# taz.de -- AKW-Bau in Weißrussland: Mit Milliarden aus Moskau
       
       > In vier Jahren soll Weißrusslands erstes Kernkraftwerk in Ostrowez ans
       > Netz gehen. Die Regierung verhindert den Ausbau alternativer Energien.
       
 (IMG) Bild: In der weißrussischen Verfassung steht, dass das Land atomfreie werden soll. Laut Präsident Lukaschenko gilt das aber nur für Waffen.
       
       MINSK taz | Die Baustelle liegt gerade mal 23 Kilometer von der Grenze zu
       Litauen entfernt – und 55 von Vilnius, der Hauptstadt des EU-Landes. Über 6
       Milliarden Dollar sollen die beiden Reaktoren in Ostrowez kosten, die
       Weißrussland unabhängiger machen sollen von Russland. Hinzu kommen mehrere
       Milliarden für den Stromnetzumbau.
       
       Tatsächlich hängt die Energieversorgung bis heute so gut wie vollständig
       von russischen Gas- und Öllieferungen ab. Aber auch der
       10-Milliarden-Dollar-Kredit für das neue AKW stammt aus Moskau, und die
       beiden 1.200-Megawatt-Meiler baut die Firma Atomstroyexport, die zum
       russischen Staatskonzern Rosatom gehört. Daher halten Kritiker des Projekts
       die These von der Abnabelung von Moskau für Unsinn.
       
       Trotzdem soll in dem Land, in dem die Explosion des Tschernobyl-Reaktors
       vor 28 Jahren die schlimmsten Verseuchungen angerichtet hat, nun die
       Atomkraft eine Renaissance erleben. Dabei sind noch immer 22 Prozent der
       landwirtschaftlichen Flächen radioaktiv belastet. Seit 1986 wurden 135.000
       Menschen umgesiedelt.
       
       Russlands Präsident Wladimir Putin und sein weißrussisches Pendant
       Alexander Lukaschenko bezeichnen das Modell „AKW 2006“ als das weltweit
       sicherste – doch bisher ist keines dieser Kraftwerke am Netz. Pannen auf
       der Baustelle bei St. Petersburg, wo ein Reaktor gleicher Bauart entsteht,
       lassen starke Zweifel an der Sicherheit aufkommen.
       
       Dabei steht in der weißrussischen Verfassung, dass das Land anstrebe, eine
       atomfreie Zone zu werden – doch das bezieht sich für Lukaschenko nur auf
       Waffen. Zugleich verhindert seine Regierung den Ausbau alternativer
       Energien. So wurde ausländischen Investoren die Errichtung eines Windparks
       untersagt.
       
       Immerhin inspizierte vergangene Woche eine Delegation der Internationalen
       Atomenergiebehörde (IAEO) die Baustelle. Eine kritische Bewertung aber ist
       nicht zu erwarten: Schließlich hat die Organisation die Aufgabe, die
       Nutzung der Atomkraft zu fördern. Ein Geheimvertrag mit der
       Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 1959 verhindert bis heute,
       dass die IAEO angemessen über die vielfältigen Erkrankungen und die
       Todesfälle durch AKW-Unfälle berichten darf. IAEO und Lukaschenko haben
       einen gemeinsamen Wunsch: Anfang 2019 soll Ostrowez erstmals Strom liefern
       – etwa 60 Jahre lang.
       
       20 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annette Jensen
       
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