# taz.de -- Die Wahrheit: Tee mit dem Gerätestreikbrecher
       
       > Tagebuch einer Alltagsheldin: Versagen nigelnagelneue Haushaltsgeräte
       > mehrfach den Dienst, enstehen echte Bindungen zum Reparaturpersonal.
       
       Haushaltsgeräte vereinfachen den Alltag, und wer ließe sich nicht gern das
       Leben leichter machen? Einer Bekannten scheint ihre Gerätesammlung
       allerdings über den Kopf gewachsen zu sein: In ihrer platzarmen Küche
       röcheln drei altersschwache Kühlschränke, ein vierter in der Abstellkammer,
       und zum Zwecke reibungsloser Getränkeversorgung beschäftigt sie einen
       fünften im Wohnzimmer.
       
       Sie könne sich nun mal nicht von ihnen trennen, verteidigt sie sich gegen
       zarte Mahnungen in Richtung „ökologischer Fußabdruck“, es sei wie mit
       Pferden, denen man ja auch das Gnadenbrot gönne, und manchmal, gesteht sie,
       kaufe sie sogar mehr als nötig, um ihre geriatrischen Eisschränke gerecht
       zu füttern.
       
       Ich dagegen habe neulich mitleidlos meinen alten Kühlschrank durch einen
       neuen ersetzt. Ohne Murren nahm das extraleise Energiespar-Prachtstück die
       Arbeit auf, nur um nach drei Tagen wie aus dem Nichts zu streiken. Umgehend
       wurde ein netter Kundendienstmann geschickt und brachte es kurzfristig in
       Gang. Nach darauf folgender länger anhaltender Kühlpause erschien derselbe
       Mann und versenkte sich ausführlich in die Eingeweide des Gerätes, das
       anschließend zwei Tage lang mürrisch Dienst tat.
       
       Beim fünften Besuch ersetzte der unerschütterliche Kühlschrankheiler
       kurzerhand ein Gutteil der Organe, woraufhin der Patient jeden Widerstand
       aufgab und makellos arbeitete. Kundin und Techniker ahnten zu diesem
       Zeitpunkt, dass ihre liebgewordenen Begegnungen hiermit ein Ende gefunden
       hatten, und verabschiedeten sich wehmütig voneinander.
       
       Kurz darauf starb der Geschirrspüler eines natürlichen Alterstodes. Das
       Neugerät blinkte bei Inbetriebnahme Fehlermeldungen, die laut Hotline nicht
       vorgesehen sind, woraufhin ein kompetenter Kundendienstmann mit einem
       Messgerät erschien und feststellte, dass im brandneuen Modell das falsche
       Betriebssystem lebte. Er überspielte das richtige, und eine hoffnungsvolle
       Zeit lang erklang von innen Wasserrauschen, dann war Ebbe. Noch dreimal
       verlangte die Maschine nach ihrem Techniker, der sie jedes Mal zum Leben
       erweckte, bis sie ihrer Bestimmung gehorchend zuverlässig spülte.
       
       Doch genug des Jammerns über Geräteempfindlichkeiten, wer heilt die
       menschlichen Wunden? Nicht nur Maschinen sehnen sich nach Fürsorge, auch
       dem Kunden wächst sein Geräteflüsterer mit jedem Einsatz mehr ans Herz. Er
       lernt seine Vorlieben kennen – Liebherr trinkt Tee mit Milch und Zucker,
       Miele nimmt den Kaffee schwarz –, diskutiert mit ihm die Bundesliga,
       Kinderzeugnisse, Urlaubsziele und erfährt, dass Miele eine
       Weizenmehlallergie hat und deshalb – „trotzdem vielen Dank!“ – zum Kaffee
       keinen Kuchen essen kann. Da werden echte Bindungen aufgebaut, und dann
       soll damit von einem Tag auf den anderen Schluss sein?
       
       Meine Waschmaschine hat 27 Jahre auf der Trommel, und der Backofen taugt
       nur noch zum Aufwärmen, aber mit Rücksicht auf den fragilen humanen
       Emotionshaushalt wird ab jetzt das Gnadenbrotmodell praktiziert.
       
       18 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pia Frankenberg
       
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