# taz.de -- Kinderschutzbund gegen Schokokonzern: Ein .kinder-Riegel für Ferrero?
       
       > Beschneidet der Süßwarenhersteller mit der geplanten Domainendung
       > „.kinder“ die Rechte junger Menschen? Der Kinderschutzbund ist empört.
       
 (IMG) Bild: Ferrero schweigt bisher zu den Vorwürfen des Kinderschutzbundes.
       
       BERLIN taz | Ekkehard Mutschler ist wütend auf den Süßwarenhersteller
       Ferrero. „Kinder sind keine schutzwürdige Marke, die ein Unternehmen für
       sich beanspruchen kann. Kinder sind unser allerhöchstes Gut“, [1][sagte]
       der Jugendbeauftragte des Deutschen Kinderschutzbundes kürzlich dem
       Onlinedienst heise. 
       
       Erst vor kurzem hatte Mutschler bemerkt, dass Ferrero sich vor zwei Jahren
       um die Top-Level-Domain (TLD)„.kinder“ beworben hat. Statt
       „Kinderschokolade.de“ wäre nach Aktivierung der neuen Domain-Endung
       „Kinderschokolade.kinder“ als Internetadresse möglich. Die Endung „.kinder“
       ist ein Ding der Unmöglichkeit, wenn es nach Mutschler geht. Ferrero
       beschneide damit die Rechte junger Menschen. Der Süßwarenhersteller
       hingegen möchte sich zu Mutschlers Vorwürfen zunächst nicht äußern.
       
       Mutschler definiert den Begriff „Kinder“ als Beschreibung junger Menschen
       im Entwicklungsstadium der Kindheit. Es gehe nicht an, dass eine
       Domain-Endung „.kinder“ für werbliche Zwecke benutzt werde, sagt er. „Der
       Begriff Kinder wird als Handelsobjekt missbraucht."
       
       ## Nichts als eine Buchstabenaneinanderreihung?
       
       Stellt sich die Frage, ob man im Fall von Ferrero lediglich von einer Marke
       spricht oder ob man der Begriffsdefinition von Mutschler folgt? Und ob man
       das eine überhaupt vom anderen trennen kann? Für eine Trennung spricht,
       dass die Marke „Kinder“ im Ausland nichts weiter als eine
       Buchstabenaneinanderreihung ist. Ein abstraktes Wort also.
       
       Nur in deutschsprachigen Ländern entwickeln Verbraucher einen Bezug zur
       Hauptzielgruppe. Und solange dieser Bezug besteht: Worin liegt dann der
       Missbrauch des Wortes? Es ist der Aspekt der Irreführung, an dem sich
       Mutschler so stört: „Da sucht jemand Informationen für seine Kinder, fällt
       auf die Endung ‚.kinder‘ herein und landet dann beim Süßwarenhersteller.“
       
       Der Berliner Markenanwalt Michael Plüschke kann die Argumentation des
       Jugendbeauftragten nicht nachvollziehen. „Die Domain ist vollkommen egal,
       wenn man im Internet auf der Suche nach Informationen ist. Auf die Relevanz
       einer Seite bei Google haben die Domains keinen Einfluss. Für die
       Adressendungen interessiert sich kein Mensch“, sagt Plüschke.
       
       Da liegt der Markenanwalt richtig: Tatsächlich macht die Top-Level-Domain
       einer Website beim Google-Ranking fast keinen Unterschied. Lediglich das
       Alter einer Domain bringt bei der Suche einen minimalen Vorteil sowie
       Domains, die das gegoogelte Wort beinhalten und fett hervorgehoben werden.
       Wenn länderspezifisch gesucht wird, könnte sich für Ferrero sogar ein
       Nachteil aus der Domain-Änderung ergeben: In diesem Fall werden nur
       Ergebnisse mit .de-Domains angezeigt.
       
       ## „Kein Markenschutz“
       
       Trotzdem würde Plüschke die ‚.kinder‘-Domain sperren. Rein aus
       wettbewerbsrechtlicher Sicht, wie er sagt. „Ferrero konnte in verschiedenen
       Rechtsstreits keinen Markenschutz für den Begriff ‚Kinder‘ erwirken, da er
       allgemein gebräuchlich ist. Warum sollte das Unternehmen nun den Begriff
       als Domain für sich beanspruchen können? Gemeinnützige Organisationen, die
       sich mit Kindern beschäftigen, würden dadurch behindert.“
       
       Zu all dem will sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das
       für die TLD mitverantwortlich ist, nicht äußern. „Wir müssen uns erst
       Klarheit über diese Debatte verschaffen“, sagt ein Sprecher. Bis dahin
       hofft Ekkehard Mutschler vom Kinderschutzbund auf wirksame Proteste gegen
       die ‚.kinder‘-Domain. Schließlich greife sie die Rechte der jungen Menschen
       an. Gegner kommen allerdings schon zu spät.
       
       Eine Beschwerdefrist für die Domain hat es bereits gegeben. Von Juni 2012
       bis März 2013 hätte man mit einem förmlichen Einspruch protestieren können.
       Demzufolge stünde der „.kinder“-TLD nichts mehr im Weg. Bleibt die Frage,
       warum man bis vor kurzem nichts von den Bewerbungen wusste.
       
       ## ICANN-Veröffentlichung 2012
       
       „Dass das Verfahren undurchsichtig ist, wie man in einigen Medien liest,
       stimmt nicht“, sagt Katrin Ohlmer, Geschäftsführerin von DOTZON. Die
       Organisation begleitet deutsche Firmen beim TLD-Bewerbungsprozess. Zudem
       ist DOTZON an der Konzeption der Bedingungen neuer Top-Level-Domains
       beteiligt. „Die eingegangenen Anträge wurden von der Vergabestelle, der
       Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), im
       [2][//newgtlds.icann.org/en/program-status/application-results/strings-1200
       utc-13jun12-en:Juni 2012] vollständig
       [3][//gtldresult.icann.org/application-result/applicationstatus/application
       details/1369:veröffentlicht]“, erklärt Ohlmer.
       
       Das hat der unabhängige Jurist, Prof. Alain Pellet, aus Frankreich genutzt
       und im Fall Amazon einen Einwand gegen die beantragte TLD ‚.amazon‘
       ausgesprochen. Der Antrag des Online-Versandhändlers wurde daraufhin
       abgelehnt. Bei der „.kinder“-Domain, so Ohmler, habe diese Option aber
       offensichtlich niemand genutzt.
       
       5 Jun 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Ferrero-und-das-kinder-Monopol-im-Netz-2213681.html
 (DIR) [2] http://web.archive.org/web/20120615141944/http
 (DIR) [3] http://https
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Dittmann
       
       ## TAGS
       
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