richtig über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Deshalb könne er
       auch zehn Jahre später noch den Widerspruch ausüben, weshalb der
       Versicherungsvertrag nie zustande gekommen sei. Die Allianz müsse ihm also
       nicht nur den Rückkaufswert erstatten, sondern alle Prämien plus jährlich 7
       Prozent Zinsen. In der Summe wären das einige Tausend Euro mehr.
       
       Vor den Stuttgarter Gerichten scheiterte er zunächst. Denn auch bei
       mangelhafter Belehrung endet das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Beginn der
       Prämienzahlung, so das Gesetz (§ 5a VVG). Ende 2013 entschied jedoch der
       Europäische Gerichtshof (EuGH), dass diese Einjahresfrist gegen die
       verbraucherfreundliche EU-Lebensversicherungsrichtlinie verstößt.
       
       ## Einjahresfrist für Widersprüche ungültig
       
       Die Allianz forderte nun, dass das EuGH-Urteil nicht auf Altfälle angewandt
       wird; zuerst müsse der Bundestag das Gesetz ändern. Da machte der BGH nicht
       mit. Die Einjahresklausel könne durchaus rückwirkend EU-konform ausgelegt
       werden. Sie gelte nun zwar bei Renten- und Lebensversicherungen nicht mehr,
       bleibe aber für alle anderen Versicherungen bestehen.
       
       Das BGH-Urteil nutzt damit potenziell allen, die zwischen 1994 und 2007
       eine Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen haben (für vorher und
       nachher galten andere Regeln). Ihren jeweiligen Vertrag können aber nur die
       Kunden rückabwickeln, die über ihr Widerspruchsrecht nicht aufgeklärt
       wurden. Die Versicherer befürchten nun massenhaften Missbrauch. Letztlich
       sind sie es, die die ordentlich Belehrung der Kunden beweisen müssen. Sagt
       der Kunde, er habe den Brief nicht erhalten, hat die Assekuranz schlechte
       Karten.
       
       Wie attraktiv eine nachträgliche Rückabwicklung von Lebens- und
       Rentenversicherungsverträgen ist, hängt nun davon ab, wie viele Zinsen die
       Versicherung auf die eingezahlten Prämien zahlen muss und zu welchen
       Abschlägen das jahrelang genossene Gefühl, versichert zu sein, führt.
       Lösungen hierfür müssen zunächst wieder die unterinstanzlichen Gerichte
       suchen. (Az.: IV ZR 76/11)
       
       7 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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