# taz.de -- Alstom bevorzugt General Electric: Siemens an den Rand gedrängt
       
       > Fußball und Industriekonzerne haben derzeit eins gemeinsam: Münchener
       > verlieren. Bayern gegen Real, Siemens gegen GE – wenigstens vorerst.
       
 (IMG) Bild: Läuft gerade nicht ideal für Siemens.
       
       PARIS taz | Nicht nur in der Champions League: Auch beim Übernahmepoker um
       den französischen Industriekonzern Alstom haben Münchner das Nachsehen. Der
       Verwaltungsrat von Alstom empfahl den Aktionären am Mittwoch, eine Offerte
       des US-Konkurrenten General Electric (GE) anzunehmen. Dieser will für die
       Energietechnik-Sparte von Alstom 12,35 Milliarden Euro zahlen. Der
       GE-Konkurrent Siemens dagegen muss erst mal in die Warteschleife, der
       Streit um einen der letzten großen französischen Industriekonzerne ist – im
       Unterschied zum Fußball – noch nicht endgültig entschieden.
       
       Der Verwaltungsrat von Alstom erteilte dem Dax-Konzern erst mal eine
       Absage. Die Vorzüge des GE-Angebotes seien einstimmig anerkannt worden,
       teilte Alstom mit. Vorstandschef Patrick Kron kommentierte: „Die
       Kombination der sich in hohem Maße ergänzenden Energie-Geschäfte von Alstom
       und GE würde eine wettbewerbsfähigere Einheit schaffen, die
       Kundenbedürfnisse besser bedienen kann." Die Alstom-Führung hält nach
       Informationen der Zeitung "Le Figaro" eine Übernahme durch Siemens für zu
       kompliziert - vor allem, weil es zu viele Überschneidungen in der
       Produktpalette gebe.
       
       Allerdings läuft für die Alstom-Bosse nicht alles wie geplant. Der
       Verwaltungsrat musste den Deutschen nämlich für eine Gegenofferte eine
       Frist bis Ende Mai einräumen. Dies zähneknirschend unter dem Druck der
       französischen Regierung. Vor dem Parlament hatte Wirtschaftsminister Arnaud
       Montebourg einen Wutausbruch. Er fühlt sich hintergangen und beschuldigte
       den Alstom-Vorsitzenden Patrick Kron öffentlich, ihn angeschwindelt zu
       haben.
       
       Der habe noch vor wenigen Tagen behauptet habe, es gebe keine Verhandlungen
       über einen Verkauf von Alstom-Sparten. Am liebsten wäre Montebourg und der
       Regierung eine französische Lösung gewesen. Jetzt hat er nochmals vier
       Wochen Zeit, um vielleicht sogar einen „Weißen Ritter“ mit französischem
       Pass zu finden. Siemens ist eindeutig in der Rolle eines Außenseiters,
       bekommt aber die nötige Bedenkzeit, um in Ruhe zwischen einem Angebot für
       Alstom oder der Alternative Rolls Royce zu wählen.
       
       ## Paris träumt von Weltmarktführung
       
       Die Regierung in Paris fürchtet eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und
       Entscheidungszentren, sollte GE den Zugriff auf Alstom bekommen. Paris hat
       stattdessen angedeutet, einen Geschäftsfeldertausch zwischen Siemens und
       Alstom zu bevorzugen. Die französische Regierung erhofft sich, dass so zwei
       europäische Weltmarktführer à la Airbus entstehen könnten – einer im
       Bereich Bahntechnik, der andere im Bereich Energie.
       
       Nach Angaben aus Verhandlungskreisen in Paris hat Siemens Alstom am
       Dienstag angeboten, seine komplette Transportsparte inklusive des ICE- und
       Metro-Baus an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug die
       Energietechniksparte kaufen könnte. Die Münchner bewerteten diese mit 10,5
       bis 11 Milliarden Euro. An dem neuen, auf Bahntechnik spezialisierten
       Unternehmen Alstom würde Siemens laut "Figaro" einen Anteil von 19 Prozent
       beanspruchen. Lediglich die Signaltechnik würde es unter dem eigenen Dach
       behalten wollen. Dagegen hatte GE angeboten, für die Energietechnik-Sparte
       von Alstom 12,35 Milliarden Euro zu zahlen. Die Bahntechnik-Sparte mit dem
       Bau der TGV-Hochgeschwindigkeitszüge würde dann als Rest bei Alstom
       bleiben.
       
       Immerhin ist Einstieg bei Alstom offenbar nicht die einzige Option für
       Siemens. Wie Reuters meldet, laufen schon seit Längerem in Großbritannien
       mit Rolls Royce Diskussionen über eine Übernahme der Energiesparte für rund
       eine Milliarde Euro. Besonders interessiert wäre Siemens an den britischen
       Gasturbinen, Notstromaggregaten und der Ausrüstung der Gas- und
       Ölindustrie. Diese bisher geheimen Verhandlungen wollte Kaeser eigentlich
       erst am 7. Mai im Rahmen der Präsentation seiner neuen
       Unternehmensstrategie enthüllen. Der Wirbel um Alstom hat seine Pläne
       durcheinander gebracht.
       
       Immerhin: Falls Siemens bei Alstom am Ende nicht zum Zuge kommen sollte,
       kann sich Kaeser damit brüsten, dass es ihm gelungen sei, den Preis für
       Alstom für die amerikanischen Konkurrenz – mit tatkräftiger Hilfe der
       Pariser Regierung – in die Höhe zu treiben.
       
       30 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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