# taz.de -- Polizei twittert 24 Stunden alles: Sinfonie der Großstadt
       
       > Mit ihrer 24-stündigen Twitter-Aktion wollte die Berliner Polizei um
       > Nachwuchs werben. Ganz nebenbei hat sie Kulturgeschichte geschrieben.
       
 (IMG) Bild: Irgendwo da unten wird eine Katze vermisst.
       
       „Hund fühlt sich in #Spandau alleine und macht sich mit lautem Bellen in
       der Wohnung bemerkbar. Wir werden helfen.“
       
       „Kleinkind fährt mit Tretroller gegen Auto. Wir helfen beim Austausch der
       Personalien.“
       
       „90-jähriger Ehemann verprügelt seine 80-jährige Ehefrau, die zur Nachbarin
       flüchtet und uns alarmiert.“
       
       Nahezu im Minutentakt gab es [1][am Wochenende solche Meldungen bei
       Twitter]. Von Freitag bis Samstag, insgesamt 24 Stunden, hat die Berliner
       Polizei dort zu nahezu all ihren Einsätzen [2][in der Hauptstadt
       140-Buchstaben-News veröffentlicht]. Eigentlich wollte sie damit um
       Nachwuchs werben; tatsächlich aber hat sie ganz nebenbei mal eben
       Kulturgeschichte geschrieben.
       
       Beim Lesen der Aneinanderreihungen dieser Banalitäten des Bösen wird
       zunächst einmal klar – so böse ist der gemeine Polizeikunde gar nicht. Zwar
       gibt es auch Meldungen über Einbrüche, Betrüger und – von wegen junges
       Berlin – gestohlene Rollatoren. Doch in erster Linie kümmert sich die
       Hauptstadtpolizei um alltägliche Verzweiflungen. Da kommen Menschen nicht
       in ihre Wohnung oder nicht hinaus. Da beschweren sich Nachbarn über laute
       Musik. Da wartet ein Rollstuhlfahrer vor einem defekten U-Bahn-Aufzug.
       
       Das zufallsbestimmt direkte Nebeneinander von Meldungen wie: „Erst war die
       Handtasche weg, als wir kamen war doch nüscht“, und: „Überbringen einer
       Todesnachricht in #Lichtenberg“, lässt schließlich ein Panoptikum
       entstehen, an dem weder Soziologen noch Kulturwissenschaftler jemals
       vorbeikommen werden, wenn sie dereinst erforschen wollen, wie es war, im
       Berlin anno 2014.
       
       Zu recht erinnert schon der Hashtag [3][#24hPolizei] des Twitterprojektes
       an das Mammutunternehmen des Rundfunks Berlin-Brandenburg [4][„24 Stunden
       Berlin“], der einen Tag im September 2007 dokumentierte und dann in
       „Echtzeit“ ins Fernsehen stellte – allerdings erst ein Jahr später. Die
       Polizei ist da deutlich schneller. Und sie kann selbst neben der Mutter
       aller Stadtleben-Dokus bestehen: dem Schwarz-Weiß-Klassiker [5][„Berlin -
       Sinfonie der Großstadt“]. Der wurde 1927 dank schneller Schnitte und ohne
       Protagonisten so sehr Stilikone des damals noch jungen Mediums Film, dass
       er bis heute [6][Protagonisten der Elektroszene zu Begleitmusik
       inspiriert].
       
       Man hat sie schon förmlich vor Augen, die Politwitter-Lesungen mit Beats.
       
       9 Jun 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Die-Berliner-Polizei-twittert/!139954/
 (DIR) [2] http://twitter.com/search?q=polizeiberlineinsatz
 (DIR) [3] http://twitter.com/search?q=%2324hPolizei&near=me
 (DIR) [4] /1/archiv/archiv/
 (DIR) [5] http://www.filmportal.de/film/berlin-die-sinfonie-der-grosstadt_f27ae4b393a74d05aeb5d4cef1225e94
 (DIR) [6] http://www.kino-central.de/archiv/t/t_tronthaim.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
       ## TAGS
       
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