# taz.de -- Straßenplanung per Volksabstimmung: Neue Verkehrsmeldungen aus Kiel
       
       > Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sorgt mit einem
       > Vorschlag zur Verkehrspolitik für Aufsehen. Die Opposition sieht darin
       > einen PR-Gag
       
 (IMG) Bild: Torsten Albig will BürgerInnen bei Verkehrs-Großprojekten entscheiden lassen - und erntet damit viel Kritik.
       
       Regensburg oder Rendsburg, wer bekommt die sechsspurige Autobahn? Bisher
       war es Sache der Bundesländer, ihre Wünsche nach neuen Straßen oder
       Erweiterungen beim Bundesverkehrsministerium anzumelden und durchzusetzen.
       Geht es nach Torsten Albig, sollen künftig die BürgerInnen entscheiden,
       welche Verkehrs-Großprojekte umgesetzt werden.
       
       Schleswig-Holsteins Ministerpräsident will über neue Trassen per
       Volksbefragung entscheiden lassen. Damit startet der SPD-Politiker zum
       zweiten Mal in kurzer Zeit eine Debatte zu einem Verkehrsthema – während
       der Osterferien hatte Albig mit einem Vorstoß für eine „Schlagloch-Maut“
       für Schlagzeilen gesorgt. Beifall gab es kaum, selbst die eigenen
       GenossInnen nannten die Idee „Unsinn“. Auch diesmal erntet der
       Ministerpräsident Kopfschütteln. Die Oppositionsparteien des Kieler
       Landtags werfen ihm vor, komplizierte Entscheidungen auf die BürgerInnen
       abzuschieben.
       
       „Ein blöder Vorschlag“, sagte Hans-Jörn Arp, verkehrspolitischer Sprecher
       der CDU-Landtagsfraktion. Unterlagen zu großen Verkehrsprojekten umfassten
       Zehntausende Seiten, selbst Fachleute seien sich bei einer langfristigen
       Bewertung häufig nicht sicher. Regierungen würden gewählt, um solche
       Entscheidungen zu treffen, zu erklären und umzusetzen, so Arp weiter:
       „Dabei versagt Albig.“ Oppositionskollege Christopher Vogt von der FDP
       sieht es ähnlich: „Meint Albig wirklich, dass es die Menschen in Bayern so
       sehr interessiert, ob die A 20 über die Elbe gebaut wird, dass sie sich
       darüber umfangreich informieren und am Sonntag ins Wahllokal gehen?“
       
       Albig sieht in seinem Vorschlag, den er über die Nachrichtenagentur dpa
       bekannt machte, einen Weg, „Menschen früher einzubinden“. Er setzt sich
       zudem für „neue Finanzierungsinstrumente“ ein, auch Privatkapital solle in
       öffentliche Straßenbauten einfließen. Generell solle der Erhalt bestehender
       Wege den Vorrang vor Neubauten haben. In Schleswig-Holstein gibt es zurzeit
       mehrere Großbaustellen an wichtigen Verkehrsadern. Zudem steht die
       Erneuerung oder ein Ersatzbau für die marode Rader Hochbrücke über den
       Nord-Ostsee-Kanal an.
       
       Der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste, Ken
       Blöcker, kritisiert die „Vogel-Strauß-Mentalität“ der Landespolitik:
       „Obwohl wir fast täglich durch Zahlen und durch persönliche Stauerfahrungen
       die Situation vor Augen geführt bekommen, wird zu wenig Geld für den
       Straßenbau und -erhalt bereitgestellt.“
       
       Die Koalitionsparteien taten sich am Donnerstag schwer, ihren
       Ministerpräsidenten zu unterstützen. Aus der SPD-Fraktion hieß es, man sei
       im Vorfeld nicht eingebunden gewesen. Der verkehrspolitische Sprecher Kai
       Vogel blieb denn auch eher vage: „Grundsätzlich halten wir mehr
       Bürgerbeteiligung für einen guten Weg. Wenn es dadurch gelingen sollte, für
       Infrastrukturprojekte mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen und
       Bauvorhaben zu beschleunigen, kann ich mir das vorstellen.“
       
       Ähnlich äußerte sich Andreas Tietze, verkehrspolitischer Sprecher der
       Grünen im Landtag: Albig habe „eine wichtige Debatte angestoßen“. Etwas
       enthusiastischer klang Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter der
       Grünen, der den Vorschlag des Ministerpräsidenten unterstützte und fand,
       Albig hätte noch einen Schritt weitergehen können: „Bedauerlich“ sei, dass
       der Ministerpräsident die geplant Querung des Fehmarn-Belts aus seinen
       Überlegungen ausschloss: „Sie wäre das erste Projekt, das hier Erwähnung
       finden und grundlegend überdacht werden müsste“, sagte der Politiker aus
       dem Kreis Herzogtum Lauenburg. „Die Gefahr eines Milliardengrabes am Belt
       ist weiterhin real.“
       
       Andere als inhaltliche Gründe für den Albig-Vorstoß vermutet der Pirat
       Torge Schmidt: „Als ich mitbekommen habe, dass SPD-Landeschef Ralf Stegner
       bei Anne Will auftritt, schoss mir sofort in den Kopf, wie wohl die
       PR-Antwort von Torsten Albig aussehen könnte.“
       
       12 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
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