# taz.de -- Kommentar Türkei und Irak: Von Erdogan gerufene Geister
       
       > Die angeblich einflussreiche Regionalmacht wird von Terroristen
       > vorgeführt. Vielleicht versteht Ankara nun, dass seine neo-osmanische
       > Außenpolitik gescheitert ist.
       
 (IMG) Bild: Auf Schleudersitzen: Erdogan (l.) und Präsident Abdullah Gül.
       
       Seit dem Vormarsch der islamistischen Isis-Kämpfer im Irak befindet sich
       die türkische Regierung in der Rolle des Zauberlehrlings. Die Kräfte, die
       sie einst rief, schlagen nun auf sie selbst zurück. Statt Assad und die
       syrischen Kurden zu bekämpfen, versucht Isis, sich ihren eigenen
       Gottesstaat zu schaffen, und nimmt auch noch die Konsulatsmitarbeiter ihrer
       Protektoren in Mossul als Geiseln.
       
       Auch wenn die türkische Regierung es bestreitet, es gibt viele Indizien
       dafür, dass der Geheimdienst Ankaras die Isis lange unterstützt hat. Dafür
       sprechen aufgeflogene Waffenlieferungen, der Transfer von Isis-Kämpfern
       über die türkische Grenze und die Behandlung verwundeter Kämpfer in
       türkischen Spitälern.
       
       Erdogan wollte in Syrien nicht nur die Opposition gegen Assad unterstützen.
       Stark werden sollte vor allem die religiös-sunnitische Opposition, über die
       man zukünftig in Syrien mitregieren wollte. Diese Strategie ist krachend
       gescheitert. Die Isis-Dschihadisten lassen sich nicht lenken. Stattdessen
       drohen sie, türkische Geiseln zu erschießen.
       
       Die angeblich einflussreiche Regionalmacht wird von den Terroristen
       vorgeführt, und Ankara weiß nicht, wie es reagieren soll. Nach dem Sturz
       der Muslimbrüder in Ägypten ist dies die zweite Niederlage der türkischen
       Außenpolitik. Jetzt muss der vermeintliche Weltpolitiker Erdogan darauf
       hoffen, dass die USA die Kastanien aus dem Feuer holen.
       
       Vielleicht setzt sich in Ankara nun langsam die Erkenntnis durch, dass ihre
       neo-osmanische Außenpolitik ein Hirngespinst ist, das nur scheitern konnte.
       Europa und auch die USA könnten in diesem Fall zukünftig wieder mit einem
       kooperativeren Partner rechnen, als das in den letzten Jahren der Fall war.
       Vor allem aber sind nun die Kurden als handelnde Kraft gegen die Islamisten
       in einer stärkeren Position als je zuvor.
       
       15 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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