# taz.de -- Siemens kauft US-Turbinenbauer: Münchner Fracking-Fans
       
       > Siemens übernimmt für sechs Milliarden Euro den US-Turbinenbauer
       > Dresser-Rand. Mit dem Zukauf will man vom Schiefergasboom in den USA
       > profiteren.
       
 (IMG) Bild: Dresser-Rand ergänze das bestehende Unternehmens-Portfolio, teilte Siemens mit.
       
       MÜNCHEN rtr | Siemens-Chef Joe Kaeser trumpft mit einem der größten Zukäufe
       in der Unternehmensgeschichte auf. Sein Haus übernimmt für rund sechs
       Milliarden Euro den US-Turbinenspezialisten Dresser-Rand, wie der Konzern
       in der Nacht zum Montag mitteile. Die Münchner stechen damit den Schweizer
       Konkurrenten Sulzer im letzten Moment aus.
       
       Kaeser will mit der Akquisition vom Schiefergasboom in den USA profitieren.
       Die Kosten deckt das Unternehmen zum Teil aus dem Verkauf seiner Hälfte an
       der Gemeinschaftsfirma Bosch Siemens Hausgeräte (BSH), die Kaeser für drei
       Milliarden Euro an den Stuttgarter Partner abgibt. Lange Zeit hatten die
       Münchner wegen der Bewertung von Dresser-Rand mit knapp vier Milliarden
       Euro noch vor einem Gebot zurückgeschreckt.
       
       Angesichts der Fusionspläne von Sulzer geriet Siemens nun aber unter
       Zugzwang. Jetzt wird der erste große Zukauf von Kaeser als Konzernchef
       einer der größten in der Unternehmensgeschichte. Der Niederbayer
       triumphiert damit auch über seinen früheren Chef Peter Löscher, der
       mittlerweile den Verwaltungsrat von Sulzer führt. Dresser-Rand ergänze das
       bestehende Siemens-Portfolio, insbesondere für die weltweite Öl- und
       Gasindustrie sowie für die dezentrale Energieerzeugung, teilte Siemens in
       der Nacht zum Montag mit.
       
       Das Angebot für alle Anteilsscheine beträgt 83 Dollar je Aktie in bar. Am
       Freitag hatte die in New York gelistete Dresser-Rand-Aktie mit 79,91 Dollar
       geschlossen. Der Verwaltungsrat der Amerikaner unterstütze die Bar-Offerte
       einstimmig und habe den Aktionären empfohlen, das Gebot anzunehmen, teilte
       Siemens mit. Offen blieb zunächst, ob sich Siemens auch mit
       Sulzer-Großaktionär Wiktor Wekselberg geeinigt hat, dessen Holding sich
       knapp fünf Prozent an Dresser gesichert hatte.
       
       Der Boom von Gas- und Ölfördertechnik in den USA war bislang weitgehend an
       Siemens vorbeigegangen. Um mitzuverdienen, holte Kaeser eigens die
       Shell-Managerin Lisa Davis ins Haus und machte sie zur Chefin der
       Energiesparte mit Sitz in den USA. Von Houston aus soll sie die Aufholjagd
       starten.
       
       ## Umsatz von 27 Milliarden Euro
       
       Dresser ist mit einem Jahresumsatz von gut drei Milliarden Dollar dabei
       eher ein mittelgroßer Baustein im Vergleich zum bestehenden
       Energietechnikgeschäft der Münchner. Im abgelaufenen Geschäftsjahr
       erwirtschaftete das Segment einen Umsatz von knapp 27 Milliarden Euro. Der
       Bereich ist aber trotz guter Einnahmen das Sorgenkind des Konzerns, immer
       wieder verliert Siemens wegen verpatzter Projekte wie dem Anschluss von
       Windparks in der Nordsee hunderte Millionen Euro.
       
       Unter Analysten erntete Kaeser trotz des hohen Preises Lob. „Das wird
       Siemens helfen, mit einem attraktiveren Öl- und Gasgeschäft zu GE
       aufzuholen“, urteilte etwa Fabian Häcki von Vontobel. Erst im Frühjahr
       hatte Siemens das Kleinturbinengeschäft der britischen Rolls-Royce
       übernommen, um sich eine bessere Position mit Pipeline-Ausrüstung zu
       verschaffen. „Wir begrüßen die Absicht, Dresser Rand zu kaufen, da es
       Siemens aus unserer Sicht hilft, sich im schwächeren Öl & Gas-Geschäft
       sowie US-Geschäft zu verstärken“, erklärte DZ-Bank-Analyst Jasko Terzic.
       
       Die Kollegen von der LBBW wiesen darauf hin, dass sich Siemens nach dem
       gescheiterten Werben um die Energiesparte des französischen
       Industriekonzerns Alstom die Akquisition mühelos leisten könne. Abgesehen
       vom Preis sei Dresser-Rand schon seit längerem ein Traum-Übernahmeziel,
       hieß es im Siemens-Umfeld. Der Konzern geht davon aus, dass die
       Dresser-Rand-Übernahme bis zum Sommer 2015 unter Dach und Fach ist.
       
       Siemens-Aktien gaben am Dienstag knapp ein Prozent nach, die Titel der
       unterlegenen Sulzer um fast fünf Prozent. Mit dem Verkauf der
       Hausgerätesparte an Bosch gibt Siemens sein Geschäft mit Privatkunden nun
       restlos auf. Bosch kann aber noch mehrere Jahre den etablierten Markennamen
       Siemens für Waschmaschinen, Backöfen und Bügeleisen nutzen. Die Transaktion
       soll voraussichtlich im ersten Kalenderhalbjahr 2015 abgeschlossen werden.
       Mit großen Zukäufen hatte Siemens in den letzten Jahren wechselvolles
       Glück.
       
       Die für elf Milliarden Euro zusammengekaufte Labordiagnostiksparte erwies
       sich als Enttäuschung. Milliardenabschreibungen folgten. Der Kauf des
       Solarspezialisten Solel endete im Fiasko, Siemens fand am Ende nicht einmal
       mehr einen Käufer und wickelte das Geschäftsfeld ab. Für die Transaktionen
       stellte Kaeser seinerzeit als Finanzchef genauso die Schecks aus wie für
       die zahlreichen Übernahmen im Industriebereich, wo sich Siemens weitgehend
       geräuschlos ein einträgliches Softwaresegment zusammenklaubte.
       
       22 Sep 2014
       
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