# taz.de -- Thomas Middelhoff verurteilt: Direktflug in den Knast
       
       > Middelhoff schuldet vielen Leuten viel Geld. Die Gläubiger nutzten die
       > Gerichtstermine, um Schulden einzutreiben. Einmal floh Middelhoff aus dem
       > Fenster.
       
 (IMG) Bild: Das Urteil nahm er versteinert auf.
       
       ESSEN taz | Das Landgericht Essen hat den ehemaligen Arcandor-Chef Thomas
       Middelhoff am Freitag wegen Untreue zu einer Haftstrafe von drei Jahren
       verurteilt. Nicht der einzige Paukenschlag: Nach dem Ende der
       Urteilsbegründung verkündete Richter Jörg Schmitt einen Haftbefehl. „Wir
       sind der Auffassung, dass derzeit Fluchtgefahr besteht“, sagte er.
       Middelhoff wurde umgehend in ein Gefängnis gebracht.
       
       Mit dem Urteil geht einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der
       vergangenen Jahre zu Ende. Middelhoff hatte als Vorstandsvorsitzender den
       Kaufhauskonzern Karstadt in Arcandor umbenannt, zerlegt und einen
       brachialen Sanierungskurs durchgesetzt. Kurz nach seinem Abschied im
       Februar 2009 ging Arcandor in die Insolvenz.
       
       Gegen den 61-Jährigen laufen weitere Prozesse. Doch es wird wohl nie
       geklärt, wer zum Beispiel von dem von Middelhoff vorangetriebenen Verkauf
       der Karstadt-Immobilien wirklich profitiert hat. In Essen ging es um einen
       vergleichsweise geringen Schaden: rund eine halbe Million Euro, die durch
       Reisekosten und den Druck einer Festschrift zusammenkamen.
       
       Das Gericht erklärte Middelhoff in 27 von 44 Anklagepunkten der Untreue für
       schuldig, in zweien davon sieht es schwere Fälle. Dabei handelt es sich um
       eine Reise im Privatjet nach New York zu einer Aufsichtsratssitzung der New
       York Times für mehr als 91.000 Euro sowie die von Arcandor auf Betreiben
       von Middelhoff für 180.000 Euro finanzierte Festschrift für dessen Mentor,
       den ehemaligen Bertelsmann-Chef Mark Wössner. Außerdem verurteilte das
       Gericht den Exmanager wegen dreier Steuervergehen. Dabei blieb es knapp
       unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten drei Jahren und drei
       Monaten.
       
       ## Zahlreiche Nebentätigkeiten
       
       Seinen zahlreichen Nebentätigkeiten habe Middelhoff nur mit privaten
       Fliegern nachkommen können, sagte Richter Schmitt. „Wie man annehmen kann,
       dass Arcandor dafür die Reisekosten übernimmt, ist uns völlig
       unverständlich.“
       
       Auch die Hubschrauberflüge von seinem Wohnort Bielefeld in die 150
       Kilometer entfernte Firmenzentrale, hätte Middelhoff selbst zahlen müssen.
       Ihm standen ein Fahrer und eine Dienstwohnung in Düsseldorf zur Verfügung,
       für die der Konzern 3.500 Euro Miete zahlte.
       
       Die Arcandor-Pleite habe für das Urteil keine Rolle gespielt, betonte
       Schmitt. Doch ohne sie hätte es keinen „erbsenzählenden“ Insolvenzverwalter
       gegeben, der die Untreue aufdeckte. „Das wäre durchgegangen.“
       
       Nicht verurteilt wurde Middelhoff dafür, dass er im Privatjet zu
       dienstlichen Terminen reiste. Diese Charterflüge hätten hohe Kosten
       verursacht, während die Beschäftigten auf Lohn verzichteten, um die
       Warenhauskette zu retten. Das Gericht ist zwar überzeugt, dass es bei
       Arcandor keine Regelungen zur Nutzung von Privatjets gab – auch wenn
       Middelhoff versucht habe, „dieses Versäumnis“ zu vertuschen. Es gehe aber
       davon aus, dass die zuständigen Gremien solche Flüge genehmigt hätten, wenn
       sie gefragt worden wären, sagte der Richter.
       
       ## Middelhoff musste seine Uhr abgeben
       
       Middelhoff schuldet vielen Leute viel Geld. Immer wieder hatten seine
       Gläubiger Prozesstermine genutzt, um Schulden einzutreiben. Bei einer
       Taschenpfändung musste der Manager seine Uhr abgeben. Ein anderes Mal floh
       er vor den wartenden Fotografen durch ein Gerichtsfenster, nachdem er einen
       Offenbarungseid geleistet hatte. Auch am Freitag war das Medienaufgebot
       groß. „Für uns als Gericht ist wichtig, dass Sie durch den Status als
       Prominenter keinen Bonus, aber auch keinen Malus erhalten“, so der Richter.
       
       Thomas Middelhoff war am Morgen in gewohnt athletischem Schritt in den
       Verhandlungssaal gekommen. Das Urteil nahm er versteinert auf. Vor dem
       Haftprüfungstermin unmittelbar nach der Verkündung, für den Publikum und
       Presse den Gerichtssaal verlassen mussten, blickte er verstört auf die
       Zuschauerbank. Dort saßen seine Frau, seine Tochter sowie zwei Söhne.
       
       Der Richter hatte nach der Urteilsverkündung betont, die Haftgründe könnten
       womöglich beim Haftprüfungstermin ausgeräumt werden. Dazu hätte Middelhoff
       aber bestimmte Auflagen erfüllen müssen. Möglicherweise konnte er die
       geforderte Kaution nicht aufbringen. Middelhoff kann gegen das Urteil
       innerhalb einer Woche in Revision gehen.
       
       14 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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