# taz.de -- Leserbrief im Weser-Kurier: Rassismus im Nebensatz
       
       > Die jüdische Gemeinde kritisiert den „Weser-Kurier“ für den Abdruck eines
       > Leserbriefs – der sei rassistisch gewesen. Die Zeitung sieht das anders.
       
 (IMG) Bild: Blick in die Bremer Bürgerschaft: Wer findet die Muslime, Christen, Atheisten?
       
       Die Jüdische Gemeinde erhebt heftige Vorwürfe gegen den Weser-Kurier: Die
       Zeitung beteilige sich an der Verbreitung pauschaler Vorurteile. Konkret
       geht es um den Abdruck eines Leserbriefs zu Kürzungen bei Privatschulen vom
       30. Juni: Den BildungspolitikerInnen Mustafa Güngör (SPD) und Sülmez Dogan
       (Grüne) wird darin vorgehalten, die Kürzungen würde sie „nicht weiter
       berühren, schließlich handele es sich „überwiegend nur um private,
       christliche und nicht um muslimische Schulen“. Die jüdische Gemeinde
       spricht von „Rassismus und Volkshetze“: „Die besondere Perfidie liegt in
       der Unterstellung, dass alle Deutschtürken ausschließlich für ihre eigenen,
       ’fraglos‘ muslimischen Interessen arbeiten.“ Abgedruckt hat der
       Weser-Kurier die Stellungnahme jedoch nicht.
       
       Dass die jüdische Gemeinde den zwei angefeindeten Muslimen solidarisch zu
       Seite steht, sei selbstverständlich, erklärt deren Sprecher, Grigori
       Pantijelew, der taz: „Wir sind empfindlich, wenn Menschen auf diese Weise
       diffamiert werden, weil wir es ständig am eigenen Leib erleben.“ Eine
       Stellungnahme wegen eines Satzes in einem Leserbrief hält er nicht für
       überzogen, sondern für „notwendig“: „Umso mehr, da wir die einzigen waren,
       die reagiert haben.“
       
       Die Grüne Sülmez Dogan ist der Gemeinde dafür dankbar. „Ich war erschüttert
       über den Leserbrief“, sagte sie zur taz. „Nur weil ich dunkle Haare habe,
       sei ich darauf aus, den muslimischen Glauben voranzutreiben, das hat mich
       schockiert.“ In der Debatte um die Kürzung stimmte Dogan mit den Grünen,
       SPD und Linken Mitte Juni für eine zweiprozentige Kürzung der fast 25
       Millionen Euro pro Jahr für Privatschulen. Oberschulen bekommen mehr Geld,
       Grundschulen sind nicht betroffen, dafür die gymnasialen Oberstufen – etwa
       die der evangelischen Bekenntnisschule oder der katholischen St.
       Johannes-Schule.
       
       Sie sei humanistisch erzogen und lebe den Islam nicht traditionell, sagt
       Dogan. Dennoch kenne sie diese Vorurteile: „Als ich gewählt wurde, schrieb
       mir jemand, er wolle er nicht von Ausländern regiert werden.“ Als Dogan
       2011 in Bremerhaven Spitzenkandidatin war, warnte ein Blog vor einer
       „endgültigen Islamisierung“, verbunden mit einem Wahlaufruf für die „Bürger
       in Wut“. „Egal was man macht“, sagt Dogan, „für einige Menschen wird man
       immer mit dem muslimischen Glauben verbunden bleiben.“
       
       ## Verärgerte Politiker
       
       Auch Mustafa Güngör ist sauer. Dass er vermutlich religiöser ist als Dogan,
       tut für den SPD-Bildungspolitiker nichts zur Sache: „Ich lebe in einem
       säkularen Staat, Religion ist meine Privatangelegenheit. Ich glaube, ich
       habe gezeigt, dass ich für alle eine Politik mache und die Herkunft und
       Religion keine Rolle spielt.“ Ein solcher Vorwurf sei ihm in dieser Art
       bisher noch nicht begegnet. „Das ist eine Art von Hetzerei, die in der
       freiheitlichen demokratischen Grundordnung nichts zu suchen hat.“ Der
       Leserbrief hätte nicht gedruckt werden dürfen, sagt er.
       
       Beim Weser-Kurier sieht man das anders. In einer Antwort an die jüdische
       Gemeinde, die der taz vorliegt, schreibt Chefredakteur Peter Bauer, deren
       Vorwurf gehe „erheblich zu weit“. Politik werde von Menschen gemacht, „da
       ist es Bürgern durchaus erlaubt, die einzelnen Politiker auch in ihrer
       Singularität anzusprechen, ohne auf politische Korrektheit Rücksicht zu
       nehmen“. Die Sicht der Leserin sei „sicher spitz und sarkastisch, aber aus
       meiner Sicht erlaubt“, so Bauer, die Gemeinde solle mit „mehr Distanz“ auf
       die Angelegenheit schauen. Und: „Im Übrigen veröffentlichen wir keine
       Stellungnahmen zu Leserbriefen“, so Bauer. Gegenüber der taz wollte Bauer
       nicht Stellung nehmen.
       
       7 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Bremen
       
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