# taz.de -- Rassismus in Schweden: Polizeischutz für Neonazis
       
       > Individuelle Volksverhetzung ist in Schweden strafbar – organisierter
       > Rassismus erlaubt. Deshalb schützt die Polizei eine Demo der „Partei der
       > Schweden“.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei ist für die Neonazis voll im Einsatz
       
       STOCKHOLM taz | Tausende Polizeibeamte, die man aus dem ganzen Land
       zusammengezogen hatte, Hundestaffeln, berittene Polizei, einsatzbereite
       Terror- und Bombenspezialeinheiten und Hubschrauber über der Stadt: Die
       Polizei in Stockholm hatte am Samstag zu einer Kraftanstrengung geladen wie
       seit dem Staatsbesuch von US-Präsident Obama nicht mehr. Und das, um eine
       Kundgebung und einen Marsch von 50 Mitgliedern und Anhängern der
       neonazistischen „Svenskarnas Parti“ (Partei der Schweden) zu schützen.
       
       Zum Protest gegen deren Aufmarsch hatten sich nämlich hinter den
       Polizeiabsperrungen rund um den Veranstaltungsort, dem Gustav-Adolfs-Platz
       in der Stockholmer City und im benachbarten Kungsträdgården-Park,
       geschätzte 10.000 bis 14.000 Menschen versammelt.
       
       Protest klang in Form von Glockenläuten auch vom Turm der St. Jakobs
       Kirche: Ebenso wie in vielen anderen Städten, durch die die Tournee der
       „Svenskarnas Parti“ vor den Parlamentswahlen am 14. September führte, hatte
       sich auch diese Kirchengemeinde solcher Protestform angeschlossen und für
       die Zeit der Neonazi-Kundgebung gleichzeitig zu einem außerplanmäßigen
       Gottesdienst geladen. Thema: „Die unantastbaren Werte aller Menschen“.
       
       Von dem, was der Parteivorsitzende Stefan Jacobsson und sein Stellvertreter
       Anders Ärleskog an rassistischen und antisemitischen Botschaften – auf
       einem Banner symbolisierte „Svenskarnas Parti“ das Bankwesen mit einem
       Davidstern – zu sagen hatten, ging das meiste im Lärm von Trillerpfeifen,
       Trommeln und Sprechchören unter.
       
       ## Linkes Kulturhaus gestürmt
       
       Es kam zu einigen Zusammenstößen zwischen DemonstrantInnen und der Polizei,
       sowie mehreren kurzzeitigen Festnahmen wegen Verstoßes gegen das
       Vermummungsverbot. Doch insgesamt sei der Tag „verhältnismäßig ruhig“
       verlaufen, konstatiert die antirassistische Website [1][www.expo.se].
       
       Die Ausnahme: Schon Stunden vor der Veranstaltung der Svenskarnas Parti
       hatte ein großes Polizeiaufgebot das Kulturhaus im Stadtteil Högdalen
       gestürmt, in dem sich einige Dutzend linke AktivistInnen auf die
       Gegenkundgebung vorbereitet hatten. Angeblich wurden Waffen gesucht – aber
       keine gefunden.
       
       „Warum drangsaliert die Polizei uns und lässt die Rassisten in Ruhe“,
       wundert sich Magnus, der von der Polizei im Kulturhaus verhört wurde. Diese
       Frage wird in den letzten Tagen in Schweden vermehrt gestellt. Mal wieder.
       
       „Svenskarnas Parti“, die Schweden von der „Rassenvermischung befreien“
       will, wird es nämlich gestattet, ihren Rassismus, ihren Judenhass und ihr
       offen antisemitisches Weltbild relativ ungehindert zu verbreiten. Zwar sind
       viele ihrer führenden Mitglieder wegen Volksverhetzung einschlägig
       vorbestraft, doch organisierter Rassismus ist in Schweden erlaubt.
       
       ## Gegen die Antirassismuskonvention
       
       Dass das Land damit die 1969 in Kraft getretene Antirassismuskonvention der
       Vereinten Nationen verletzt, zu deren Erstunterzeichnern es gehörte,
       kritisieren BefürworterInnen eines Verbots von Parteien wie Svenskarnas
       Parti schon lange.
       
       „Schweden verstößt mit einem solchem Verhalten gegen eine Verpflichtung,
       die man schon vor 45 Jahren eingegangen ist“, sagt Peter Nobel,
       Exgeneralsekretär des schwedischen Roten Kreuzes und erster
       Diskriminierungs-Ombudsman des Landes. Auch das UN-Komitee gegen
       Rassendiskriminierung selbst hat Schweden wiederholt ermahnt, endlich
       gesetzliche Möglichkeiten zum Verbot rassistischer Organisationen zu
       schaffen.
       
       Wechselnde Regierungen haben dies bislang hauptsächlich mit dem Argument
       abgelehnt, man würde solche Gruppen damit nur in den Untergrund drängen und
       ein offener Dialog sei allemal vorzuziehen. Auch jetzt verteidigte
       Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt die Versammlungsfreiheit für Neonazis:
       „Das ist Teil unserer Demokratie.“
       
       1 Jan 1970
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.expo.se
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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