# taz.de -- Bienen in Berlin: Süßer Fleiß
       
       > Die Schwarmintelligenz der Bienen weiß: Stadt tut gut. In Berlin boomt
       > die Imkerei. Heute wird das gefeiert.
       
 (IMG) Bild: Summ, summ, summ ... in Berlin gehts Bienen gut.
       
       Im Koran ist die 16. Sure den Bienen gewidmet, es heißt darin: „Aus ihren
       Leibern kommt ein süßer Trank, der ein Heilmittel ist für die Menschen.
       Wahrhaftig, darin liegt ein Zeichen für jene, die nachdenken.“
       
       Der Prinzessinnengarten in Kreuzberg lädt am Samstag zum 4. Stadthonig-Fest
       ein. Schon vor einigen Jahren hat ein Stadtimker im Akazienwäldchen des
       Gartens einige Bienenstöcke aufgestellt. Nun gibt es drum herum noch
       Verkaufs- und Informationsstände. Zu den Veranstaltern zählen Slow Food
       Berlin, Mellifera, Stadthonig-Vertriebe und ImkerInnen, von denen es in der
       Berlin rund tausend geben soll.
       
       Ihre Bienenvölker stehen in der Stadt auf Dächern und Balkonen, in
       Schrebergärten und auf Friedhöfen. Auch ein Redakteur der taz betätigt sich
       nebenbei als Imker. Auf dem taz-Dachgarten hat eine Imkerin drei
       Bienenvölker gestellt. Aus einem flog gerade die alte Königin mit einem
       Schwarm aus – und ward nie mehr gesehen. Auch die Feuerwehr, die bei
       Schwarmflug oft geholt wird und die die eingefangenen Schwärme, so sie
       herrenlos sind, gerne an Ökofrauen verschenkt, die sich als Imkerin
       versuchen wollen, konnte da nicht helfen.
       
       Wenigstens für Aufklärung sorgt der Imkerverein Mellifera. Er erklärt den
       Bienenfreunden: „Jede moderne Betriebsweise unterdrückt den Schwarm. Die
       Maßnahmen der ’Schwarmtrieblenkung‘ und einseitige züchterische Selektion
       sollen ihn im Vorfeld verhindern. Die somit fehlende natürliche Vermehrung
       der Völker wird durch künstliche Ablegerbildung und Königinnenzucht
       ersetzt. Dabei ist der Schwarm der eigentliche Höhepunkt der
       Volksentwicklung. Nur der Schwarmakt kann als Geburt von Bienenvölkern
       gelten.“
       
       Das sollte dann auch auf die ausgeschwärmten taz-Bienen zutreffen und ist
       überhaupt gegen die „industrielle Bienenhaltung“ gesagt. Imkereien in den
       USA und in Australien zum Beispiel arbeiten mit bis zu 80.000 Völkern
       zwecks Bestäubung riesiger Mandelbaum- und Obst- sowie Gemüseplantagen. Das
       Ergebnis nennt sich nun: „Colony Collapse Disorder“, kurz: „Bienensterben“,
       noch kürzer: „CCD“. US-Präsident Obama hat dagegen eine „Taskforce“
       eingerichtet.
       
       In Deutschland gibt es diese „Krankheit“, über die viel geforscht wird,
       auch schon, obwohl die hiesigen Imker im Durchschnitt nur 7,8 Völker
       bewirtschaften. Manche machen die in der industriellen Landwirtschaft
       eingesetzten Gifte für das „Bienensterben“ verantwortlich, andere die sich
       mehrenden Strahlenquellen von Handys, Internet und TV-Sendern, wieder
       andere bestimmte Milben oder Viren, und einige begreifen diesen ganzen
       „Stress“ in der Summe als tödlich für Bienen.
       
       Als ihre Erforschung in den zwanziger Jahren die Öffentlichkeit faszinierte
       – unter anderem entdeckte der Zoologe Karl von Frisch damals die
       „Bienensprache“, mit der sie sich über ergiebige Trachten verständigen –,
       hielt der Anthroposophie-Begründer Rudolf Steiner vor den Bauarbeitern des
       Goetheaneums Vorträge über eine wesensgemäße Bienenhaltung. Dabei sagte er
       voraus, dass die Bienenzucht in 80 oder 100 Jahren in eine große Krise
       geraten werde – vor allem wegen der künstlich gezüchteten Königinnen.
       Bemerkenswerterweise hat Steiner damals auch bereits den „Rinderwahnsinn“
       (BSE) vorausgesagt – und hinreichend begründet.
       
       ## Die vielen Bäume in Berlin
       
       Zu den eher szenigen Kreuzberger Imkerinnen zählt die Barbesitzerin Erika
       Mayr. Sie ist Vorsitzende des Imkervereins Charlottenburg/Wilmersdorf und
       hat ein Buch über „Die Stadtbienen“, so der Titel, geschrieben. Darin
       erklärt sie auch, warum es in Berlin so viele gibt: Nicht nur stehen hier
       besonders viele Straßenbäume, bei der Baumauswahl ließ man sich nach dem
       Krieg vom Potsdamer Gärtner und Imker Karl Förster dazu beraten, und der
       „wählte gute Trachtbäume aus, deren Blütezeiten unmittelbar aufeinander
       folgen: Kastanie, Ahorn, Robinie und Linde … Deshalb liegen die Erntemengen
       der Stadtimker auch deutlich über denen der Landimker.“ Zudem ist Honig aus
       der Stadt angeblich weniger mit Pestiziden belastet als der von Landbienen.
       
       Zwischendurch scheint dieses bienenfreundliche Wissen aber verloren
       gegangen sein. So erfuhr Erika Mayr von Mitarbeitern aus den Berliner
       Grünflächenämtern, dass die nur noch wüssten: „Birken verursachen Schmutz,
       und Autos werden von den Blattläusen der Linden ganz klebrig.“
       
       Langsam findet jedoch ein Umdenken statt. Nicht nur will die „grüne Stadt“
       Berlin mehr Bienenbäume pflanzen, es gibt auch immer mehr Imker. Damit
       dürfte es hier bald genug Bienen geben. In Brandenburg gibt es dagegen ein
       Defizit: Für eine flächendeckende Bestäubung wären vier Völker pro
       Quadratkilometer nötig, Brandenburg kommt aber bei dieser Rechnung nur auf
       ein Volk.
       
       Erika Mayr wird auch „Biene Mayr“ genannt, in Anspielung an den Bestseller
       „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ von Waldemar Bonsels aus dem Jahr 1912.
       Nachdem jüngst ein Biologe dem Buch in einer Art Gutachten politische
       Unkorrektheiten nachgewiesen hatte und eine „monarchisch-imperialistische“
       und eine „sozialdarwinistisch getönte rassistische Tendenz“ aufdeckte, kam
       prompt eine „kindgerechte“ Fassung auf den Markt. Streitpunkt ist die
       finale Immenschlacht gegen ein verschlagenes Hornissenvolk, bei dem die
       wackeren Bienen alle Angreifer vernichten. In der gereinigten Version
       entfällt nun das Stechen und Sterben, die Hornissen werden nur übertölpelt,
       gefangen genommen und ausgewiesen.
       
       ## ■ Helmut Höge ist Autor des Buches „Bienen“ in der Reihe „Kleiner
       Brehm“, Peter-Engstler-Verlag 2014
       
       19 Jul 2014
       
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