# taz.de -- Abgeschossene Malaysia-Airlines-Maschine: 196 Leichen an unbekanntem Ort
       
       > Konfusion an der Absturzstelle von Flug MH17: Die Separatisten sollen die
       > Rettungskräfte gezwungen haben, die bisher geborgenen Toten an sie zu
       > übergeben.
       
 (IMG) Bild: Ein Bergungsarbeiter am Absturzort von Flug MH17 macht Pause.
       
       DONEZK/KIEW/BERLIN ap/rtr/dpa | Prorussische Separatisten sollen nach
       Darstellung der ukrainischen Behörden alle 196 geborgenen Leichen vom
       Absturzort der Malaysia-Airlines-Maschine MH17 im Osten des Landes an einen
       unbekannten Ort gebracht haben. Dies teilte die ukrainische
       Katastrophenschutzbehörde am Sonntag mit. Ukrainische Rettungskräfte seien
       gezwungen worden, die Leichen zu übergeben, sagte Sprecherin Natalia
       Bystro. Die Regierung habe keine Informationen, wohin die Opfer gebracht
       worden seien.
       
       Kurz zuvor hieß es noch, die Regierung habe sich mit den Rebellen darauf
       geeinigt, die Todesopfer unter internationaler Beobachtung an einem
       sicheren Ort zu bringen. Die Rede war von der etwa 300 Kilometer entfernten
       Großstadt Charkow. Dort sei eine Untersuchungskommission eingerichtet
       worden, die die Identifizierung der Leichen vornehmen soll. In Charkow
       seien zudem Hunderte Hotelzimmer für Angehörige und Hinterbliebene der
       Opfer reserviert.
       
       Die Maschine der Malaysia Airlines war am Donnerstag mit 298 Menschen an
       Bord über dem zwischen Rebellen und der ukrainischen Regierung umkämpften
       Gebiet an der russischen Grenze abgestürzt. Nach ukrainischen und
       amerikanischen Erkenntnissen wurde sie mit einer Boden-Luft-Rakete
       abgeschossen. Die Ukraine und die Separatisten beschuldigen sich
       gegenseitig, dafür verantwortlich zu sein.
       
       Am Absturzort würden die Sucharbeiten von bewaffneten prorussischen
       Separatisten überwacht und erheblich behindert, sagte ein Sprecher des
       Zivilschutzministeriums in Kiew am Sonntag. An den Arbeiten beteiligen sich
       demnach etwa 380 Mitarbeiter des ukrainischen Bergungsdienstes. Darunter
       sind auch Taucher, die einen nahen See absuchen. Der Bereich der
       Bergungsarbeiten sei von 25 auf 34 Quadratkilometer ausgeweitet worden,
       hieß es.
       
       Der ukrainische Vize-Regierungschef Wladimir Groisman sprach von bis zu 900
       Aufständischen rund um die Absturzstelle nahe der Ortschaft Grabowo. Die
       militanten Gruppen hätten mehrfach versichert, die Arbeiten der
       Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht zu
       behindern. Mit den Separatisten sei vereinbart worden, die sterblichen
       Überreste zunächst in speziellen Eisenbahnwagen zu lagern, sagte Groisman.
       
       Die Aufständischen wollen die Sicherheit internationaler Ermittler am
       Absturzort nur garantieren, wenn die Führung in Kiew einer Waffenruhe
       zustimmt. Die Regierung werde aufgefordert, umgehend ein Abkommen zu
       schließen, sagte Separatistenanführer Andrej Purgin. Die Feuerpause müsse
       mindestens für die Dauer der Untersuchung des Wracks gelten.
       
       Unterdessen sind nach Angaben der Regierung in Kiew in der Nacht zum
       Sonntag ukrainische Stellungen zwei Mal von Russland aus beschossen worden.
       Mörsergranatenangriffe seien kurz nach Mitternacht verzeichnet worden und
       dann noch einmal etwa zwei Stunden später, hieß es auf einer von der
       Regierung eingerichteten Facebook-Seite. In beiden Fällen sei aus Richtung
       Russland geschossen worden.
       
       ## UN-Blauhelmdebatte unter deutschen Politikern
       
       Als Konsequenz aus dem mutmaßlichen Abschuss der Malaysia-Airlines-Maschine
       haben mehrere Koalitionspolitiker einen Einsatz von UN-Blauhelmtruppen
       angeregt. „Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir über einen
       Blauhelm-Einsatz unter dem Dach der Vereinten Nationen mit einem
       entsprechenden Mandat nachdenken müssen“, sagte der stellvertretende
       CDU/CSU-Fraktionschef Andreas Schockenhoff der Rheinischen Post. Ein
       international überwachter Waffenstillstand sei dringend nötig.
       
       „Wenn der Sicherheitsrat im Rahmen einer Resolution und mit Zustimmung der
       Ukraine einen UN-Blauhelmeinsatz zur Überprüfung und Durchsetzung einer
       Waffenruhe als sinnvoll und durchführbar erachtet, könnte dies ein Beitrag
       zur diplomatischen Bearbeitung der Ukraine-Krise sein“, sagte
       SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich am Samstag. Allerdings sehe er derzeit
       keine Möglichkeit dazu, weil Sicherheitsgarantien und eine Unterstützung
       Moskaus fehlten. Ähnlich äußerte sich der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels.
       
       Schockenhoff hält sogar eine Beteiligung der Bundeswehr an einem solchen
       UN-Einsatz für denkbar: „Wenn eine solche Mission zustande kommen sollte,
       würde auch Deutschland gefragt sein.“ Zwar forderten Politiker
       parteiübergreifend eine sofortige Waffenruhe und eine unabhängige
       Untersuchung des Absturzes der Passagiermaschine, eine einheitliche Meinung
       zur Einbindung der UN gibt es in der großen Koalition aber nicht. So warnte
       der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), vor der
       Blauhelm-Debatte. „Ein typischer Blauhelm-Einsatz sollte von den
       beteiligten Konfliktparteien akzeptiert und auf die Implementierung und
       Absicherung eines Friedensplans ausgerichtet sein“, sagte Erler der Welt am
       Sonntag. Solange die Konfliktparteien noch nicht einmal kontinuierlich
       verhandelten, sei der Einsatz von Blauhelmen wenig sinnvoll.
       
       20 Jul 2014
       
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