# taz.de -- Ebola-Epidemie in Westafrika: Mehr Tote als je zuvor
       
       > Mehr als 460 Menschen sind dieses Jahr durch Ebola-Viren umgekommen. Es
       > ist die schlimmste Epidemie seit der Entdeckung des Virus im Jahr 1976.
       
 (IMG) Bild: Ebola in Guinea: Die Toten werden desinfiziert und luftdicht verpackt, bevor sie den Angehörigen übergeben werden.
       
       COTONOU taz | Es will sich einfach nicht in Guinea, Sierra Leone und
       Liberia ausrotten lassen: das tödliche Virus, das nach dem kongolesischen
       Fluss Ebola benannt ist. Im Kongo sowie im Sudan trat es vor 38 Jahren
       erstmalig auf. Nun breitet es sich immer stärker in Westafrika aus – und
       zwar in einer besorgniserregenden Dimension. Bereits im März wurde der
       erste Fall in Guinea bekannt.
       
       „Im Mai hatten wir schon den Eindruck, es klingt ab“, sagt Tankred Stöbe,
       Vorstandsvorsitzender der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF), „doch
       das hat sich nicht bewahrheitet.“ Im Gegenteil, für seine Organisation, die
       mit 300 Mitarbeitern in der Krisenregion aktiv ist, ist die Epidemie
       mittlerweile außer Kontrolle geraten.
       
       Was es im Vergleich zu früheren Ausbrüchen – zum letzten Mal war die
       Krankheit 2012 in Uganda gemeldet worden – so schwierig macht, ist die
       großflächige Ausbreitung über Ländergrenzen hinweg. In der Region sind
       heute mindestens 60 Orte betroffen. Es könnten sogar noch mehr sein, da es,
       so Stöbe, in den ländlichen Gebieten weitere Fälle geben könnte, die noch
       nicht erfasst sind.
       
       Bei früheren Epidemien trat das Virus hingegen geografisch überschaubar
       auf. Betroffen waren meist kleinere Dörfer auf dem Land. Doch nicht so in
       Westafrika. Die ersten Ebolainfektionen wurden in der Gegend rund um die
       Stadt Guéckédou in Guinea gemeldet. Der Ort liegt in der Nähe der Grenzen
       zu Liberia und Sierra Leone. Dort ist die Mobilität groß. Menschen haben
       viele Kontakte in die Nachbarländer und reisen häufig, was die Ausbreitung
       des Virus begünstigt. Gefürchtet wird auch, dass sich die Krankheit in
       großen Städten ausbreitet.
       
       Dabei gebe es durchaus viel Aufklärungsarbeit, sagt Hannes Stegemann,
       Afrikareferent von Caritas international mit Sitz in Freiburg. „Regierungen
       machen sie, aber auch Kirchen in den Gottesdiensten. Die Frage ist nur, wie
       die Informationen angenommen werden.“ Das kann mühsam sein, da es der erste
       Ebolaausbruch in Westafrika ist. Niemand verfügt über Erfahrungen.
       Verhaltensweisen, um sich zu schützen, müssen erst erlernt werden.
       
       ## Infektionsgefahr bei der Bestattung
       
       Ein grundsätzliches Problem ist, dass viele Kranke zu Hause gepflegt
       werden. Angehörige hielten, so Stegemann, keine besonderen Schutzmaßnahmen
       ein. Außerdem ist gerade in der Anfangsphase längst nicht immer eindeutig,
       dass es sich um das zumeist tödliche Virus handelt. Erste allgemeinen
       Symptome erinnern oft an eine Grippe oder an Malaria.
       
       Was in der Region ebenfalls für eine rasante Ausbreitung sorgt, sind
       spezielle Beerdigungsriten. Die Toten werden gewaschen und aufgebahrt.
       „Dabei werden sie berührt, und man beugt sich über sie“, sagt Hannes
       Stegemann. Dass es zu einer Infizierung kommen kann, ist den Trauernden
       nicht klar.
       
