# taz.de -- Misswirtschaft in Portugal: Vom Heiligen Geist verlassen
       
       > Sie werden die portugiesischen Rockefellers genannt: Der Familie Espírito
       > Santo gehört fast alles im Krisenland. Nun wackelt ein Teil des Imperium.
       
 (IMG) Bild: Nix Heiliges: Bankfiliale in Lissabon.
       
       MADRID taz | „Was nicht dem Staat gehört, gehört Espírito Santo“, lautet
       ein portugiesisches Sprichwort. Die Familie mit dem Namen Espírito Santo –
       „Heiliger Geist“ – besitzt nicht nur die größte Geschäftsbank des
       Krisenlandes. Zur Banco Espírito Santo wiederum gehört ein Imperium mit
       Autoimporteuren, Reisebüros, Hotels, Kreditinstituten und Versicherungen,
       das sich über vier Kontinente erstreckt – die Gruppe Espírito Santo (GES).
       
       Jetzt droht all das wie ein Kartenhaus einzustürzen. Denn ein Teil der in
       Luxemburg ansässigen Holding der Gruppe namens Espírito Santo International
       (ESI) hat am Wochenende Konkurs angemeldet. ESI hält wiederum 20 Prozent an
       der GES. Es war ein Crash mit Vorlauf. Zuvor hatten ESI-Unternehmen die
       Zahlung von milliardenschweren Krediten an die portugiesische Telekom
       ausgesetzt.
       
       Zudem hatte Bankchef Ricardo Espírito Santo, 70, Millionen Steuern
       hinterzogen. In nur wenigen Wochen stürzte die Aktie der Bank auf die
       Hälfte ab, die Gruppe verlor gar 70 Prozent an Börsenwert. Nicht nur
       Portugal hält derzeit den Atem an. Denn die Krise bei Espírito Santo droht
       die zaghafte Erholung des Landes, das gerade nach drei Jahren den
       EU-Rettungsschirm verlassen hat, zunichte zu machen. Die Börsen in Europa
       schauen voller Sorge auf die Kursentwicklungen.
       
       Die Geschichte der Familie Espírito Santo hätte Hollywood nicht besser
       erfinden können. Der Gründer der Bank wurde 1850 in Lissabon als
       Neugeborener vor einer Kirche abgelegt. Er wurde deshalb auf den Namen José
       María Espírito Santo getauft. Mit 19 begann er, Lotterielose zu verkaufen –
       und zwar solche aus Spanien. Denn dort war die Gewinnausschüttung der
       Staatslotterie höher als in Portugal. Mit dem Gewinn baute er die Bank auf,
       die Ricardo Espírito Santo Salgado jetzt in die Krise geführt hat. Auf
       Druck der Zentralbank mussten der Enkel des Gründers und weitere
       Familienmitglieder ihre Ämter an der Spitze des Finanzinstituts
       niederlegen.
       
       Mit Ausnahme der Jahre nach der Nelkenrevolution 1974, als Bank und Gruppe
       verstaatlicht wurden, war der Wirtschaftskoloss immer in Händen der Familie
       Espírito Santo. Jetzt lenken erstmals statt der „portugiesischen
       Rockefellers“, denen immer noch 25 Prozent der GES gehören, mit Vítor Bento
       ein ehemaliger Zentralbanker sowie der Ex-Chef der Schuldenagentur, João
       Moreira Rato, die Geschicke der Bank.
       
       Trotz einer Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro sinkt der Börsenkurs
       weiterhin. Er liegt nun bei einem Zehntel dessen, was die Anteile noch vor
       der Finanzkrise 2007 wert waren.
       
       ## Geringe Ansteckungsgefahr
       
       Dennoch sind jetzt nur beschwichtigende Worte zu hören. Die Ratingagentur
       Moody’s, die Portugal mit ihren Berichten einst unter den Rettungsschirm
       trieb, sieht keine Gefahr für die Erholung Portugals. Wie der
       Noch-Vorsitzende der EU-Kommission und einstige portugiesische
       Regierungschef, José Manuel Durão Barroso. Selbst Euro-Zuchtmeister
       Wolfgang Schäuble gesteht „Probleme“ ein. Aber „die Ansteckungsgefahr sei
       geringer“, als dies vor ein paar Jahren der Fall gewesen wäre, sagte der
       deutsche Finanzminister.
       
       Portugals Präsident Aníbal Cavaco Silva ist realistischer. „Wir können
       nicht übersehen, dass dies Auswirkungen auf die reale Ökonomie haben wird“,
       erklärte er. Gleichzeitig sprach er der Politik der Zentralbank sein
       Vertrauen aus. „Die Zentralbank und ihr Gouverneur agierten in der Sache
       äußerst korrekt“, erklärte Cavaco Silva. Und plädierte für eine „neue
       Aktionärsstruktur“. Die portugiesische Linke denkt indes radikaler – sie
       will eine erneute Verstaatlichung des Firmengeflechts.
       
       23 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Banken
 (DIR) Euro-Krise
 (DIR) Portugal
 (DIR) Portugal
 (DIR) Banken
 (DIR) Portugal
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Verfassungsgericht in Portugal: Hüter der Gerechtigkeit
       
       Erneut kassiert das Gericht Spargesetze. Steuern auf Renten seien
       unzulässig, Gehaltskürzungen für Beamte nur bis 2015 akzeptabel. Die
       Regierung ist dennoch erleichtert.
       
 (DIR) Krise in Portugal: Millardenhilfe für Bank
       
       Die Banco Espírito Santo wird mit fast 5 Milliarden Euro aus Steuergeldern
       saniert. Dafür werden „faule“ Kredite in eine „Bad Bank“ ausgelagert.
       
 (DIR) Banco Espirito Santo: Portugal wieder in der Krise?
       
       Schlechte Berichte über die größte portugiesische Bank sorgen für
       Kursstürze an den Börsen. Portugal und die EU wiegeln ab.