# taz.de -- Ausufernde LKW-Kontrolle: Was in seiner Macht steht
       
       > Das Amtsgericht verhandelt über das Missachten des Nachtfahrverbots eines
       > LKW-Fahrers. Der Beschuldigte selbst sieht sich von einem Polizeibeamten
       > gegängelt.
       
 (IMG) Bild: Weil man überall ganz genau hinschauen muss, kann eine LKW-Kontrolle schon eine Weile dauern
       
       BREMEN taz | Keineswegs will Jörg W. als jemand dastehen, der mit
       Vorbehalten gegen Gesetzeshüter durchs Leben geht. „Wer mich kennt, der
       weiß, dass ich der Polizei sehr wohlgesonnen gegenüberstehe“, beteuert der
       Berufskraftfahrer. Gerade als solcher gerate er häufiger in
       Straßenverkehrskontrollen. Aber sowas, wie in dieser Nacht, das habe er
       noch nicht erlebt.
       
       Am Samstag, den 22. März, gegen 4.20 Uhr sah sich W. von einem Beamten
       durch eine ausufernden Kontrolle drangsaliert. Seither hat sich der Wind
       gedreht: Es sei höchste Zeit, diesem Mann „das Handwerk zu legen“, sagt er
       jetzt. Doch vor dem Amtsgericht, wo nun über diesen Fall verhandelt wird,
       drückt der Schuh woanders.
       
       Der Polizeibeamte Günter B. hat den LKW-Fahrer angezeigt, weil er in die
       Kattenturmer Heerstraße, in einen für LKW gesperrten Bereich, gefahren ist.
       Laut Polizei gilt hier zwischen Kattenescher Weg und Arsterdamm ein
       Nachtfahrverbot für schwere Lastwagen – und dies zu missachten, sei ein
       fahrlässiger Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Laut Bußgeldbescheid
       soll Jörg W. nun 103 Euro hinblättern, außerdem bekommt er einen Punkt im
       Verkehrszentralregister in Flensburg. Dabei hätte es in der Nacht noch
       geheißen, es handele sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit 30 Euro
       geahndet werde, sagt W. Er sei noch vor Ort nach dem Geld gefragt worden.
       Aber: „Das musste ich verneinen.“
       
       W. hat gegen den Bescheid Einspruch eingelegt. Er fühlt sich ungerecht
       behandelt und will sich das nicht gefallen lassen. Nun sitzt der
       LKW-Fahrer, blondes Haar, Oberlippenbart, blaues Hemd mit weißen Pünktchen,
       die Ärmel sind hochgekrempelt, im Saal des Amtsgerichts und schüttelt den
       Kopf.
       
       In jener Nacht sei er mit seinem LKW die Kattenturmer Heerstraße
       stadtauswärts gefahren, erklärt er: „Etwas gedankenverloren bemerkte ich
       aber bereits nach ein paar Metern meinen Fehler.“ Er war in die
       Nachtfahrverbotszone gerollt. „Da vorher keine geeignete Wendemöglichkeit
       besteht, wollte ich meinen Weg bis zum Verbrauchermarkt fortsetzen, um ein
       gefahrenloses Wenden auf dem Parkplatz durchzuführen.“ Dann kam ihm ein
       Streifenwagen entgegen, der wendete. W. hielt daraufhin an der nächsten
       Bushaltestelle an, stieg aus und lief zu dem Polizeiauto, um die Situation
       zu erklären.
       
       Die Polizeibeamten forderten ihn auf, weiterzufahren bis zu einer
       Tankstelle in Brinkum, dort wollten sie ihn kontrollieren. Es folgte eine
       über eine Stunde andauernde Kontrolle, gibt der LKW-Fahrer an. Und es
       „hagelte Vorwürfe gegen mich und die Spedition, für die ich tätig bin“.
       Außerdem hätte der Beamte angedroht, ihn hier neun Stunden lang
       festzusetzen. Er müsste nur angeben, dass W. müde aussehe, habe der
       Polizist zu W. gesagt.
       
       Vor Gericht räumt der Polizeibeamte B. ein, er habe eine LKW-Kontrolle
       durchgeführt „mit allem, was dazugehört“. Weil Jörg W. „ungehalten und
       destruktiv“ gewesen sei, hätte er sich irgendwann gedacht: „Bis hier hin
       und Feierabend. Dann habe ich ihm gesagt, dass wir jetzt eine richtige
       Kontrolle durchziehen – mit Auslesen des Kontrollgerätes und und und.“ Das
       hätte natürlich gedauert.
       
       W.s Erklärungen habe er ohnehin wenig Glauben geschenkt: „Für mich war
       offensichtlich, dass er wusste, dass er dort nicht langfahren durfte“, sagt
       der Polizist. Denn außerhalb der Belehrung habe dieser signalisiert, dass
       er schnell in den Feierabend wollte. W. bestreitet das. Wegen einer
       Abkürzung von drei Minuten würde er als Berufskraftfahrer so ein Risiko
       sicher nicht einzugehen. Das sei „ja wohl an den Haaren herbeigezogen“.
       
       Doch sein Anliegen findet vor dem Amtsgericht wenig Gehör. Hier dreht sich
       nun alles um die Frage, wo genau nun die länglichen weißen Schilder stehen,
       die auf das Nachtfahrverbot hinweisen. Der Beamte B. soll sie noch einmal
       fotografieren. Ob Jörg W. das Bußgeld nun zahlen muss, entscheidet sich
       erst im November, wenn das Verfahren fortgesetzt wird. „Im Moment
       jedenfalls“, so erklärt der Amtsrichter, habe er „wenig Zweifel“, dass es
       anders gewesen sein könnte, als der Beamte B. beschrieben hat.
       
       26 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Kaiser
       
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