# taz.de -- Olympische Spiele: „Das ist alles wirr geplant“
       
       > Linksfraktionschef Udo Wolf ist ein begeisterter Sportler. Milliarden für
       > Olympia kommen für ihn aber nicht infrage in einer Stadt mit mangelhaften
       > Schulklos
       
 (IMG) Bild: Einer der schärfsten Kritiker von Berliner Bemühungen um Olympische Spiele: Udo Wolf der Vorsitzender der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.
       
       taz: Herr Wolf, Sie als einer der Sportlichsten im ganzen Abgeordnetenhaus,
       als Bergsteiger und Läufer, sind zugleich einer der größten Gegner einer
       Olympia-Bewerbung, genau wie Ihre Fraktionskollegin Gabi Hiller als
       Marathonläuferin. Wie passt das zusammen? 
       
       Udo Wolf: Das passt prima zusammen, denn ich bin ja für die Stärkung des
       Breitensports. Ich finde zwar auch, dass Leistungssport vernünftig
       gefördert werden soll, glaube aber, dass Olympische Spiele in Berlin keinen
       Beitrag dazu leisten, sportpolitisch etwas zu verbessern.
       
       Aber wenn schon Leistungssportförderung, dann ist Olympia doch der Gipfel. 
       
       Ich glaube, dass für einen Sportler Olympische Spiele eine schöne Sache
       sind …
       
       Für die Zuschauer auch. 
       
       … aber eine Ausrichterstadt hat ganz andere Probleme zu stemmen und muss
       sich die Spiele auch leisten können: finanziell, organisatorisch und
       politisch.
       
       So argumentierten auch die Olympia-Gegner in Garmisch und München und
       aktuell in Oslo, auch andere westliche Metropolen sind von Kandidaturen
       abgerückt. Da darf man sich dann nicht beklagen, wenn die Spiele in Länder
       gehen, in denen soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz eine, nett gesagt,
       untergeordnete Rolle spielen. 
       
       Doch, da muss man sich fleißig drüber beklagen, vor allem beim
       Internationalen Olympischen Komitee, dem IOC. Das betreibt eine Politik der
       Intransparenz und Korruption …
       
       … die sich aber vom Bundesland Berlin aus nicht wirklich ändern lässt. 
       
       Für uns ist entscheidend, was Berlin braucht. Bei den letzten
       Haushaltsberatungen haben wir einige Vorschläge für Investitionen in die
       bauliche und soziale Infrastruktur der Stadt gemacht. Die sind alle
       abgelehnt worden mit dem Verweis darauf, dass Berlin so hohe Altschulden
       hat und man das Geld in deren Tilgung stecken muss. Aber jetzt, nachdem er
       den Volksentscheid zu Tempelhof verloren hat, nachdem er den BER als
       Großprojekt nicht auf die Reihe kriegt, sagt der Senat, dass er Milliarden
       rausschmeißen will für Olympische Spiele. Das ist einfach sozialpolitisch
       unverantwortlich.
       
       Sportsenator Frank Henkel hat am Dienstag erstmals Zahlen genannt und von
       1,8 bis 2,2 Milliarden Euro gesprochen. Halten Sie das für realistisch? 
       
       Ich vermute mal, dass der Sportsenator nicht den Unterschied zwischen dem
       Durchführungsbudget, dem Investitionsbudget und den sogenannten
       nicht-olympischen Investitionen kennt.
       
       Anders als Sie offenbar. 
       
       Also, das Durchführungsbudget allein hat 2012 bei den Spielen in London 2,6
       Milliarden Euro betragen, aber die Investitionen – zum Beispiel, um die
       Sportstätten überhaupt olympiatauglich zu machen – sind damit gar nicht
       abgedeckt. Je nachdem, welche Budgets man einbezieht, rechnet man in London
       mit 14 bis 28 Milliarden.
       
       Henkel und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit fordern ja durchaus,
       dass Geld aus dem Bundeshaushalt kommt, weil Olympische Spiele eine
       nationale und nicht nur eine Berliner Angelegenheit seien. 
       
       Es geht ja erst mal darum, dass schon jetzt, ohne jegliche
       Olympia-Belastungen, der Senat seine Pflichtaufgaben nicht hinbekommt.
       Solange in Berlin nicht alle Schulklos saniert sind, so lange das
       Schulschwimmen nicht wohnortnah sichergestellt ist, so lange die
       Bäderbetriebe von neuen Spaßbäder träumen, während existierende Hallenbäder
       in sich zusammenfallen, so lange braucht man gar nicht über irgendwelche
       Großprojekte nachzudenken. Überlegen Sie mal: Olympia, das ist wie 44
       Weltmeisterschaften auf einmal mit immensen Investitionskosten.
       
       Das können aber auch alles Dinge sein, von denen die Stadt profitiert – so
       wie aus einem Olympischen Dorf auf dem heutigen Flughafen Tegel die
       bezahlbaren Wohnungen werden könnten, die auch Sie so dringend fordern. 
       
       Ja – aber erst ab 2024, wir brauchen die Wohnungen aber jetzt! Und was
       überhaupt die Nachnutzung von Tegel angeht: Daraus sollte doch nach dem
       Ende des Flugbetriebs zusammen mit der Beuth-Hochschule eine Art Cluster
       E-Mobilität entstehen. Jetzt auf einmal möchte der Senat dort das
       Olympische Dorf hin bauen. Das hat doch mit Konzeption, nachhaltiger
       Überlegung und politischer Strategie nichts zu tun. Das ist alles wirr
       geplant – nein, geplant ist schon zu viel gesagt.
       
       Der Senat verweist auch darauf, dass ein Großteil der Sportstätten schon
       vorhanden ist und man sie ja sowieso sanieren muss. 
       
       Also, eine Erhaltungssanierung und das Tauglichmachen für Olympia sind ein
       riesengroßer Unterschied. Was wir uns vom Senat wünschen, ist, dass er
       endlich mal genaue Zahlen auf den Tisch legt.
       
       Wieso? Sie haben ja sowieso schon klar „Nein“ zu den Spielen gesagt und die
       NOlympia-Bewegung wiederbelebt. Grüne und Piraten wollen ja zumindest
       abwarten, was der Senat an Konzepten anzubieten hat. 
       
       Wie die Grünen oder die Piraten zu ihrer Position kommen, müssen sie selbst
       erklären. Doch bei dem, was die rot-schwarze Koalition bislang an
       Konzeption vorgelegt oder eben nicht vorgelegt hat, wird ziemlich schnell
       deutlich, dass jeder, der nur ein bisschen nachdenkt, eine solche Bewerbung
       ablehnen muss.
       
       Aber auch der sonst Großprojekten gegenüber kritische Bund für Umwelt und
       Naturschutz spricht sich anders als Sie für Spiele in Berlin aus … 
       
       … macht aber ein Bedingungsgeflecht auf, von dem ich sage: Das ist
       illusionär, wenn man sich die Bedingungen beim IOC und in Berlin anguckt.
       
       In Umfragen gibt es eine knappe Mehrheit pro Bewerbung. 
       
       Ich denke, das wird sich bald ändern – wenn klar ist, was es kostet und
       worauf die Berlinerinnen und Berliner wegen einer Bewerbung weiter
       verzichten müssten.
       
       14 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bosch
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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