# taz.de -- Streichung von Nachtzügen: Nie wieder in Paris aufwachen
       
       > Erst der Autozug, dann die Nachtverbindungen. Die Bahn kürzt im
       > Fernverkehr drastisch, obwohl die Nachfrage groß ist. Betriebsräte
       > protestieren dagegen.
       
 (IMG) Bild: Abgefahren: Ex-Bahnchef Mehdorn investierte vor zehn Jahren noch kräftig in Nachtzüge.
       
       BERLIN taz | Matthias Gastel ist in den vergangenen zwölf Monaten 15-mal
       mit dem Nachtzug gefahren. Nicht so häufig, wie er gerne wollte. Denn
       mitunter, wenn der Bundestagsabgeordnete der Grünen nach
       Nachtzugverbindungen suchte, stellte er fest: ausgebucht.
       
       Gastel wird sich künftig öfter nach alternativen Transportmöglichkeiten
       umsehen müssen. Denn die Deutsche Bahn will nicht nur ihr Angebot an
       Autozügen einstellen, sondern auch die Nachtverbindungen drastisch
       zusammenstreichen. Wie eine DB-Sprecherin am Mittwoch der
       Nachrichtenagentur dpa bestätigte, sollen die Verbindungen zwischen
       Kopenhagen und Amsterdam, zwischen Hamburg, München, Berlin sowie Paris
       eingestellt werden.
       
       Zeitpunkt ist der Fahrplanwechsel Mitte Dezember – doch die
       Nachtzugverbindung Amsterdam–Kopenhagen endet laut Betriebsräten schon zum
       31. Oktober. Tatsächlich ist die Verbindung im Buchungssystem der Bahn im
       November nicht mehr zu finden. Mit den Einstellungen soll laut DB ein
       zusätzlicher Verlust in zweistelliger Millionenhöhe vermieden werden.
       
       Bereits im April wurde bekannt, dass die Autoreisezüge schrittweise bis zum
       Jahr 2017 aufgegeben werden. Die Bahn prüft derweil ein Modell, bei dem das
       Auto des Fahrgastes per Lkw ans Ziel transportiert wird.
       
       ## 120 Millionen Euro erwirtschaftet
       
       Joachim Holstein, Betriebsrat der DB European Rail Service in Hamburg,
       wirft der Bahn einen zweifelhaften Umgang mit Zahlen vor. Denn die
       Nachtzüge seien mitnichten unrentabel. Von 2003 bis 2013 sei die Zahl der
       Passagiere um 60.000 auf 1,5 Millionen jährlich gestiegen. Im vergangenen
       Jahr habe das Segment einen Umsatz von 120 Millionen Euro erwirtschaftet –
       bei Kosten in Höhe von 110 Millionen. Und selbst wenn die Zahlen anders
       aussehen würden: „Warum soll jeder Bereich, auch der kleinste, unbedingt
       schwarze Zahlen schreiben?“, fragt er.
       
       Dazu komme, dass Zahlen zur Auslastung gerade bei Nachtzügen Raum für
       Interpretationen ließen. Etwa ein Dreierabteil, gebucht für eine
       Einzelnutzung, entspreche einer Auslastung von hundert Prozent – lasse sich
       aber in der Statistik auch als Auslastung von einem Drittel erfassen. Eine
       Anfrage der taz zu den Vorhaben und den zugrunde liegenden Zahlen ließ die
       DB unbeantwortet.
       
       „Die Bahn muss sich mit neuen attraktiven Angeboten der Konkurrenz durch
       Billigflieger stellen“, fordert Gastel. Es könne nicht sein, dass die
       Antwort auf vermeintlich schlechte Zahlen stets Kürzung sei, sagt
       Bahnkritiker Karl-Dieter Bodack. Er schlägt etwa Autoreisezüge mit
       Steckdosen für Elektroautos vor.
       
       Kommt es tatsächlich zur Einstellung, hätten laut Holstein bereits andere
       Akteure Interesse angemeldet, einzelne Strecken zu übernehmen. Für die
       Autozugverbindung nach Italien sei etwa ein niederländisches Unternehmen im
       Gespräch. Knackpunkt bei diesen Überlegungen dürfte letztlich die
       Verfügbarkeit von Zügen sein. Bahnunternehmen haben für gewöhnlich keinen
       Fuhrpark an ungenutzten und vor allem auf das System passenden Fahrzeugen
       vorrätig. Und neue Züge in Auftrag zu geben kostet Zeit – in der die
       Fahrgäste sich andere Transportmöglichkeiten suchen.
       
       24 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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