# taz.de -- Bezahlbare Neubauten: Leben auf 34 Quadratmetern
       
       > Weniger Fläche, Wohnküche und keine Tiefgarage: Neubauten für Klein- und
       > Mittelverdiener erfordern Bescheidenheit von den Mietern.
       
 (IMG) Bild: Geht doch: Bagger arbeiten an modernen Neubauten in Köln
       
       BERLIN taz | Der Lärm der Autobahn auf der anderen Seite der Böschung ist
       nicht zu überhören. Aber es ist schön grün hier in Altglienicke, einem
       Stadtteil weit draußen im Osten Berlins. Hier in der Ewaldstraße werden
       gerade Sozialwohnungen gebaut – zum ersten Mal seit 13 Jahren.
       
       Das kleine Projekt mit 32 Wohneinheiten wird mithilfe der neuen sozialen
       Wohnungsbauförderung des Landes Berlin errichtet, berichtet Lutz Ackermann,
       Sprecher der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo. Die DeGeWo
       bekommt zinslose Baudarlehen und verpflichtet sich im Gegenzug,
       Wohnungssuchende die bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten, eine
       billige Miete anzubieten.
       
       Mit einer Gesamtmiete von 320 Euro warm für ein 34-Quadratmeter-Appartement
       sind die Neubauwohnungen in Altglienicke sogar „Hartz-IV-fähig“. Heißt: Die
       Jobcenter würden im Fall der Langzeitarbeitslosigkeit die Kosten
       übernehmen.
       
       ## 
       
       Doch nicht nur das preisgünstige Grundstück in Autobahnnähe – auch kleinere
       Schnitte helfen, die Baukosten pro Wohnung zu beschränken. „Man kann Mieten
       mindern, indem man die Quadratmeter reduziert und mit vernünftigen
       Schnitten baut“, sagt Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung
       für Bauen, Stadtentwicklung und Umweltschutz in Berlin.
       
       So gelten zwar bundesweit 45 bis 50 Quadratmeter Wohnfläche noch als
       angemessen für alleinstehende Hartz-IV-Bezieher in einer Einzimmerwohnung.
       Im aktuellen sozialen Neubau in Berlin aber werden kleinere Einheiten
       geschaffen. Dort gelten für eine Person 40 Quadratmeter, für ein Paar 54
       Quadratmeter als Höchstgrenze.
       
       ## Genossenschaft für mittlere Einkommen
       
       Auch die Genossenschaft Möckernkiez, die in Berlin-Kreuzberg baut und sich
       eher an mittlere Einkommen wendet, errichtet keine großräumigen Lofts.
       Viele Genossenschaftsmitglieder seien bereit, sich bei den Quadratmetern zu
       reduzieren, um die Kosten für die Einlagen und Mieten zu beschränken,
       berichtet Ronja Funke von Möckernkiez eG. „Die mehrzimmrigen Wohnungen
       haben in der Regel Wohnküchen.“ Das spart die früher üblichen Wohnzimmer.
       
       Im Möckernkiez werden auch 30-Quadratmeter-Wohnungen für Singles gebaut.
       Diese Wohnungsgröße, in Metropolen wie Paris ganz normal, wäre vor kurzem
       in Berlin noch als „Affenkäfig“ verschrien. Die Einzimmerappartements
       werden aber „gut nachgefragt“, berichtet Funke. Die Wohnkosten dafür sind
       relativ niedrig. Denn im Möckernkiez müssen die Mitglieder eine Einlage von
       920 Euro pro Quadratmeter einbringen und Mieten zwischen sieben und elf
       Euro nettokalt pro Quadratmeter entrichten. Supergünstig ist die
       Genossenschaft also nicht. Die Einlage gibt es bei einem Auszug nur
       unverzinst zurück.
       
       ## Kostenbewusst bauen
       
       Nicht nur im Möckernkiez baut man kostenbewusst. „Tiefgaragen müssen nicht
       sein“, sagt Dietmar Walberg, Geschäftsführer des Wohnungsbauinstituts „Arge
       e.V. Kiel“. Die Arge hat in einer neuen Erhebung kostenträchtige Posten im
       Wohnungsbau aufgelistet: Bei Baukosten von 2.400 bis 2.900 Euro pro
       Quadratmeter Wohnfläche fällt eine Tiefgarage etwa mit 292 Euro ins
       Gewicht, ein Keller mit 122 Euro, ein Aufzug ist mit 68 Euro noch relativ
       kostengünstig.
       
       Dachbegrünungen, Barrierefreiheit, Gemeinschaftsgärten – all die schönen
       sozial-ökologischen Elemente können die Baukosten in die Höhe treiben und
       die Mieten für Mäßigverdiener unbezahlbar machen. Deswegen fallen auch
       viele Genossenschaftsbauten am Ende bescheidener aus als am Anfang gedacht.
       Im Möckernkiez allerdings legt man auf Details wert: Der Wohnungsschnitt
       erlaube Wendekreise für Rollstühle, sagt Funke. Auch an Aufzügen wird nicht
       gespart, die Wohnungen sollen altersgerecht sein.
       
       Die kostenoptimierten Neubauten von heute dürfen nicht die Plattenbauten
       von morgen werden. „Die müssen auch künftig noch vermietbar sein“, sagt
       Ackermann von der DeGeWo. Für die Wohnungen im Neubau in Altglienicke haben
       die Planer Fußbodenheizungen vorgesehen. Ein Luxus. Sowas gab es bisher
       noch nicht im sozialen Wohnungsbau.
       
       12 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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