# taz.de -- Familie und Pflege: An ihrer Seite
       
       > Der Bundestag hat den Gesetzentwurf gebilligt: Berufstätige, die
       > Angehörige pflegen, sollen eine bezahlte Auszeit nehmen können.
       
 (IMG) Bild: Wer seine Angehörigen pflegt, kann sich dafür künftig eine bezahlte Auszeit nehmen.
       
       BERLIN taz | Die Mutter hat einen Schlaganfall und ist halbseitig gelähmt.
       Sie kann nicht mehr sprechen und nicht allein essen, sie muss gewickelt
       werden. Kurz: Sie wird zu einem Pflegefall, von einem Tag auf den anderen.
       Doch die Kinder arbeiten, der alte Vater kann selbst nicht mehr helfen. Was
       nun? Es ist ein Drama, das sich in vielen Familien abspielt.
       
       Manuela Schwesig will es jetzt mildern. Die SPD-Familienministerin hat mit
       der sogenannten Familienpflegezeit ein Gesetz vorgelegt, das berufstätigen
       Angehörigen ermöglichen soll, sich kurz- und längerfristig um nahestehende
       Pflegebedürftige kümmern zu können.
       
       Derzeit gibt es 2,6 Millionen Pflegebedürftige. 1,8 Millionen von ihnen
       werden ambulant betreut, zwei Drittel davon zu Hause von Angehörigen. Rund
       400.000 Pflegende sind außerdem berufstätig. Der Gesetzentwurf von
       Ministerin Schwesig, der am heutigen Mittwoch im Bundestag beschlossen
       werden und ab Januar 2015 gelten soll, sieht eine kurzfristige Pflegezeit
       von zehn Tagen im Akutfall vor. Das Gehalt (67 Prozent vom Brutto) soll in
       dieser Zeit weitergezahlt werden – ähnlich wie im Krankheitsfall von
       Kindern. Möglich ist eine zehntätige Pflegeauszeit bereits jetzt,
       allerdings ohne Lohnfortzahlung.
       
       Darüber hinaus soll es künftig möglich sein, bis zu sechs Monate ganz aus
       dem Job auszusteigen oder bis zu zwei Jahre lang die Arbeitszeit auf 15
       Stunden wöchentlich zu reduzieren. Auch für die letzte Lebensphase eines
       Menschen, beispielsweise in einem Hospiz, sollen sich Angehörige bis zu
       drei Monate von der Arbeit freistellen lassen können.
       
       ## „Wir wollen die Familien entlasten“
       
       Die längerfristige Auszeit gibt es schon. Allerdings können sich das viele
       nicht leisten, weil sie in dieser Zeit kein oder nur sehr wenig Geld
       verdienen. Laut Schwesig-Papier sollen Betroffene in dieser Zeit einen
       zinslosen Kredit bekommen können, den sie innerhalb von 48 Monaten
       zurückzahlen müssen. Das „Pflegeunterstützungsgeld“ für die zehntätige
       Akutpflegezeit soll rund 100 Millionen Euro kosten und aus der
       Pflegeversicherung finanziert werden, die ab Januar erhöht wird.
       
       Da die SPD unter Familie nicht mehr nur die klassische
       Vater-Mutter-Kind-Konstellation versteht, sondern jede Gruppe von Menschen,
       die sich umeinander kümmert, betrifft das Gesetz nicht nur „nahe
       Verwandte“, sondern auch Stiefeltern, Schwägerinnen und Schwager sowie
       „lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften“. Auch homosexuelle
       Lebensgemeinschaften, die nicht miteinander verpartnert sind, zählt die
       Familienministerin dazu. Bislang sind homo- wie heterosexuelle
       Lebensgemeinschaften gegenseitig weder abgesichert, noch haben sie gewisse
       Rechte – beispielsweise auf Auskunft im Fall eines Krankenhausaufenthalts
       des Partners.
       
       Das Familienpflegegesetz garantiert eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz
       und Kündigungsschutz während der Pflegephase. Während die zehntätige
       Akutpflegezeit nur von einem Angehörigen genommen werden kann, darf die
       längere Auszeit dagegen von mehreren Personen beantragt werden. Bei drei
       pflegenden Kindern beispielsweise ergibt sich dadurch insgesamt eine
       Pflegezeit von bis zu sechs Jahren. „Wir wollen die Familien entlasten“,
       sagte Ministerin Schwesig: „Damit zeigt der Staat, dass Familien nicht
       alleingelassen werden.“
       
       Schwesigs Vorgängerin, Kristina Schröder von der CDU, hatte 2010 eine
       ähnliche Idee, jedoch ohne Lohnausgleich und zinslosen Kredit. Doch das
       damalige Pflegeteilzeitmodell floppte: Nach Angaben des
       Familienministeriums machten nur 134 Angehörige davon Gebrauch. Das
       finanzielle Risiko sei sowohl für den Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber
       zu groß gewesen.
       
       Schwesigs Haus rechnet damit, dass 2018 etwa 7.000 Personen das Angebot
       nutzen werden, zeitweilig ganz oder teilweise aus dem Job auszusteigen.
       4.000 Betroffene könnten das zinslose Darlehen in Anspruch nehmen.
       
       15 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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