# taz.de -- Ausstellung zeigt Inszenierung der Reichen: Habitus am Pool
       
       > Neokolonial sich gebende Neu-Kapitalisten: Die Ausstellung „Fette Beute“
       > in Hamburgs Museum für Kunst und Gewerbe zeigt, wie Reichtum sich in
       > Szene setzt.
       
 (IMG) Bild: Die Hausherrin und ihr Schutzengel: "Evelina" aus Lamia Maria Abillamas Serie "Ladies of Rio".
       
       HAMBURG taz | Cedric de Neef liebt Champagner. Fast jede Woche lädt der
       18-jährige Belgier ein Bild ins Internet: er selbst mit sündhaft teuren
       Flaschen, kübelweise, so groß, dass er sie kaum halten kann, oder ganz
       schlicht am riesigen Pool drapiert. „Ich bin nicht antisozial, ich bin
       antibullshit“, steht daneben, oder: „#save #water #drink #dompz“. Seit 2012
       sammelt das Blog „Rich Kids of Instagram“ solche Fotos, auf denen die
       Sprösslinge von Superreichen ihren Reichtum schamlos zur Schau stellen:
       Schnappschüsse vom Sushi-Essen im Privatjet, vom Shopping-Ausflug mit dem
       Helikopter, von der Party auf Papas Yacht.
       
       ## Unerforschte Exzesse
       
       Es ist diese eigentümliche Mischung aus Produkt und Selbstmarketing, die
       Esther Ruelfs, Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien des Museums
       für Kunst und Gewerbe, auf die Idee gebracht hat: eine Ausstellung für die
       Darstellung von Reichtum in Fotografie und Massenmedien. „Fette Beute.
       Reichtum zeigen“ fragt mit 150 künstlerischen Arbeiten, Reportage-Fotos,
       Dokumentarfilmen und Videos, wie Reichtum in unterschiedlichen Ländern
       dargestellt wird, welche kulturellen Prägungen und Machtstrukturen sich
       dabei zeigen, welchen Habitus die Wohlhabenden annehmen.
       
       Es ist die erste umfangreiche Ausstellung, die das Phänomen und die
       Funktion der Fotografie in diesem Bereich in kritischer Absicht beleuchten
       will. Denn im Gegensatz zur Armut, deren Ikonografie immer wieder
       Gegenstand von Ausstellungen und auch wissenschaftlicher Kritik ist, ist
       die exzessive Darstellung von Reichtum ihrer zunehmenden Präsenz in
       Massenmedien zum Trotz bislang weitgehend unerforscht geblieben.
       
       Ohne Verweis auf die Tradition sozialdokumentarischer Fotografie, die sich
       bis in die 1970er-Jahre fast ausschließlich mit den Opfern sozialer
       Missstände befasst hat, kommt aber auch diese Ausstellung nicht aus. Schon
       wenn Ruelfs im Katalog mit der US-Amerikanerin Dorothea Lange nicht
       zufällig eine Mitbegründerin der Dokumentarfotografie zitiert, die in den
       1930ern Opfer der Großen Depression fotografiert hat: „Niemand hat, so weit
       ich weiß, das soziale Phänomen des Reichtums fotografiert.“
       
       Dass in der Ausstellung vor allem zeitgenössische Arbeiten zu sehen sind,
       hat auch damit zu tun, dass die „Opferfotografie“ und der engagierte
       Fotojournalismus mit seinem hierarchischen Verhältnis zwischen
       Fotografierendem und Fotografierten seit den 1970ern zunehmend kritisiert
       wurde.
       
       ## Keine große Klammer
       
       Ausdrücklich zum Thema machen das Verhältnis von Arm und Reich nur zwei
       Arbeiten. Zum Auftakt ist etwa Jim Goldbergs Porträtprojekt „Rich and Poor“
       zu sehen, in dem sich der US-Amerikaner zwischen 1977 und 1985 mit einer
       wachsenden sozialen Kluft auseinandersetzt – und danach fragt, wie
       materieller Besitz die Selbstwahrnehmung beeinflusst. Unter Fotos, auf
       denen sie in billigen Absteigen wie verloren wirken, schreiben die
       Porträtierten kurze Sätze wie: „Ich warte auf jemanden, der durch die Tür
       kommt und mir Geld gibt. Aber niemand wird es je tun.“
       
       Das Thema systematisch zu erfassen, ist nicht der Anspruch der Ausstellung.
       Stattdessen sollen verschiedene thematische Kapitel den Blick auf
       verschiedene Aspekte lenken. Dabei zeigen Arbeiten von Edward Reichen und
       Regina Relang noch ganz klassische Bilder der „feinen Gesellschaft“ auf den
       Pferderennplätzen des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts. Der Holländer
       Paolo Woods hingegen widmet sich der Globalisierung des Reichtums und zeigt
       in seiner Arbeit „Chinafrica“ chinesische Investoren, die sich etwa in
       neokolonialer Manier mit nigerianischen Arbeitern in traditionellen
       chinesischen Dieneruniformen fotografieren lassen.
       
       Die libanesische Fotografin Lamia Maria Abillama wiederum hat, inspiriert
       durch einen Besuch bei ihrer brasilianischen Großmutter, Frauen der
       brasilianischen Oberschicht fotografiert – im Hintergrund stehen dabei wie
       Schutzengel ihre afrobrasilianischen Hausmädchen.
       
       So nah kommt den Reichen nicht jeder: Der französische Paparazzo Sébastien
       Valiela hat die pompösen Villen kalifornischer Stars deshalb gleich mit
       Drohnen fotografiert. Und von diversen börsennotierter Unternehmen kann
       auch Giacomo Bianchetto nur Eingangsbereiche zeigen – verriegelt und
       abweisend.
       
       ## ■ „Fette Beute. Reichtum zeigen“: bis 11. Januar, Museum für Kunst und
       Gewerbe
       
       20 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Robert Matthies
       
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