# taz.de -- Debatte Negativzinsen für Sparer: Die Strafe des Geldes
       
       > Negativzinsen? Die meisten dürften noch nie von der Skatbank gehört
       > haben, die diese Nachricht platzierte. Doch sie hat einen Nerv getroffen.
       
 (IMG) Bild: Die „Enteignung der Sparer“! Als ob es ein Menschenrecht auf Zinsen gäbe.
       
       Wohin mit dem Geld!? Leser fragen schon, ob sie es demnächst unter der
       Matratze lagern sollen. Denn die ersten Banken erheben Strafzinsen, wenn
       Sparer Geld anlegen wollen. Früher wurden die Kunden umworben, jetzt werden
       sie abgeschreckt. Die Banken schwimmen im Geld – und noch mehr Geld wollen
       sie nicht.
       
       Es war die Deutsche Skatbank aus Thüringen, die die Sparer aufschreckte.
       0,25 Strafzinsen kassiert sie jetzt, wenn ein Kunde mehr als 3 Millionen
       Euro an Einlagen besitzt.
       
       Diese Nachricht platzierte die Skatbank gezielt am Weltspartag am 31.
       Oktober und folgte dem erprobten Motto „Auch Negativ-Werbung ist Werbung“.
       Seither geistern die Negativzinsen durch die Medien, obwohl die meisten
       Bundesbürger noch nie von der Deutschen Skatbank gehört haben dürften.
       
       Die Bank heißt Skatbank, weil sie in Altenburg sitzt, wo 1813 das Skatspiel
       erfunden wurde. Sie ist eine Direktbank, die nur Onlinegeschäfte abwickelt.
       Über ihre genaue Größe weiß man nichts, denn sie gehört zur Volks- und
       Raiffeisenbank Altenburger Land, die auch zwölf normale Filialen betreibt.
       
       ## Ein PR-Gag der Skatbank
       
       Wichtig kann die Skatbank jedoch nicht sein, weil auch ihr Mutterkonzern
       winzig ist. Die VR-Bank Altenburger Land kommt auf Kundeneinlagen von 477
       Millionen Euro. Sind die Negativzinsen also nur ein PR-Gag, mit dem die
       Skatbank in die Medien wollte?
       
       Immerhin fallen die Strafzinsen erst an, wenn man 3 Millionen Euro bei
       dieser Minibank parkt. Es ist unwahrscheinlich, dass auch nur ein einziger
       Skatbank-Kunde mit einem derartigen Finanzvermögen prunken kann. Die
       VR-Bank Altenburger Land schweigt elegant und bittet „um Verständnis“, dass
       man „keine weiterführenden Auskünfte“ erteile.
       
       In normalen Zeiten hätte niemanden interessiert, was die Skatbank in
       Thüringen anstellt. Aber sie hat einen Nerv getroffen. Denn Negativzinsen
       müssen von großen Anlegern bereits gezahlt werden. In der Frankfurter
       Allgemeinen Zeitung war jüngst nachzulesen, wie die Baumarktkette Hornbach
       leidet: Das Unternehmen hat 460 Millionen Euro vorrätig, die irgendwann
       investiert, jetzt aber bei Banken untergebracht werden sollen.
       
       Doch viele Institute wollen diese Millionen nicht. Der Autozulieferer Bosch
       hat das gleiche Problem – nur in Potenz. Dort betragen die liquiden Mittel
       14 Milliarden Euro, die nirgends erwünscht sind. Wie ein Bosch-Sprecher
       bestätigt, „gibt es Banken, die eine negative Verzinsung anbieten, wenn ein
       Unternehmen Geld bei ihnen anlegen will.“
       
       ## Das Vermögen schmilzt
       
       Es wird zur Strafe, Geld zu haben. Zwar versichern Sparkassen oder
       Commerzbank, dass sie niemals Strafzinsen für die Kleinsparer einführen
       würden. Aber dies kann nicht trösten. Das Vermögen schmilzt trotzdem, weil
       die Zinsen so mickrig sind, dass sie die Geldentwertung nicht ausgleichen.
       Die Inflation in Deutschland beträgt momentan 0,8 Prozent, aber ein
       normales Tagesgeldkonto wirft oft nur noch Zinsen von 0,05 Prozent ab.
       
