# taz.de -- Erdogan-Karikatur in BaWü-Schulbuch: Die beleidigte Peperoni
       
       > Erdogan erzürnt sich über eine Karikatur eines deutschen Zeichnersduos.
       > Er unterstellt Rassismus – dabei ist er aus der Türkei Schlimmeres
       > gewohnt.
       
 (IMG) Bild: Recep Tayyip Erdogan (m.) umgeben von seinen Liebsten am Tag der Republik (29. Oktober) im Atatürk-Kulturzentrum in Ankara.
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist bekanntlich leicht reizbar
       und versteht insbesondere dann keinen Spaß, wenn es um seine eigene Person
       geht. Schon vor Jahren, als er noch Premier war, zettelte er mehrere
       Prozesse gegen türkische Karikaturisten an, von denen er sich verunglimpft
       fühlte, einige dieser Prozesse gewann er sogar.
       
       Nun hat sein Zorn auch Deutschland erreicht. Wegen einer Karikatur, die in
       einem baden-württembergischen Schulbuch abgedruckt wurde, hat das türkische
       Außenministerium jetzt den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt.
       
       Die offizielle Empörung gilt einer Karikatur, die 2011 in der Frankfurter
       Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen war und in einem Schulbuch für
       Gemeinschaftskunde nachgedruckt wurde. Laut Hürriyet sollen die Töchter
       eines in Friedrichshafen am Bodensee lebenden Erdogan-Fans daran Anstoß
       genommen haben.
       
       Dass sich in der Karikatur „die Zunahme von Rassismus und
       Ausländerfeindlichkeit in Deutschland“ spiegele, wie das Außenministerium
       in Ankara jetzt behauptet, wirkt allerdings maßlos übertrieben. Zwar
       spielen die Zeichner mit ziemlich altbackenen Türken-Klischees. Und
       unabhängig von der Überreaktion aus Ankara kann man sich fragen, ob so eine
       Karikatur unbedingt in ein Schulbuch gehört: Sähe man Angela Merkel in
       einem türkischen Schulbuch als Spinne oder Schwein abgebildet, würde sich
       hierzulande sicher auch manche Stirn kräuseln.
       
       ## Cäsar, Hulk und Krake
       
       Doch aus der Türkei ist Erdogan eigentlich weit Schlimmeres gewöhnt. Jede
       Woche liegen dort am Kiosk populäre Cartoon-Zeitschriften wie LeMan,
       Penguen und Girgir aus, die schon auf der Titelseite seit Jahren am
       allerliebsten ihn, Recep Tayyip Erdogan, abbilden – wahlweise als Sultan,
       Schlägertyp, Cäsar, Hulk, Krake, Bauchtänzer, böser Wolf oder arabischer
       Scheich und meistens mit Glubschaugen, Affenschnute und hervorstehender
       Stirn karikiert.
       
       Diese Satirehefte haben in der Türkei eine lange Tradition, sie waren dort
       schon immer ein Ventil für den Unmut über einen autoritären Staat. Mit
       ihrem bösen, bissigen Strich sind ihre Zeichner näher an französischen
       Vorbildern wie Charlie Hebdo und Le Canard Enchaine oder an britischen
       Zeichnern, die ihre Politiker auch gerne als Pudel, Affen oder mit weit
       abstehenden Ohren abbilden, als an ihren deutschen Kollegen. Im Vergleich
       dazu wirkt die deutsche Karikatur aus der FAZ geradezu bedrückend harmlos –
       und der Rassismusvorwurf etwas weit hergeholt.
       
       Damit erzielt Erdogan ohnehin den gegenteiligen Effekt: je beleidigter er
       reagiert, umso mehr reizt er Karikaturisten zur Gegenreaktion. Als er vor
       ein paar Jahren zürnte, dass Freiheit nicht bedeute, „den Premier als Tier
       zu zeichnen“, verlegten sich die Zeichner von Leman – einer der ältesten
       Zeitschriften ihres Genres – eben darauf, ihn als Aubergine, Kürbis, Gurke
       oder beleidigte Peperoni zu zeichnen.
       
       Ihr Kollege Musa Kart, der Erdogan in der oppositionellen Zeitung
       Cumhuriyet als Katze gezeichnet hatte, die sich in einem Wollknäuel
       verheddert, musste deshalb einen jahrelangen Rechtsstreit führen. Als
       Reaktion auf dieses Verfahren startete der britische Karikaturist Martin
       Rowson, der unter anderem für den Guardian zeichnet, kürzlich unter dem
       [1][//twitter.com/search?f=realtime&q=%23Erdogancaricature&src=tyah:Twitter
       -Hashtag #ErdoganCaricature] eine Solidaritätskampagne im Netz. Mit Erfolg:
       Musa Kart wurde vor ein paar Tagen in letzter Instanz vom Vorwurf der
       Beleidigung freigesprochen.
       
       4 Nov 2014
       
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