# taz.de -- Schonung der Ressourcen: Aus Stroh Gold spinnen
       
       > Reifen aus Löwenzahn, Kleider aus Milch: Die Industrie soll ihre
       > erdölbasierte Produktion auf nachwachsende Rohstoffe umstellen. Geht das?
       
 (IMG) Bild: Unkraut? Von wegen: Daraus kann man Reifen machen.
       
       BERLIN taz | Die Zukunft kommt auf Rädern. Die Reifen von Continental, die
       in der Ausstellung liegen, sind aus Löwenzahn, den Biologen in Russland
       entdeckt haben. Eine Pflanze liefert zwar nur einen Milliliter Milchsaft.
       Aber im Jahr sind mehrere Ernten möglich. Vor allem aber wollen Forscher
       des Fraunhofer Instituts in Münster ihn so züchten, dass die Ausbeute
       größer wird.
       
       Das erklärte am Donnerstag Joachim von Braun der
       CDU-Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und ihrem Kollegen aus dem
       Agrarressort, Christian Schmidt (CSU). Braun ist Vorsitzender des
       Bioökonomierats.
       
       Jenes Gremium wurde noch von der schwarz-gelben Regierung ins Leben
       gerufen, zusammen mit der „Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie
       2030“. Für insgesamt sechs Jahre sind 2,4 Milliarden Euro eingeplant, damit
       sich die Industrie Alternativen zum Erdöl sucht. Drei Jahre sind um. Wanka
       lud nun zur „Halbzeitkonferenz.“
       
       Laut Braun geht es zu wie bei Rumpelstilzchen, dem Märchen der Brüder
       Grimm. „Wir spinnen aus Stroh Gold, da sind wir schon ganz nah dran.“ Die
       Forscher gewännen Fasern aus Stroh, die etwa Stahlseile für Aufzüge
       ersetzen könnten. Da sie leichter seien, hätten sie sogar bessere
       Eigenschaften. Experimentiert werde auch mit Kunststoffen und Kosmetika,
       mit Waschpulver und Reinigungsmitteln. Noch sind aber die wenigsten
       Produkte auf dem Markt, die Bioökonomie ist ein Testfeld.
       
       Sie biete „riesenhafte wirtschaftliche Chancen“, sagte Ministerin Wanka.
       Deutschland erhalte damit seine „Innovationskraft“. Kollege Schmidt meinte:
       „Die potenziellen Rohstofflieferanten stehen bereit“ – die Bauern. Sie
       könnten auch dafür sorgen, dass zugleich noch genügend Lebensmittel
       produziert würden. Diese Euphorie teilen allerdings nicht alle.
       
       Anita Krätzer hat vor Kurzem das Buch „Irrweg Bioökonomie“ veröffentlicht.
       Sie meint, da arbeite ein „Bündnis aus Biotechnologie-, Pharma-, Chemie-,
       Nahrungsmittel- und Agrarunternehmen an der kommerziellen Inbesitznahme
       alles Lebendigen“. Sie macht das zum Beispiel an Léon Broers aus dem
       Vorstand der deutschen KWS Saat AG fest, das Unternehmen macht sich auch
       für Grüne Gentechnik stark. Broers sitzt im Bioökonomierat.
       
       Den Vorsitzenden Braun stört das nicht. Er ist nicht grundsätzlich gegen
       grüne Gentechnik, meint aber: „Die Bioökonomie ist nicht abhängig von ihr.“
       Sie stecke bisher in keinem der Produkte.
       
       1 Jan 1970
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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