       Deshalb soll die Bevölkerung unbedingt auf die Mediziner hören, wozu Alpha
       Condé, Präsident von Guinea, seine Landsleute erst kürzlich wieder über das
       Fernsehen aufforderte. Außerdem sagte er: „Es gibt keinen Grund, Angst zu
       haben. Malaria ist hundert Prozent stärker. Ebola ist nicht das Ende der
       Welt.“ Statistisch gesehen stimmt das sogar. Doch noch nie sind so viele
       Menschen durch das Ebolavirus ums Leben gekommen wie in den vergangenen
       Monaten. Seit dem ersten Ausbruch im Jahr 1976 verlief die Erkrankung in
       rund 2.000 Fällen tödlich. Etwa jeder vierte Fall hat sich nun in
       Westafrika ereignet.
       
       ## Sondergipfel in Accra
       
       „Es ist der größte Ausbruch aller Zeiten“, betonte am Mittwoch auch Luis
       Gomes Sambo, Afrikadirektor der WHO, in der ghanaischen Hauptstadt Accra.
       Dort hatten sich zum Krisengipfel Vertreter der WHO, Gesundheitsminister
       aus ganz Westafrika sowie Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getroffen, um
       gemeinsame Strategien zur Bekämpfung der Ebolaepidemie zu finden.
       
       Klar ist: Das Virus betrifft nicht nur die Länder Guinea, Sierra Leone und
       Liberia. Kürzlich hatte es auch in Ghana Vermutungen über einen möglichen
       Ausbruch gegeben. Untersuchungen konnten dies jedoch nicht bestätigen.
       
       Sehr eindringlich hatte zuvor schon Liberias Präsidentin Ellen Johnson
       Sirleaf vor Ebola gewarnt. In Liberia ist es bisher zu 65 bestätigten
       Todesfällen gekommen. Im Staatsradio forderte sie, Kranke unverzüglich zu
       Ärzten zu bringen und nicht zu Hause oder in Kirchen zu behalten. „Ebola
       ist zur Wirklichkeit in unserem Land geworden und kann viele Menschen
       umbringen“, sagte die Präsidentin.
       
       ## Angst vor Ansteckung
       
       In Liberia sollen, so berichtete die Liberia News Agency am Mittwoch, sogar
       einige Krankenschwestern aus Angst vor einer Ansteckung ihren Dienst
       eingestellt haben. In der Stadt Kakata, die gut 70 Kilometer von der
       Hauptstadt Monrovia entfernt liegt, war es in der vergangenen Woche zu
       einem Todesfall gekommen. Seitdem beklagen die Krankenschwestern, dass die
       ihre Ausrüstung nicht ausreicht, um sich vor einer Infizierung zu schützen.
       
       Von Mensch zu Mensch kann das Virus durch den Austausch von
       Körperflüssigkeiten, etwa beim Geschlechtsverkehr, oder durch Blutkontakt
       übertragen werden. Menschen erkrankten vor knapp 40 Jahren erstmals durch
       Kontakte zu infizierten Affen und Flughunden.
       
       ## Einen Impfstoff gibt es nicht
       
       „Alle Hintergründe der Krankheit sind aber noch nicht bekannt“, sagt
       Tankred Stöbe. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei und 21 Tagen. Bricht
       die Krankheit aus, dann haben Betroffene meist Fieber, Schwächeanfälle und
       starke Schmerzen. Anschließend können Durchfall und Hautausschlag
       einsetzen. Nieren und Leber arbeiten nicht mehr richtig. Teilweise kommt es
       zu inneren und äußeren Blutungen, beschreibt die WHO. Impfstoffe gibt es
       keine, auch wirksame Medikamente fehlen.
       
       Es lassen sich nur die Symptome behandeln, so Stöbe. Wichtig sei die
       Schmerzbekämpfung sowie die Zufuhr von Flüssigkeit und Sauerstoff. Was die
       Krankheit dabei so dramatisch macht: Bis zu 90 Prozent der Infektionen
       verlaufen tödlich.
       
       3 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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