# taz.de -- Gefährliche Strommasten: Vogelschutz unter Hochspannung
       
       > Immer wieder streifen Vögel beim Landeanflug Strommasten und ziehen sich
       > dabei schwere Verbrennungen zu. Das wäre leicht zu ändern.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur Kaiseradler, auch andere Greifvögel und auch Eulen würden profitieren, wenn Strommasten isoliert würden.
       
       BERLIN taz | Im Zentrum der bulgarischen Hauptstadt Sofia liegt die
       Adlerbrücke – eine wichtige Kreuzung und Haupttreffpunkt. Auf den vier
       Säulen sind auch vier Bronzeskulpturen von Kaiseradlern mit ausgebreiteten
       Schwingen zu sehen. Kaum jemand in Sofia aber weiß, dass dieser mächtige
       Raubvogel weltweit gefährdet ist und dass in Bulgarien eines seiner
       wichtigsten Brutgebiete liegt.
       
       Zehn Prozent der gesamten Kaiseradlerpopulation der EU lebt im Südwesten
       Bulgariens, in den Gebirgen Strandscha und Sakar, an der Grenze zur Türkei.
       Vor etwa hundert Jahren lebten in dem Balkanland noch ungefähr 4.000 Tiere
       von dieser Vogelart. Heute sind es nur 24 Paare.
       
       Immerhin ist die Zahl der Kaiseradler in den vergangenen fünf Jahren wieder
       gestiegen – um 20 Prozent, also vier Paare. Dies ist vor allem einem
       Projekt des bulgarischen Vogelschutzverbandes zu verdanken, das nun mit dem
       Natura-2000-Preis in der Kategorie „Konservierung“ ausgezeichnet wurde.
       
       Die Natura-2000-Preise wurden in diesem Jahr erstmals von der EU-Kommission
       vergeben und sind in fünf Kategorien aufgeteilt: Konservierung,
       sozioökonomischer Nutzen, Kommunikation, Ausgleich von Interessen und
       grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Da 58 der insgesamt 161 Bewerber um
       den Preis in der Kategorie „Konservierung“ kämpften, gilt sie als die
       wichtigste Auszeichnung. Das Preisgeld ist eher symbolisch. Es beträgt
       2.000 Euro und ist an die Auflage gebunden, eine Veranstaltung zur
       Popularisierung von Natura-2000 zu organisieren.
       
       Das ausgezeichnete Projekt wurde vom bulgarischen Vogelschutzverband in
       Zusammenarbeit mit dem österreichischen Energieunternehmen EVN, das ganz
       Südostbulgarien mit Strom versorgt, in den Jahren 2009 bis 2013
       durchgeführt. Dabei wurden 595 gefährliche Strommasten isoliert. Das
       Projekt kostete rund zwei Millionen Euro, die zu 75 Prozent vom EU-Programm
       LIFE+ kamen. „Trotz des alarmierenden Zustands dieser Vogelart gibt die
       positive Tendenz in den vergangenen Jahren Hoffnung für den Kaiseradler in
       Bulgarien“, sagt Projektleiter Swetoslaw Spassow.
       
       ## Vogelsichere Umrüstung
       
       Strommasten sind für Vögel lebensgefährlich, wenn sie mit ihrem Körper
       elektrische Leitungen und Mastteile gleichzeitig berühren. Dies passiert
       zum Beispiel beim Landeanflug. Dann fließen mehrere Ampere Strom
       ungehindert durch ihren Körper, was zu schweren Verbrennungen führt. Vor
       allem Greifvögel, Störche und Eulen sind betroffen. Seit Anfang 2013 müssen
       in Deutschland alle Netzbetreiber ihre Mittelspannungsmasten vogelsicher
       umgerüstet haben.
       
       In Bulgarien ist das noch nicht der Fall. Nach einer Satellitenbeobachtung
       hat der Vogelschutzverband festgestellt, dass 67 Prozent der Todesfälle
       beim Kaiseradler durch Stromschläge verursacht werden. Weitere Gründe,
       warum diese Vogelart ausstirbt, sind die Industrialisierung und die
       schnelle Entwicklung der Landwirtschaft. Durch den intensiven Ackerbau
       sterben kleine Nagetiere wie der Ziesel aus, eines der wichtigsten
       Beutetiere des Kaiseradlers.
       
       Vogelschützer hoffen nun darauf, dass sich die Zahl der Kaiseradler in
       Bulgarien weiter vermehrt. Ein neues Projekt läuft bereits; wieder
       kooperiert EVN mit dem bulgarischen Vogelschutzverband. Bis 2018 sollen
       dabei in acht Natura-2000-Gebieten weitere 2.700 Strommasten isoliert sowie
       45 Kilometer Kabel unterirdisch verlegt werden. Die Kosten belaufen sich
       auf etwa vier Millionen Euro, von denen die EU ungefaehr 1,2 Millionen
       übernimmt.
       
       2 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Radina Koleva
       
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