# taz.de -- Proteste nach türkischem Grubenunglück: Erdogans Berater prügelt mit
       
       > Ministerpräsident Erdogan relativert die Kastastrophe von Soma als
       > „gewöhnliche Sache“. Und einer seiner Berater greift Demonstranten an.
       
 (IMG) Bild: Erdogan-Berater Yusuf Yerkel am Rande des Besuchs des Ministerpräsidenten in Soma.
       
       BERLIN taz | Nach dem Grubenunglück im westtürkischen Soma erschüttern
       nicht allein die Bilder von geborgenen Leichen und verzweifelten
       Angehörigen das Land. Für Empörung sorgt zudem ein weiteres Foto. Darauf zu
       sehen: ein junger Mann in Anzug und Krawatte, der auf eine von zwei
       Soldaten zu Boden gerissene Person tritt. Der Schläger heißt Yusuf Yerkel,
       ist 30 Jahre alt, hat im britischen Exeter internationale Beziehungen
       studiert und ist der jüngste Berater des türkischen Ministerpräsidenten
       Recep Tayyip Erdogan.
       
       Das Foto machte zunächst über Twitter die Runde und wurde am Abend von
       renommierten oppositionellen Medien wie den Zeitungen [1][Radikal] und
       [2][Cumhuriyet] verbreitetet. Ein anderes Fotos zeigt Yerkel am selben Tag
       im Gefolge des Ministerpräsidenten, die Ähnlichkeit ist evdident. Gegenüber
       dem türkischsprachigen Dienst der britischen [3][BBC] räumte Yerkel am
       späten Abend ein, die auf diesem Foto gezeigte Person zu sein und kündigte
       für diesen Donnerstag eine Erklärung an. Auf eine Anfrage der taz hat er
       bislang nicht reagiert.
       
       Erdogan war bei einem Besuch in der 100.000 Einwohner zählenden Kleinstadt
       in der Provinz Manisavon von wütenden Bürgern empfangen worden. Die
       Menschen werfen der Regierung vor, nicht für die Sicherheit am Arbeitsplatz
       Sorge zu tragen und darum für das Unglück mitverantwortlich zu sein. Für
       zusätzlichen Unmut sorgte Erdogans Versuch, die Katastrophe von Soma
       herunterzuspielen: „Das ist eine gewöhnliche Sache“, sagte Erdogan auf
       einer Pressekonferenz in Soma. Es handle sich um einen „Arbeitsunfall“, wie
       er nicht nur in Minen vorkomme.
       
       Um die Normalität solcher Grubenunglücke zu unterstreichen, zählte er
       historische Beispiele aus aller Welt auf – aus dem Europa des 19.
       Jahrhunderts und dem Asien aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. „Schauen Sie
       nach Amerika mit seiner ganzen Technologie: 1907, Gasexplosion in zwei
       verschiedenen Bergwerken, 361 Tote“, sagte Erdogan.
       
       Die beiden jüngsten Fälle, auf die er verwies, waren Katastrophen in Indien
       im Jahr 1975 und im nordwesttürkischen Zonguldak im Jahr 1992, wo 263
       Menschen ums Leben kamen – bis zum Dienstagabend das schwerste
       Grubenunglück in der türkischen Geschichte.
       
       ## Erdogan flieht in Supermarkt
       
       Wohl auch deshalb wurde Erdogan bei seinem anschließendem Rundgang durch
       Soma von wütenden Bürgern ausgebuht, die seinen Rücktritt forderten. Obwohl
       er durch zwei von Soldaten und Polizisten gebildeten Reihen von der
       aufgebrachten Menge abgeschirmt war, kam es zu tumultartigen Szenen.
       Erdogan suchte zwischendurch Zuflucht in einem Supermarkt, bei seiner
       Abfahrt aus Soma traten wütende Bürger gegen sein Auto. Einige
       Demonstranten wurden festgenommen, die Aufnahme von Erdogan-Berater Yerkel
       entstand offenbar in dieser Situation.
       
       Am Abend kam es in zahlreichen türkischen Städten zu Demonstrationen. In
       Ankara und Istanbul ging die Polizei mit Tränengas, Wasserwerfern und
       Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor, von denen einige
       Feuerwerkskörper in Richtung der Polizei schossen. „Kein Unfall, sondern
       Mord“, skandierten die Demonstranten.
       
       In der Türkei sind tödliche Arbeitsunfälle tatsächlich nichts
       Ungewöhnliches, allein im vergangenen Jahr sollen dabei [4][1.235 Menschen]
       ums Leben gekommen sein. Wegen wiederholter Unfälle hatte erst Ende April
       ein [5][Abgeordneter] der oppositionellen CHP gefordert, die Verhältnisse
       im Bergwerk von Soma untersuchen zu lassen, was von der AKP-Fraktion
       abgelehnt wurde.
       
       Für den Donnerstag haben mehrere Gewerkschaftsverbände zum Streik
       aufgerufen. Energieminister Taner Yildiz zufolge ist die Zahl der Toten auf
       282 gestiegen.
       
       15 May 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.radikal.com.tr/turkiye/basbakanlik_musaviri_yusuf_yerkel_o_fotografi_dogruladi-1192153
 (DIR) [2] http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/turkiye/72015/Soma_da_o_tekmeyi_atan_kim_cikti_.html
 (DIR) [3] http://www.bbc.co.uk/turkce/haberler/2014/05/140514_yerkel_tekme_soma.shtml
 (DIR) [4] /Kommentar-Grubenunglueck-in-der-Tuerkei/!138476/
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 (DIR) Deniz Yücel
       
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