       Hoffnung gibt es keine, dass die Zinsen demnächst steigen könnten. Mit
       Derivaten lässt sich auf die Zukunft wetten, und die Zins-Swaps
       signalisieren, dass die professionellen Anleger damit rechnen, dass die
       Zinsen in der Eurozone noch lange auf Nullniveau dümpeln.
       
       Die „Enteignung der Sparer“ ist zum geflügelten Vorwurf geworden, als ob es
       ein Menschenrecht auf Zinsen gäbe. Doch Zinsen gibt es nur, wenn jemand sie
       bezahlen kann. Wenn also Inflation und Wachstum tendenziell bei null
       liegen, sind leider auch die Zinsen bei null.
       
       Bleibt die Ausgangsfrage: Wohin mit dem Geld!? Mit diesem Problem befassen
       sich inzwischen sogar Radiosender, die sonst nur Popmusik spielen. Sie
       raten, was auch die FAZ-Kommentatoren empfehlen: Die Deutschen müssten in
       Aktien investieren!
       
       Scheint ja logisch: Wenn Geld auf Sparkonten nichts bringt, muss es
       anderweitig „arbeiten“. Doch diese Scheinlogik verwechselt Betriebs- und
       Volkswirtschaft. Einzelne Bürger können zwar ihr Konto räumen und Aktien
       kaufen, doch ändert dies nichts an der Geldschwemme. Das Geld wechselt nur
       die Hände. Der Käufer einer Aktie ist sein Geld zwar los und hat jetzt
       einen „Sachwert“, aber dafür sitzt der Verkäufer der Aktie nun auf einem
       Geldberg.
       
       ## Aktien sind kein Ausweg
       
       Dieser Kreisverkehr würde nur unterbrochen, wenn die Unternehmen neue
       Aktien ausgeben, um Geld einzusammeln, das sie dann in Maschinen und
       Anlagen investieren. Doch auf Aktienemissionen verzichten die allermeisten
       Firmen, weil sie schon im Geld ersticken. Bosch ist nicht das einzige
       deutsche Unternehmen, das Milliarden flüssig hat, die nicht gebraucht
       werden. Daher zeigt sich der gegenteilige Trend: Es werden keine neuen
       Aktien ausgegeben, sondern alte Aktien zurückgekauft.
       
       In den USA dürften die 500 größten Unternehmen in diesem Jahr 914
       Milliarden Dollar ausgeben, um eigene Papiere vom Markt zu nehmen. Die
       Firmen verhalten sich wie alle anderen Anleger auch: Sie wollen ihr
       überschüssiges Geld in Aktien tauschen.
       
       Diese Nachfrage treibt die Börsenkurse – obwohl die Dividenden nicht
       steigen. Denn die Firmen verkaufen ja nicht mehr Güter, nur weil die Aktien
       kreisen. Wenn aber der Kurs explodiert, während die Dividende dümpelt,
       sinkt die Rendite. Am Ende ist der Ertrag kaum besser als beim Sparkonto.
       Aktien, Rohstoffe, Immobilien oder Konten sind keine getrennten Inseln in
       einem Meer von Geld – sondern eine zusammenhängende Landmasse, auch
       „Finanzmarkt“ genannt.
       
       Geld ist im Überfluss vorhanden, aber es staut sich an der falschen Stelle.
       Es sitzt auf Konten und in den Firmen fest. Deswegen ist die
       Vermögenssteuer eine so gute Idee. Sie würde das Geld endlich zum Staat
       umleiten, der es sofort in Nachfrage umwandeln würde, indem er etwa in
       Bildung investiert. Das Geld würde nicht mehr an den Finanzmärkten kreisen,
       sondern das Wachstum anregen. Vermögenssteuern sind unbeliebt. Dabei wären
       Negativzinsen auch eine Art Vermögenssteuer – nur dass sie an die Banken
       ginge.
       
       15 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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